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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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gegen den Körper des Angreifers, der von der Wucht des Zusammenstoßeszu Boden ging. Er verlor seinen Hut und blieb nur mit Mühe auf den Beinen.
    Katharina wurde plötzlich aus seinem Gesichtsfeld gerissen.
    Er wandte den Kopf, um zu sehen, wo sie war, und wieder rettete ihn eine ungeplante Bewegung. Der Angreifer hatte noch im Fallen sein Messer in beide Hände genommen. Jetzt sprang er wieder auf und stieß nach Richards Bauch. Richard parierte den Stoß mit dem Schwert, dann verkeilten sich beide Klingen ineinander. Über sie hinweg konnte Richard einen Blick in das Gesicht des Angreifers werfen. Er sah eine in unendlichem Grauen verzerrte Maske, Augen, die in schneller Folge blinzelten, und einen zu einem stummen Schrei aufgerissenen Mund.
    Fast wäre er zurückgezuckt. Doch er beherrschte sich, stieß den Wahnsinnigen von sich.
    »Vorsicht!«, hörte er Arnulf brüllen.
    Er wirbelte herum, dann krachte jemand mit solcher Wucht gegen ihn, dass sein Zähne aufeinanderschlugen und rote Schleier vor seinen Augen zu tanzen begannen. Er fiel, traf auf der Erde auf. Kurz bekam er keine Luft. Sein neuer Angreifer war über ihm, die Sonne stand direkt hinter seinem Rücken, so dass er wie aus dem Licht ausgestanzt wirkte.
    Richard schrie auf. Seine Klinge fuhr beinahe von alleine in die Höhe, traf auf einen weichen Widerstand.
    Ein schrilles Kreischen erklang ganz dicht bei ihm. Er rollte zur Seite. Ein Körper fiel neben ihm zu Boden, riss ihm das Schwert aus der Hand.
    Keuchend kam er auf die Knie, und dann sah er zum ersten Mal, wer ihn angegriffen hatte. Eine ältliche Frau mit dünnen grauen Haaren, die unter einer weißen Haube hervorragten.
    Richards Schwert hatte sie mitten in den Leib getroffen.
    Er hatte keine Zeit, nachzusehen, ob sie noch lebte. Wo war Katharina? Er taumelte auf die Füße.
    Arnulf befand sich keine zwei Schritte von ihm entfernt, Katharina hinter seinem Rücken, während er die wuchtigen Hiebe eines der Stadtsoldaten abwehrte. Richard konnte das Keuchen der beiden Männer hören, war schon drauf und dran, dem Freund zur Hilfe zueilen, als eine Gestalt Katharina ansprang und ihre Zähne in ihren Hals grub.
    Sie schlug um sich.
    »Katharina!«, schrie Richard. Dann musste er mit ansehen, wie sie zu Boden sank.
    Im gleichen Moment hatte Arnulf den Soldaten besiegt. Sein Schwert fuhr durch die Luft, durchbrach die Deckung des Gegners und fraß sich seitlich in seinen Hals. Richard ließ sich keine Zeit zuzusehen, wie er fiel.
    Er war schon bei Katharina, als Arnulf sich noch sammelte. Mit fliegenden Fingern untersuchte er die Wunde an ihrem Hals. Ein Menschenbiss, bei allen Heiligen!
    Arnulf sprang vor, drängte eine junge Frau zur Seite, die sich auf Richard werfen wollte, dann half er, Katharina aufzuheben und auf Richards Schultern zu laden.
    Richard stolperte vorwärts, hinter dem Nachtraben her, der ihnen mit dem Schwert einen Weg durch die panische Menge bahnte. Sie kamen zu einer Gruppe, die ganz offensichtlich von dem Irrsinn ebenso überrascht worden war wie Richard. Dennoch war es nicht viel leichter, ihnen zu entkommen als den Wahnsinnigen. In ihrer Angst stolperten die Menschen übereinander, rissen sich gegenseitig zu Boden in dem vergeblichen Versuch, der Meute der Irren zu entgehen, die über sie herfielen wie Dämonen, sie packten, ihre Kleider zerfetzten und ihr Fleisch.
    Dann endlich hatte Arnulf den Rand des Chaos erreicht. Er blieb stehen, half Richard, Katharina in Sicherheit zu tragen. Sie schleppten sich noch ein Stück den Weg entlang, bis sie sich hinter einem Steinkreuz halbwegs geschützt wähnten. Dort fiel Richard einfach auf die Knie und legte Katharina vorsichtig ins Gras.
    »Wir müssen sie in die Stadt bringen!«, keuchte Arnulf. Über seine Wange zog sich ein einzelner dunkelroter Streifen. Seine Augenbrauen waren zu dicken Strichen zusammengezogen, und er sah aufs Äußerste beunruhigt aus. »Menschenbisse sind gefährlicher als Hundebisse. Sie muss verarztet werden.«
    Richard war völlig klar, dass er nicht übertrieb. Er zwang sich auf die Füße, auch wenn ihm jeder Knochen im Leib schmerzte. Mühsamlud er sich Katharina wieder auf, dann machten sie sich auf den Rückweg in die Stadt.
    Hinter ihnen ebbte der Wahn langsam ab.
    * * *
    »Pater!«
    Guillelmus’ Sandalen verursachten auf dem gefliesten Boden des Infirmariums klatschende Geräusche und verstummten dann.
    »Ja?« Johannes Schedel strich die Decke des Bettes glatt, in dem der Inquisitor bis zu

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