Serenade für Nadja
dich nicht?«
»Jetzt kommen gleich Journalisten, und dann kläre ich das alles auf. Hab noch Geduld bis morgen. Geht es Papa gut?«
»Ja, Gott sei Dank, aber es nimmt ihn schon mit.«
»Er soll sich keine Sorgen machen. Ich bringe das alles in Ordnung, und diese Verleumder zeige ich an.«
Da klingelte es an der Tür.
»Da sind sie, Mama, ich ruf dich später wieder an.«
»Gott beschütze dich.«
Ich öffnete die Tür und sah eine dunkelhaarige junge Frau und einen jungen Mann mit mehreren Fotoapparaten um den Hals. Dass ein Fotograf dabei war, passte mir zwar nicht, doch war es nun mal so. Ich bemühte mich, möglichst entschlossen und selbstsicher aufzutreten.
Die Journalistin und ich setzten uns, und der Fotograf machte sich um uns herum zu schaffen und schoss Aufnahmen aus mehreren Perspektiven.
»Ich möchte klarstellen, dass die Meldung in Ihrer Zeitungund all diese Klatschgeschichten jeglicher Grundlage entbehren. Hier hat jemand ein Komplott gegen mich angezettelt.«
»Wer?«
»Süleyman, der Fahrer des Rektors.«
»Und warum?«
»Weil ich mich beim Rektor für ihn einsetzen sollte und das nicht getan habe. Daraufhin hat er auch versucht, die Geige von Professor Wagner zu stehlen, aber ich bin ihm auf die Schliche gekommen und habe die Geige ihrem Besitzer zurückgebracht. Dafür wollte er sich an mir rächen.«
»Der Professor spielt also Geige?«
»Ja.«
»Für wen hat er gespielt, für Sie?«
»Natürlich nicht.«
»Und, hat er gut gespielt? Ich meine, professionell? Es kommt mir irgendwie komisch vor, dass ein Wissenschaftler Geige spielt.«
»Ich weiß nicht, wie gut er ist, ich habe ihn ja kaum spielen hören. Mag sein, dass er gut spielt, aber darum geht es doch jetzt nicht.«
»Ich habe Fotos von Professor Wagner gesehen. Er sieht ziemlich gut aus.«
»Und? Was geht mich ein fremder Mann an?«
»Aber gut sieht er doch aus, oder?«
»Kann schon sein. Na und?«
»Nun gut, Sie sind also mit ihm nach Şile gefahren.«
»Ja.«
»Und was wollten Sie dort mitten im Winter?«
»Ich gar nichts, er wollte hin. Um alte Erinnerungen aufzufrischen. Süleyman hat uns mit dem Auto des Rektors hingebracht.«
»Aber in dem Motel sind Sie doch mit dem Professor ein paar Stunden lang allein gewesen?«
»Ja, weil uns der alte Mercedes des Rektors wieder mal im Stich gelassen hat. Süleyman ist nach Şile gefahren, um einen Mechaniker zu holen. Und bei der Eiseskälte konnten wir ja nicht gut draußen bleiben.«
»Und dann ist Süleyman wiedergekommen.«
»Ja.«
»Entschuldigen Sie bitte die Frage, aber stimmt es, dass er Sie beide nackt in einem Bett gesehen hat?«
Das war der Frau nicht zu erklären. Hätte ich gesagt, um ihn vor dem Erfrieren zu bewahren, habe ich ihn ausgezogen und ihn mit meinem halbnackten Körper gewärmt, kein Mensch hätte mir das geglaubt.
Mein plötzliches Zögern konnte der Frau verdächtig vorkommen, darum tat ich so, als hätte ich aus Empörung gestockt.
»Nichts davon stimmt! In einem Bett? Wie kann der elende Kerl nur so was behaupten?«
»Es ist also nichts dran an der Geschichte?«
»Nichts und wieder nichts.«
»Na gut. Dann gehen wir am besten jetzt.«
An der Tür nahm ich ihre Hand und sah ihr in die Augen.
»Hören Sie mal, Sie wissen ja, wie man hier als Frau behandelt wird, vor allem, wenn man geschieden ist. Ich habe einen vierzehnjährigen Sohn. Als Frau bitte ich Sie inständig, dass Sie mir da heraushelfen. Ich schwöre, es ist alles Verleumdung.«
Trotz ihrer hektischen Art hielt sie inne und sah mich wohlwollend an.
»Keine Sorge, ich habe Sie schon verstanden und werde tun, was ich kann. Seien Sie stark bis dahin.«
Als die beiden weg waren, atmete ich auf. Spätestens morgen würde die Sache sich also aufklären. Als Erstes teilte ich meiner Mutter die frohe Botschaft mit. Dann nahm ich alle Kraft zusammen und rief Ahmet an.
»Deinen Schwall von Beschimpfungen heute Morgen habe ich nicht verdient, sondern du selber. Schämen solltest du dich. Dir ging’s doch bloß darum, mich anzuspucken. Schau morgen mal in die Zeitung.«
Und peng, legte ich auf.
Danach sagte ich Tarık und Filiz Bescheid.
Den schwersten Anruf hob ich mir bis zuletzt auf. Ich wählte die Nummer des Rektorats und bat die Sekretärin Neylan, michzu ihrem Chef durchzustellen. Sie ließ mich zuerst warten und sagte dann, der Rektor sei beschäftigt und könne jetzt kein Gespräch entgegennehmen.
Nun, die Methode war mir vertraut, denn oft genug hatte ich
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