Serum
verwandelte.
Aus einer Lautsprecheranlage tröpfelte leise klassische Musik, beruhigend wie die Stimme eines Hypnotiseurs. Selbst in meiner Orientierungslosigkeit erkannte ich die Melodie. Es war Debussys La Mer, das Lieblingsstück des Vorsitzenden Dwyer.
»Ah, Mike.«
Ein Gesicht schob sich von oben in mein Blickfeld, halb von einer blauen Chirurgenmaske verdeckt. Ich erkannte den nasalen Klang von Keatings Stimme. Er trug einen losen Operationskittel.
»Er ist wach«, sagte er und beugte sich tiefer. »Wollen Sie wissen, was ich denke, Mike? Affe fragt, Affe tot.«
Ich drehte den Kopf zur Seite, und meine Furcht verwandelte sich in Entsetzen. Meine Handgelenke waren mit Stahlklammern an einen Operationstisch gefesselt. Meine Hände waren lang und mit schwarzen Haaren bedeckt, meine Fingernägel schmutzig gelb, mein Bizeps kraftvoll und behaart; und ich roch frischen Urin, der in einem warmen Tröpfeln an der Innenseite meines Oberschenkels herunterlief.
»Ihr Gehirn ist genau wie unseres« ,dozierte Ray Teaks und trat in den Lichtkegel. Seine behandschuhten Finger zogen eine kleine Spritze auf. »Ich tue Ihnen nicht weh, Mr Acela, ich bin ein sensibler Mensch«, erklärte er.
Teaks wandte sich halb zu einer Gruppe Zuschauer hinter sich um, Zivilisten und Soldaten von der Straßensperre: »Der Schimpanse weiß, dass ich lüge. Er hat die Körnchen geschluckt.«
»Lassen Sie mich gehen«, verlangte ich.
»He! Der Schimpanse spricht!«
»Ich erzähle auch niemandem etwas«, versprach ich.
»Da haben Sie verdammt recht«, meinte Keating, während die Menge näher drängte, voll übler Absichten, übler Aussichten. Gabrielle war auch da, in einem engen schwarzen Trauerkleid, und biss in ein Stück Kirschplunder. Danny schüttelte traurig den Kopf, als hätte ich ihn enttäuscht. Schwadron trug eine Operationsmaske, aber ich erkannte ihn an den Lachfältchen in den Augenwinkeln. Eisner, in Uniform, salutierte wie ein Spielzeugsoldat. Und hinter ihnen allen entdeckte ich Kim, eine kleine Gestalt in der Ecke, die sich zu mir durchdrängen und mir eine Warnung zukommen lassen wollte, die ich nicht verstand.
»Ich habe schlecht gewählt«, sagte ich.
Die Menge beugte sich tiefer über mich.
»Jedes Schoßtier braucht einen Besitzer«, meinte Schwadron. »Ich habe Ihnen einen neuen Besitzer angeboten. Aber Sie wollten ja nicht.«
Ich hörte das Summen eines Elektromotors und versuchte, mich loszureißen, doch die Klammern hielten mich fest. Jetzt beugte sich Abby Royce über mich und zückte einen chirurgischen Bohrer. Die Lichtstrahlen blitzten auf dem wirbelnden Stahl, während Oliver die Hände ausstreckte, um meinen Kopf zu fixieren. Grinsend bleckte er die abgebrochenen Zähne.
Dann begannen die Gesichter, sich zu verändern, wurden zu denen meiner Eltern und alter Freunde vom FBI. Gabrielle und Kim standen jetzt nebeneinander. Gabrielle hatte die bloßen Arme ausgestreckt, wie um mich zu umarmen. Kim umklammerte die Schulter eines kleinen gesichtslosen Jungen, der in anderen Träumen mein Sohn gewesen war.
»Geben Sie mir die Disk«, flüsterte Keating, während er Eisner den Arm um die Schulter legte.
»Kümmern Sie sich nicht um die. Sehen Sie mich an«, drängte Gabrielle. Die Diamantscheibe des Bohrers berührte meine Haarlinie.
Das Kreischen wurde lauter. Ein furchtbarer Schmerz durchzuckte meinen Schädel.
Keuchend fuhr ich hoch – mein Herz pochte wie wild. Ein Keil aus Schmerz bohrte sich in die obere linke Hälfte meines Kopfes. Über mir sah ich nur den Dielenboden eines Hauses, aber der Alkohol und Keatings Aftershave und der leicht verbrannte elektrische Geruch des Bohrers hingen mir noch in der Nase.
Es war dieser Geruch, der es so unwirklich machte. Alpträume verblassen beim Aufwachen, doch dieser war anders. Mein Herzschlag beruhigte sich nicht. Ich keuchte. Die Vernunft sagte mir, dass ich in Key West unter einem fremden Haus lag. Aber ein Teil meines Gehirns – das völlig anders arbeitete – bestand darauf, dass alles um mich herum eine Lüge war.
Ich wusste, dass ich gerade operiert wurde, wusste, dass ich unter Narkose stand und Abby meinen Kopf aufschnitt.
Wach auf.
Der Kopfschmerz wurde immer schlimmer, sandte Ausläufer in mein Genick, griff nach dem Bereich zwischen meinen Augen.
Ich kroch ins Sonnenlicht hinaus und stand schwankend auf. Befand mich in einem Garten mit Feigenbäumen, einer Außendusche, einem weißen Zaun.
Das ist real. Die Operation war der
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