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Seraphim

Seraphim

Titel: Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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rechtem Auge zuckte ein einzelner Muskel.
    »Zauberei«, bestätigte Zeuner. »Seit einigen Jahren häufen sich dieFälle davon in auffälliger Weise, und meistens belegt der Rat die Angeklagten mit milden Strafen, aber ich würde gern wissen, wie Ihr als Dominikaner zu diesen Dingen steht. Ich meine, ich habe eine dieser Streitschriften in den Händen gehabt, die in der Stadt kursieren und in denen es heißt ...«
    Mit einem Ruck erhob Prior Claudius sich. »Die Schrift, aus der jene Auszüge stammen, wurde von Angehörigen meines Ordens geschrieben«, gab er zu. »Ich hingegen bin nur ein einfacher Mönch und kein Angehöriger der Heiligen Inquisition. Ich maße mir nicht an, zu diesen Fragen eine eigene Meinung zu besitzen.«
    Zeuner verzog das Gesicht. »Die heilige Inquisition. Ist sie nicht eigentlich zuständig für die Verfolgung von Ketzerei?«
    Prior Claudius nickte, und Johannes konnte förmlich sehen, wie ihm der Schweiß ausbrach. In der Stadt war es weithin bekannt, dass vier Inquisitoren in das Kloster gekommen waren. Aber entweder, Zeuner wusste nichts davon, oder aber sein Wunsch, mehr über Zauberei und Hexenwerk zu erfahren, war nicht besonders ausgeprägt. Er stand auf und lächelte den Prior an. »Schön. Ich danke Euch trotzdem für Eure Hilfe, Pater!«
    Claudius reichte dem Bürgermeister die Rechte, und der beugte sich vor, um ihm einen flüchtigen Kuss auf den Ring zu hauchen. Dem Prior war die Erleichterung anzusehen, dass der Tod der drei Inquisitoren unentdeckt blieb.
    Johannes saß noch immer in seinem Sessel und wusste nicht, wie ihm geschah, als Zeuner sich im Hinausgehen noch einmal umwandte und ihn direkt ansprach. »Ach, was ich beinahe vergessen hätte: Was, glaubt Ihr, sind das für Flügel, die der Mörder verwendet hat? Für Gänse sind sie ein bisschen zu klein, oder?«
    Johannes schluckte heftig. In seinen Ohren gellte das Echo eines Geräusches, das er vor vielen Jahren einmal gehört hatte und das er niemals im Leben wieder hören wollte. Der gellende Schrei eines sterbenden Lebewesens. Er schloss kurz die Augen, bevor er den Blick auf den Bürgermeister heftete.
    »Ich würde vermuten, dass es sich um einen Schwan handelt«, sagte er leise.
    Bürgermeister Zeuner legte den Kopf schief. »So, so. Ein Schwan.«Er nickte Johannes zu, dann verließ er das Studierzimmer, ohne die Tür hinter sich zu schließen.
    * * *
    Von Pömers Haus bis zum Rathaus waren es nur wenige Schritte, und da der Türmer von St. Sebald genau in dem Moment die Mittagsstunde schlug, als er sich von Marquard verabschiedete, hatte Richard ein wenig Zeit. Das Ermächtigungsschreiben Pömers befand sich in seiner Tasche, aber über Mittag, das wusste er, war im Rathaus kaum jemand zu sprechen. Erst zu Beginn der siebten Tagstunde würden die Schreiber und Kopisten, die Büttel und auch die Ratsmitglieder zurück an ihre Arbeit kehren.
    Um die eigenen Gedanken in geordnete Bahnen zu lenken, entschloss sich Richard, einen kleinen Spaziergang zu machen. Sein Blick fiel auf das wuchtige Holzgerüst, das man schräg vor der Frauenkirche aufgebaut hatte. Während des vergangenen Reichstags hatte hier der berühmte Conrad Celtis einen Dichterwettstreit abgehalten. Die Tage des Redens waren jedoch vorbei, und ein halbes Dutzend Arbeiter damit beschäftigt, das massive Holzgerüst auseinanderzubauen und die einzelnen Balken sorgsam am Rande des Marktplatzes zu stapeln.
    Zu Richards Linken hatten einige Marktbetreiber bereits wieder die hölzernen Stände und Hütten aufgebaut, die wegen der vielen Veranstaltungen der vergangenen Monate per Ratsbeschluss hatten entfernt werden müssen. Der Duft von am Spieß gebratenem Ferkel und frischem Brot stieg Richard in die Nase und ließ seinen Magen knurren. Er überlegte, ob er sich etwas zum Mittagsmahl kaufen sollte, doch dann fiel sein Blick auf seine Hände, die er in Pömers Keller nur notdürftig mit dem Tuch gereinigt hatte. Das Blut in den feinen Falten seiner Haut und unter seinen Fingernägeln war inzwischen dunkel geworden.
    Der nächste Brunnen stand an der nordwestlichen Ecke des Platzes, und die Nürnberger nannten ihn wegen seiner prachtvollen, teilweise goldenen Verzierungen den Schönen Brunnen. Ihn steuerte Richard nun an. Um das Wasserbecken zu erreichen, musste er drei Stufen hochsteigen. Er nahm seinen Hut ab, legte ihn auf die Brunnenumrandung, wobei er darauf achtete, dass die Feder nicht nass wurde.Dann tauchte er die Hände in das von der Sonne

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