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Serenade für Nadja

Serenade für Nadja

Titel: Serenade für Nadja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zülfü Livanelli
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dass ich nicht nur öfter mit ihm gegessen, sondern auch in seinem Zimmer übernachtet hatte und wir uns auf dieses Zimmer hatten Alkohol bringen lassen …
    Ich zog mich an und fuhr an die Uni. Das Medikament hatte mich so weit beruhigt, dass ich mich vor Kichern und Flüstern und vor anzüglichen Blicken gewappnet fühlte.
    Ich ging direkt in das Büro des Generalsekretärs. Diesmal starrte er mir nicht auf den Busen, sondern sagte völlig ernst: »Nehmen Sie Platz, Frau Duran. Sie haben die Universität in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht.«
    »Das kann ich so überhaupt nicht akzeptieren. Was in der Presse steht, ist gelogen. Ich habe nichts Falsches getan.«
    Der Generalsekretär brachte mich ins Büro des Rektors. Auf dem Weg dorthin wurde ich angestarrt, ging aber erhobenen Hauptes, ohne irgendjemand zu grüßen.
    Der Rektor verhielt sich betont kühl. Außer ihm waren noch einige Dozenten anwesend.
    »Frau Duran streitet alles ab«, sagte der Generalsekretär. »Sie sagt, es sei alles Verleumdung.«
    Darauf ließ der Rektor Süleyman kommen. Der musste ganz in der Nähe gewesen sein. Wie ein geprügelter Hund schlich er herein und stellte sich mit gefalteten Händen vor den Rektor. Mich sah er nicht an.
    »Frau Duran behauptet, Sie würden sie verleumden«, sagte der Rektor. »Jetzt erzählen Sie, was Sie gesehen haben.«
    »Also, ich kann’s beschwören, so wahr ich hier stehe, ich schwör’s beim Koran und bei …«
    »Jetzt hören Sie doch auf mit der Schwörerei, und erzählen Sie endlich.«
    »Also, wir sind an dem Tag ganz früh am Morgen nach Şile gefahren, und da hat der Mann am Strand Geige gespielt. Ich hab mir gedacht, er ist verrückt geworden. Damit er nicht erfriert, haben wir ihn in das Hotel gebracht. Dann ist das Auto kaputtgegangen, drum bin ich nach Şile, um einen Mechaniker zu holen. Und als ich so nach drei Stunden zurückkomme, da sehe ich, wie die Frau mit dem Mann nackt im Bett liegt.«
    Der Rektor wandte sich mir zu.
    »Nun, was sagen Sie dazu?«
    »Es stimmt alles.«
    »Wie bitte?«
    »Alles, was er gesagt hat, stimmt so.«
    Verdutzt sahen sich alle an.
    »Dann geben Sie also Ihre Schuld zu?«
    »Nein, von Schuld kann keine Rede sein.«
    »Was soll das heißen?«
    »Dass es so gewesen ist, aber dass es etwas anderes bedeutet.«
    »Sind Sie mit Professor Wagner ins Bett gegangen oder nicht?«
    »Das bin ich sehr wohl, aber nicht zu dem Zweck, den Sie mir unterstellen.«
    »Aha. Na, dann erzählen Sie uns mal Ihre Version.«
    »Wie Sie sich vielleicht erinnern werden, war der Tag, an dem wir nach Şile gefahren sind, der kälteste Tag des Jahres, der 24. Februar. Sie können sich vorstellen, was da am Schwarzen Meer für ein eisiger Wind geweht hat. Professor Wagner hat so lange am Ufer gestanden, dass er sich den Tod holen konnte, also haben wir ihn ins Auto gesteckt. In dem hat aber die Heizung nicht funktioniert, so dass Dableiben keinen Sinn hatte. Daraufhin haben wir den Professor in ein Motel gebracht, in dem aber auch keine Heizung war. Als ich ihn dort ins Bett gelegt und zugedeckt habe, war er schon violett angelaufen, und seine Hände waren ganz steif. Ich habe gedacht, er stirbt gleich. Um ihn am Leben zu erhalten, habe ich mich zu ihm ins Bett gelegt, damit sich meine Körperwärme auf ihn überträgt, und das hat auch funktioniert. Danach wurde er ins Krankenhaus gebracht. Wenn Sie den Befund lesen, sehen Sie, dass er eine starke Unterkühlung hatte. Meine ganze Schuld besteht also darin, dass ich alles unternommen habe, um unseren Gast aus Amerika vor dem Erfrieren zu bewahren und den Namen unserer Universität nicht mit Schimpf und Schande zu beladen.«
    Wieder sahen sich alle an. Der Rektor kritzelte mechanisch auf einem Blatt Papier herum.
    »Und da wäre noch etwas«, fuhr ich fort.
    »Was?«, erwiderte der Rektor.
    »Unser Fahrer Süleyman wollte von mir, dass ich für seinen Neffen ein gutes Wort bei Ihnen einlege, und da ich das nichtgetan habe, will er sich an mir rächen. Außerdem hat er ein Vergehen begangen. Professor Wagners wertvolle Geige war im Mercedes geblieben, und als ich sie holen wollte, behauptete Süleyman, er habe sie dort nicht gefunden. İlyas kann das bezeugen. Ich bin daraufhin in die Werkstatt gegangen, in der das Auto repariert wurde, und die Geige war im Kofferraum des Mercedes, zur Tarnung mit Lumpen umwickelt. So habe ich die Geige vor Diebstahl bewahrt und sie Professor Wagner zurückgegeben. Bitte schön, hier die Visitenkarte

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