Serial
genauso wie Sie.«
» Genauso wie ich? Was soll das heißen?«
Donaldson nickte. » Vielleicht bin ich ein wenig älter, vielleicht ein wenig erfahrener. Zumindest erfahren genug, um diesen Äther nicht mehr zu benutzen. Wo kriegt man das Zeug heutzutage eigentlich noch her? Ich dachte, Äther und Chloroform sind mittlerweile rezeptpflichtig.«
» Als Sprühmittel für Motoren«, erklärte Taylor. Diese Unterhaltung nahm eine Wendung, die Taylor beinahe als surreal empfand.
» Clever.«
» Und womit genau verbringen Sie Ihre Zeit, Donaldson?«
» Arbeitsmäßig, meinen Sie? Oder was ich mit den Leuten anstelle, die mir über den Weg laufen? Ich bin Kurier, reise umher und überbringe Waren oder Dokumente, auf die Kunden nicht über Nacht warten können. Was das andere angeht– nun, das ist eine recht persönliche Angelegenheit, finden Sie nicht? Wir haben uns gerade erst kennengelernt, und Sie wollen, dass ich Ihnen meine intimsten Details, meine antisozialsten Charakterzüge preisgebe? Ich denke, so weit sind wir noch nicht.«
Donaldson wirkte völlig locker und nicht im Geringsten bedrohlich oder aggressiv. Sie hätten sich genauso gut über Sport unterhalten können.
» Und Sie haben mich wegen der Blutspritzer und des Geruchs nach Äther durchschaut?«
» Das waren die ersten Hinweise. Aber der Blick in Ihren Augen hat Sie schließlich ganz verraten.«
» Was für einen Blick habe ich denn in meinen Augen?«, fragte Taylor.
» Den hier.« Donaldson drehte sich ganz zu Taylor und blickte ihm tief in die Augen. » Sie haben die Augen eines Raubtiers. Kein Mitleid, keine Reue, keine Menschlichkeit.«
Taylor erwiderte Donaldsons Blick und musste lächeln. » Ich sehe nichts weiter als normale, alte Augen.«
Donaldson hielt den Blick noch kurz, musste dann aber ebenfalls lachen. » Okay. Sie gewinnen. Die Augen sind völlig nichtssagend. Aber ich habe gesehen, wie Sie alles genau unter die Lupe genommen haben, ehe Sie sich hier hereinwagten– nach Cops Ausschau hielten, mögliche Schwierigkeiten ausmachten, sich die Notausgänge einprägten. Ein Mann, der derartige Vorsichtsmaßnahmen trifft, hätte eigentlich Blutspritzer auf seinem Hemd bemerken müssen.«
» Vielleicht habe ich mich beim Rasieren geschnitten.«
» Und der Geruch nach Äther?«
» Das könnte der Truck gewesen sein, der nicht anspringen wollte oder so.«
» Gut. Aber wo ist die Schmiere unter den Fingernägeln? Wieso nur Blut?«
Taylor lehnte sich zu Donaldson und flüsterte ihm zu: » Nennen Sie mir einen einzigen Grund, warum ich Sie nicht umbringen sollte.«
» Außer der Tatsache, dass ich Ihr Messer habe? Mein Freund, Sie sollten das als einmalige Chance betrachten. Sie und ich, wir sind Einzelgänger. Wir reden so gut wie nie über unsere Freizeitgestaltung. Wir tauschen uns nie mit anderen aus. Ich ziehe diese Nummer bereits seit über dreißig Jahren durch, und die ganze Zeit über habe ich nur eine einzige Person getroffen, die genauso war wie wir. Ansonsten nur ein paar Möchtegerne und die alltäglichen Freaks. Aber niemals einen Jäger– so wie wir es sind. Sind Sie nicht der Meinung, dass das eine einmalige Gelegenheit für uns darstellt?«
Die Kellnerin brachte den Hackbraten. Er war so heiß, dass er dampfte. Aber Taylor hatte keinen Hunger mehr. Er war neugierig geworden. Wenn Donaldson tatsächlich das war, wofür er sich ausgab, hatte der dicke Mann ins Schwarze getroffen. Taylor hatte noch nie über seinen Lebensstil gesprochen– außer mit seinen Opfern, versteht sich. Aber auch das nur, um sie noch mehr zu terrorisieren.
Manchmal fantasierte Taylor darüber, dass er gefasst werden würde. Nicht, weil er Gewissensbisse oder sogar Schuldgefühle verspürte. Auch nicht, weil er unbedingt hinter Gitter wollte. Aber es reizte ihn, sich einmal outen zu können, nur ein einziges Mal ganz offen über seine Vorlieben zu sprechen, sie der ganzen Welt zu offenbaren. Er wollte andere wissen lassen, wie unglaublich geschickt und clever er all diese Jahre über gewesen war. Vielleicht würde irgendein Seelenklempner ihn sogar interviewen und dann einen Bestseller über ihn schreiben wollen.
Aber wie faszinierend wäre es erst, mit einem Gleichgesinnten zu fachsimpeln?
» Sie wollen also Geschichten austauschen? Taktiken besprechen? Ist es das, wonach Ihnen ist, Donaldson?«
» Ich kann mir langweiligere Szenarios vorstellen, um die Zeit auf einem Autohof totzuschlagen.«
Taylor schnitt ein Stück von dem
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