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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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Zwischen dem Militär hinter mir und den Verlockungen der Werbetafeln lag eine schizophrene Spannung. Friedlicher Touristenort oder Anschlagziel für Terroristen?
    Mein Handy zirpte. Es war Eisners Nummer. Ich fragte mich, ob er die Computer der Straßensperre anzapfte.
    Ich muss Asa Rodriguez so schnell wie möglich finden, dachte ich und ließ es klingeln.
     
    Die Keys, jener ins Meer ragende äußerste Zipfel Floridas, beherbergen unsere Unzufriedenen, unsere Ruhelosen, unsere Andersartigen, unsere Wiedergeborenen.
    Kim hatte mir Asa Rodriguez’ Adresse besorgt. An einer Texaco-Tankstelle kaufte ich mir einen Stadtplan. Er wohnte in einer gewundenen kleinen Straße ohne Bürgersteige, gesäumt von buntgestrichenen, umgebauten Zigarrendreherhütten, am rückwärtigen Ende des Flughafens der Insel. Ich hielt vor einem Haufen entrümpelter Rattanmöbel und stieg aus.
    Vor dem Haus parkte eine neue, schwarze Yamaha Virago, auf deren Nummernschild IHRES stand. Ich ging vorbei an wuchernden Kokospalmen, Farnen, Bitterorangenbäumen, Bambus und Epiphyten zur offenen Haustür. Drinnen spielte ein altes Album von Cream. Rockmusik aus den 1960ern.
    »Hallo?«, rief ich. Von der Tür aus konnte ich ins Wohnzimmer sehen. Wenn die Leute ihre Haustüren sperrangelweit offen stehen lassen konnten, war man sehr, sehr weit von New York entfernt.
    Ich roch den süßlichen Duft von Marihuana. Die Möbel sahen alle brandneu aus. Ledersofas. Großer Plasmafernseher. Teurer Perserteppich. Offenbar hatte Asa Rodriguez in letzter Zeit einiges Geld unter die Leute gebracht.
    Ich sah auch ein blubberndes Aquarium – mit tropischen Fischen – und eine Teakholzbar mit alten Rumsorten. Die Bücherregale enthielten bloß Schnickschnack, keine Bücher. Seeschneckengehäuse. Wackelkopfpuppen. Und ein Dutzend gerahmte Fotos, die immer denselben Mann und dieselbe Frau zeigten – Dokumente einer jahrzehntelangen Beziehung. Keine Kinder.
    »Jemand zu Hause?«, rief ich.
    Eine Frau tauchte aus einem weiter hinten liegenden Zimmer auf, schlank, ledrig und barfuß, um die fünfzig oder aber in der Sonne frühzeitig gealtert. Die Frau auf den Fotos. Sie trug Khakishorts und ein schwarzes T-Shirt. Der Hanfgeruch verdichtete sich bei ihrem Eintreten. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
    »Ist Asa zu Hause?«
    Sie antwortete bereitwillig, ohne nach meinem Namen zu fragen.
    »Nein, er ist im Blue Conch, wie meistens um diese Zeit.«
    »Ist das eine Bar?«
    »Mhm, auf der Caroline, Nähe Duval, neben Tel-Aviv-T-Shirts. Dritter Hocker von rechts. Bitte richten Sie ihm was aus. Sagen Sie ihm, Ray Teaks aus Maryland ruft ständig an. Er soll sein Handy einschalten.«
    Ich hatte das Gefühl, einer Antwort ganz nahe zu sein. Ich stieg wieder in Barneys Maxima und fuhr zu Key Wests Flaniermeile, einer Straße voller Läden, Restaurants und Bars. Ich kannte die Insel vom Urlaub her. Sogar jetzt im Sommer trieben sich Grüppchen von Touristen herum, daneben die üblicherweise barfüßigen Einheimischen auf großen Fahrrädern mit Einkaufskörben, weitere Touristen auf gemieteten Rollern und ein betrunkener Autor und Pulitzerpreisträger, den ich aus dem Fernsehen kannte.
    Jeder in der Duval Street sah entspannter aus, als ich mich fühlte.
    Das Blue Conch warb – womit sonst? – mit einer blauen Neon-Conchschale über dem Eingang. An der Bar war der dritte Stuhl von rechts leer, also setzte ich mich dorthin und hoffte, Asa würde mich ansprechen, falls er auftauchte. Außer mir war fast niemand da. An der Decke hingen Fischernetze unter rotierenden Ventilatoren, an den Wänden prangten alte Nummernschilder und Fotos von Tauchern aus Key West, darunter Mel Fisher, der berühmte Schatzjäger, der 400 Millionen Dollar von der versunkenen Atocha geborgen hatte.
    »Rum Sour«, bestellte ich bei dem einsamen, freundlich dreinblickenden Baarkeeper. »Zwei zu eins. Wo ist Asa?«
    Er grunzte. »Wie ich höre, hat er Maschinenprobleme. Seine Eureka liegt an einem der Stege hinter dem Turtle Kraals. Wahrscheinlich kommt er später vorbei, nach einem weiteren vergeudeten Tag auf der Suche nach seinem verdammten Fisch.«
    Er war ein dicker, blasser, bärtiger Mann und trug ein Hemd mit Blumenmuster. Mir fiel auf, dass er ständig die rechte Hand mit der linken massierte. Die Knöchel schienen ihm ziemlich weh zu tun, ohne dass man ihnen ansah, warum.
    »Verletzung?«, fragte ich in der vagen Hoffnung, etwas Wichtiges zu erfahren.
    »Arthritis.« Er verzog das

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