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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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Kiefer war bandagiert, und er trug eine andere Baseballkappe, aber der Körperbau stimmte. Es war der Mann vom Flushing Meadows Park.
    Kim hatte natürlich keine Ahnung. Sie bewegte sich selbstvergessen in beachtlichem Tempo zwischen den Joggern hindurch, was im Moment ihr einziger Schutz war. Sie trug grüne Shorts und dazu passende Reeboks. Der Typ in militärischem Grau und einem ärmellosen T-Shirt musste sich nicht einmal anstrengen. Er sah aus wie eine große Raubkatze, die sich an ein Reh anpirscht.
    In wenigen Sekunden würde ich auf gleicher Höhe sein, und dann konnte ich über den Highway rennen und sie abfangen. Aber plötzlich blieb das Taxi stehen. Die Ampel hatte auf Rot geschaltet. Kim und der Mann entfernten sich rasch.
    »Fahren Sie über die Ampel«, herrschte ich den Fahrer an.
    »Wollen Sie, dass ich meine Lizenz verliere, Mann?«
    Mehr und mehr Jogger schoben sich zwischen mich und Kim. Und dann sah ich etwas, das mir das Herz stillstehen ließ. Sie verließ die Strecke und sprintete über den Highway zurück in die Stadt. Sie wollte sicher zu Seymour’s Bagels, um Sesamkringel mit Butter und Räucherlachs zu holen. Die Gestalt, die hinter ihr ebenfalls die Straße überquerte, entging ihr völlig.
    Ich stieß die Tür auf, warf einen Schein auf den Vordersitz – keine Ahnung, was für einen – und sprang hinaus. Der Fahrer schrie »Hey!«, und Hupen plärrten, während ich über die Kreuzung hetzte. Kim war einen Block weiter nördlich in die Laight Street gelaufen. Der Mann verschwand gerade um die Ecke. Ich war gut in Form, aber ich trug Schuhe mit Ledersohlen, die beim Laufen keinen Halt gaben.
    Die Angst um Kim verlieh mir zusätzliche Kräfte. Keuchend stieß ich einen Mann mit einer Aktentasche aus dem Weg, dann wäre ich beinahe über einen Burschen gestolpert, der seinen Hund Gassi führte. Ich bog um die Ecke – voller Furcht, zu spät zu kommen – und sah sie etwa auf halbem Weg den Block hinunter, auf der Stelle laufend. Sie unterhielt sich mit einer Bekannten, die ebenfalls ihren Hund ausführte.
    Der Kerl aus dem Park lehnte zehn Meter entfernt an einem geparkten Van.
    Dann rannte Kim wieder los. Der Bursche hinterher.
    Ich war außer Atem. Kims Freundin, eine Rothaarige, erschrak, als ich auf sie zugestürmt kam. Sie wich zurück und fummelte in ihrer Tasche herum, wahrscheinlich nach einem Pfefferspray.
    »Kim!«, schrie ich.
    Sie war zu weit entfernt, um mich hören zu können, und das Gehupe auf der Varick übertönte meine Stimme. Aber der Mann hörte mich und sah sich um.
    »Kim!«
    Endlich wurde sie auf mich aufmerksam und blieb stehen. Wandte sich um. Sie und der Mann starrten sich an. Er war nur noch zwei Meter von ihr entfernt.
    Dann wirbelte er herum und rannte nach Norden davon.
    Als ich Kim erreichte, war sie ganz blass. »Dieser Mann …«, sagte sie.
    Keine Chance, ihn jetzt noch einzuholen.
    »Das war der Kerl aus dem Park, Kim.«
    »Aber Mike … Er war … Wo kommst du denn her?«
    Ich antwortete barsch: »Du gehst nicht mehr alleine joggen. Meine Leute werden dich begleiten.«
    Erleichtert griff ich nach ihrem Arm, spürte die Glätte ihrer Haut und den leisen Vanilleduft, der von ihr ausging, selbst wenn sie schwitzte.
    Kim sah aus, als müsste sie sich hinsetzen. Sie hyperventilierte.
    Sie meinte: »Ich laufe doch jeden Morgen. Ich dachte, am hellen Tag … würde nichts passieren.«
    Ich legte ihr den Arm um die Schultern. Sie lehnte sich zitternd an mich. »Es war eine Überreaktion«, sagte ich. »Ich wollte dich nicht anschreien. Ich hätte es dir erklären sollen. Ich hatte Angst um dich.«
    Plötzlich sah sie aus, als wäre sie fünf Jahre alt.
    »Du musst dich nicht entschuldigen, weil du dir Sorgen machst.«
     
    Um acht Uhr fünfzig saß ich in einem anderen Taxi auf dem Weg zu Gabrielles Apartment, als mein Handy zirpte.
    Kim hatte ich in Connors’ Obhut zurückgelassen. Eigentlich wollte ich mir die Fragen zurechtlegen, die ich Gabrielle stellen wollte, konnte mich aber nur schwer konzentrieren. Kims knappes Entkommen hatte mich erschüttert.
    »Hier ist Danny. Wie war’s gestern Nacht auf Kims Couch, Boss? Unbequem? Einsam?«
    »Ich bin nicht in der richtigen Stimmung«, erwiderte ich.
    »Dann wohl beides. Worzak hat sich gemeldet, wegen der Fingerabdrücke aus dem Park.« Danny stieß einen Pfiff aus. »Ein Karnickelteam«, meinte er.
    Ich sagte dem Fahrer, er solle das Radio leiser stellen, während Danny rezitierte. »Oliver Lee Royce.

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