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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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Warum meldet sie sich nicht?«, fragte ich.
    Eisner versuchte, sie anzurufen. Sie nahm nicht ab.
    »Da. Keating«, sagte Danny.
    Ich hob mein Fernglas. Drei Männer standen auf der Laderampe und betrachteten befriedigt einen Lieferwagen ohne Firmenschilder. Keating wirkte wie immer elegant in seinem Sommeranzug in gedecktem Weiß. Rechts von ihm stand Dr. Teaks in einem blauen Laborkittel und gestikulierte lebhaft. Der Dritte, ein dunkler, gutaussehender Mann in Uniform, nickte nur und lächelte.
    »Alonzo Otto«, sagte ich.
    »So sieht er also aus«, meinte Eisner. »Ich kenne ihn lediglich vom Telefon. Kubanische Mutter. Vater niederländischer Einwanderer. Sehen Sie das Hinken? Er wurde im Irak angeschossen.«
    Danny grunzte. »Was ist denn das? Eine Leiche?«
    Weißbekittelte Labortechniker fuhren eine Rollbahre heran, die mit einem Laken zugedeckt war. Ein langer, haariger Arm rutschte darunter hervor.
    »Schimpansen.«
    Die Techniker schoben die Bahre in den Lieferwagen. Keating schüttelte Teaks die Hand. Otto richtete den Blick zur Seite, was mich auf eine vierte Person aufmerksam machte, von der ich aber nur die Schuhe sehen konnte. Auf Hochglanz polierte braune Schnürschuhe. Ein Mann.
    Otto wirkte respektvoll. Nickte, als nähme er Anweisungen entgegen.
    »Wenn die Kerle Grund zur Freude haben, macht mich das nicht gerade glücklich«, meinte Danny.
    Komm unter dem Dach vor, versuchte ich dem Kerl mit den braunen Schuhen zu suggerieren. Es musste ein wichtiger Mann sein.
    Wer zum Teufel ist er?
    Er trat einen halben Schritt vor. Jetzt konnte ich braune, gerippte Socken sehen und den Hosenumschlag einer Tweedhose, braun auf weiß. Dann blieb er wieder stehen.
    Danny knurrte. »Süchtige!«
    »Was meinen Sie?«, fragte Eisner.
    »Es macht keinen Unterschied, ob sie Heroin herstellen oder 109. Mir ist egal, wie prominent die sind oder ob sie für das gottverdammte Oval Office arbeiten. Das sind Leute, die sich von einer Droge haben versklaven lassen, und es gibt nur eine Art, sie zu schlagen. Man muss sie ihnen wegnehmen. Für immer.«
    Die braunen Schuhe bewegten sich wieder. Der kommt mir bekannt vor, dachte ich. Der Fremde, der jetzt in Sicht kam, war durchschnittlich groß, blass und unauffällig. Rundlich. Irgendwie leicht trottelig, selbst in seinem dunklen, eckigen Anzug und der dazupassenden Sonnenbrille. Ein Anwalt vielleicht. Aus einer Denkfabrik. Er trug ein weißes Hemd mit gestreifter Krawatte in gedeckten Moos- und Brauntönen. Sein graumeliertes Haar war dicht und lockig, sehr kurz geschnitten. Er hielt sich wie ein Mann, der mehr Zeit am Schreibtisch als im Fitnessstudio verbringt. Einer, der abends mit Schweißringen unter den Achseln nach Hause kommt.
    »Wer ist das?«, fragte Eisner, während Teaks eine Flasche Scotch und vier Gläser schwenkte.
    »Mist. Die feiern«, meinte Danny.
    Wo habe ich den schon mal gesehen?, überlegte ich.
    Wenn man bedachte, wie hoch Keating, Otto und Teaks in der Hierarchie der Gruppe standen, war es frappierend, wie respektvoll sie dem Fremden begegneten und seinem Trinkspruch lauschten. Keiner erhob sein Glas, bevor er es getan hatte, oder trank, bevor er trank.
    Ich fragte mich, ob ich ihn aus dem Fernsehen kannte. Oder aus einem Zeitungsbericht?
    Nein.
    Vielleicht von Lenox oder Naturetech. Ich startete eine Assoziationskette, während Teaks die leere Flasche in einen Recyclingbehälter warf. Es war eine Technik, die ich beim FBI erlernt hatte. Man versetzte sich in Gedanken zurück in bestimmte Situationen und sah sich darin um. Ich fing an mit der Nacht von Dwyers Tod. Hatte ich den Mann auf der Straße vor seinem Haus gesehen? Mit den Cops in Dwyers Haus? In der Schar der Reporter?
    Hm, hm.
    Und in Gabrielles Umgebung? Am Flugplatz?
    Die Gruppe teilte sich jetzt – der Fremde und Otto besprachen etwas, Keating und Teaks gingen wieder nach drinnen.
    Ich versetzte mich in die Senatsanhörung, wo ich Tom Schwadron begegnet war. Dann schaltete ich um zu Keatings Chiliparty.
    »Ich hab’s«, sagte ich laut, während es in meinem Kopf klick machte.
    Er war der Mann gewesen, der mit Alicia Dent zusammenstand, der Journalistin, die in letzter Zeit so viele Karrieren ruiniert hatte. Damals hatte ich ihn als unwichtiges Anhängsel betrachtet, einen Begleiter, der sich in ihrer Prominenz sonnte.
    »Seid ihr Spione?« ,fragte plötzlich eine Kinderstimme hinter uns.
    Ich wirbelte herum. Zwei Jungs in Fußballtrikots, so um die zwölf oder dreizehn Jahre alt,

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