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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Engelmorde.«
    Noch immer blieb er reglos. Und stumm.
    »Es geht um Richard«, brachte sie hervor.
    Das endlich erregte seine Aufmerksamkeit. Mit wachsamem Blick schaute er sie nun an. »Was ist mit ihm?«
    Katharina sah sich um, ob jemand ihrem Gespräch lauschte, aber die anderen Männer hatten in dem Moment das Interesse an ihr verloren, als sie sich zu Arnulf gesetzt hatte. »Ich ...« Sie musste sich erst sammeln, aber dann erzählte sie in kurzen Sätzen davon, wie sie den Schwan gefunden hatte und dass Richard nicht in seinem Haus anzutreffen war. Sie zwang sich zu sagen: »Zuerst dachte ich, dass er es ist, dass Richard Matthias und die anderen umgebracht hat. Aber Schedel und dieser Mönch sind ebenso verdächtig.«
    Arnulfs Miene spiegelte seine Überraschung, und Katharina sprach schnell weiter. »Ich wollte zu Bürgermeister Zeuner, aber er weiß nicht, dass ich noch lebe, er würde mich wieder einsperren lassen.«
    »Da wäre ich nicht so sicher.« Arnulfs Worte klangen wohlüberlegt und ruhig. »Und im übrigen: Jeder könnte der Mörder sein.« Er wies mit dem Daumen auf sich selbst und lächelte undurchsichtig.
    »Ihr auch.« Katharina ging auf, dass er völlig recht hatte. Vielleicht war der Mörder jemand, den sie bisher noch gar nicht in Betracht gezogen hatten. Seltsamerweise war sie sich ganz sicher, dass Arnulf es nicht war. Sie versuchte sich klar zu werden, was ihr diese Sicherheit gab, aber sie konnte es nicht. Sie dachte an den Vogelflügel in Richards Kontor und schauderte.
    »Was hat Euch davon überzeugt, dass Richard nicht der Mörder ist?«, fragte Arnulf.
    »Woher wollt Ihr wissen, dass ich davon überzeugt bin?«
    »Nun, Ihr seid hier. Und Ihr wart vorher bei ihm. Und Ihr habt eben selbst gesagt, zuerst dachtet Ihr, Richard sei der Mörder.«
    Katharina musterte ihn. Etwas ging von ihm aus, das sie über alle Maßen verwirrte; die große Ruhe und gleichzeitige Spannung, die er ausstrahlte, drohten ihr den Atem zu rauben. »Ihr glaubt es auch nicht, oder?«, fragte sie.
    Der Nachtrabe lachte laut auf. »Nie im Leben!« Er griff nach seinem Krug, hob ihn an die Lippen, bemerkte, dass er leer war, und stellte ihn wieder hin. Dann beugte er sich ein Stück vor. Sein Atem roch nach Zwiebeln und Bier. »Wie kommt Ihr überhaupt auf diese lächerliche Idee?«
    Katharina erzählte ihm von den Zeichnungen auf Richards Pult.
    Plötzlich wurden ihre Lider ganz kalt. Wie konnte es sein, dass sie um Matthias nicht richtig geweint hatte, ihr aber jetzt wegen Richard die Tränen in die Augen schossen? Sie dachte an diesen Ausdruck von tiefer Schuld in seinem Blick und an das, was er Joachim Gunther im Lochgefängnis entgegengeschleudert hatte.
    Was, wenn ich Euch beichte, ein Mörder zu sein?
    Sie wiederholte Arnulf seine Worte.
    »Ein Mörder?« Er stieß einen Seufzer aus. »Ja, er sieht das wohl so.« Er suchte den Blick des Wirtes, und als der auf ihn aufmerksam geworden war, deutete er auf seinen leeren Bierkrug. Der Wirt nickte. Arnulf griff nach Katharinas Händen. »Das, wovon er gesprochen hat, liegt viele Jahre zurück, Katharina!«
    »Seine kleine Schwester. Er hat ...« Sie suchte das richtige Wort. »Sie ist ertrunken.« Plötzlich begriff sie, dass sie seit langem wusste, was Richard ihr im Verlies wirklich hatte sagen wollen. »Er hat sie ... ertrinken lassen, stimmt es?« Das Wort »umgebracht« ging ihr nicht über die Lippen.
    Der Wirt kam und tauschte den leeren Krug gegen den vollen aus. Fragend schaute er Katharina an, ob sie auch noch etwas wollte, doch sie schüttelte den Kopf und wartete ungeduldig darauf, dass er endlich wieder ging. »Er hat Euch davon erzählt?« Arnulf lehnte sich zurück und nahm einen langen Schluck. In seinem Blick lag Verwunderung, aber auf einmal, so kam es Katharina zumindest vor, auch so etwas wie Hochachtung vor ihr.
    »Nein. Er hat nur davon erzählt, dass sie ertrank. Aber es war seine Schuld, oder? Warum sonst sollte er sich noch heute so quälen?«
    »Was, glaubt Ihr, ist geschehen?«
    Katharina suchte nach den richtigen Worten. »Ich glaube, dass er auf sie aufpassen sollte und es nicht getan hat.«
    Arnulf öffnete den Mund, sagte jedoch nichts, sondern trank stattdessen einen weiteren Schluck. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Was habt Ihr?«, fragte Katharina.
    Er schüttelte den Kopf. »Es steht mir nicht zu, Euch etwas zu erzählen, dass er selbst Euch verschweigt. Ich glaube, dass er sich Euch irgendwann von

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