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Serum

Serum

Titel: Serum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Reiss
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Sex und Freundschaft. Schön getrennt. Man redet sich ein, dass man die Vergangenheit hinter sich lässt. Man macht sich etwas vor.«
    »Ich weiß. Das sage ich mir auch immer wieder.«
    »Es ist auch nicht wegen Gabrielle. Sie ist eigentlich ganz nett. Der Seitenhieb mit Prinzessin Zopf tut mir leid. Sie scheint … dich zu mögen. Und ich war auch nicht wütend, weil du uns nicht eher von Key West erzählt hast. Ich war wütend, weil du die Droge ausprobieren konntest und ich nicht. Ist das nicht verrückt? Ich hatte nämlich Angst, 109 würde dich etwas über mich erfahren lassen, das ich von dir nicht weiß.«
    »Ich sah Traurigkeit in dir. Aber da war die Wirkung längst abgeklungen.«
    Sie nickte und ging ein paar Schritte aufs Meer zu. Ich konnte ihr Gesicht nicht mehr sehen.
    Sie sagte: »Aber rührte sie daher, dass etwas zu Ende ist? Oder dass es nie war?«
    Ich trat näher zu ihr. Sie roch nach Seife. Ich legte ihr die Hände auf die Schultern. Sie entspannte sich so weit, dass sie sich an mich lehnte. Ich spürte ihren Körper, legte mein Kinn auf ihren Kopf. Sie zog meine Arme um sich, so dass ich ihre kleinen Brüste spüren konnte, aber es war keine erotische Berührung, einfach menschliche Nähe. So weit waren wir früher schon gegangen. Doch etwas hatte sich verändert. Vielleicht lag es daran, dass wir nichts mehr als gegeben annehmen konnten. Vielleicht daran, dass die Uhr tickte. Etwas an ihrem gerechten Zorn vorhin hatte mich auf ganz neue Art zu ihr hingezogen. Ich weiß nicht, ob das genügte. Aber es war schon eine ganze Menge.
    Plötzlich küssten wir uns. Sie schmiegte sich an mich und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. Sie roch frisch, und der Kuss währte lange Zeit, bevor wir uns voneinander lösten.
    Eine Weile standen wir reglos so da. Im Osten glühte ein schmaler Streifen Orange über dem Horizont. Die Helligkeit breitete sich in Strahlen nach oben aus, während wir uns auf den Rückweg zum Haus machten.
    Dort brannte Licht. Fenster waren geöffnet. Gabrielle stand im ersten Stock und sah uns näher kommen. Ich konnte ihre Miene nicht erkennen. Sie wandte sich ab.
    In sechs Stunden – mittags – sollte ich sie zu Bill Keatings Chili-Wettkochen begleiten, wo meine Hauptverdächtigen sich versammeln würden.
    Drinnen roch es nach Kaffee und Frühstücksspeck. Das Radio lief. Es sollte ein heißer Tag werden. Danny kam mit einer Schürze mit der Aufschrift DER GRILL-MEISTER! aus der Küche. Er warf mir und Kim einen prüfenden Blick zu, enthielt sich aber jeden Kommentars. Er sagte zu Kim: »Iss was, Boss. Wir müssen uns zur NYU auf den Weg machen.«
    »Ich dachte, ich wäre dein Boss«, meinte ich.
    Er grinste. »Ich nenne jeden Boss. Meine Kinder. Meine Frau. Den Bäcker. Ich bin nur ein bescheidener Diener.«
    »Warum die Eile?«, fragte Kim. »Die Party bei Keating ist doch erst in ein paar Stunden.«
    »Ich habe im Internet Nachrichten aus Key West gelesen. Um vier Uhr morgens stand die Polizei unmittelbar davor, einen Mann in Saudi-Arabien aufzuspüren, der mit dem Killer gesprochen haben und seinen Namen kennen soll. Der Typ, von dem du uns erzählt hast, heißt Dick Milenko, oder?«
    Das hatte ja irgendwann passieren müssen, aber ich hatte auf etwas mehr Zeit gehofft.
    »Deshalb die Eile«, sagte Danny. »Sobald Key West den Namen hat, kennt ihn auch das FBI. Und Keating. Dann ist es vorbei.«
    »Möchten Sie lieber nicht zu der Party gehen, Mike?« Gabrielle kam die Treppe herunter wie auf einem Debütantinnenball. Ganz in Weiß. Weißes Sommerkleid. Weiße Riemchensandalen. Weiße Perlen um den gebräunten Hals. Zum ersten Mal sah ich ihr Haar ungebändigt, und es fiel ihr wie ein blauschwarzer Wasserfall über die Schultern. Sie sah umwerfend aus. Sie beherrschte den Raum.
    »Laufen Sie davon, Mike?«, fragte sie. »Oder bleiben Sie?« Es klang nicht wie eine Frage, eher wie ein Test.
    »Weglaufen?«, erwiderte ich. »Wohin denn?«
    Die Zahl meiner Feinde wuchs ständig.
    Ich wünschte, ich hätte noch etwas 109 gehabt.

14
    W
    ir sehen hier das limbische System des Gehirns und die Amygdala, die die Intuition steuert.«
    Es war eine Stunde später, und wir saßen fasziniert in Professor Whiteagles Arbeitszimmer im 13. Stock. Er hatte eine Personalwohnung der Universität in Greenwich Village. Sie ging nach Süden hinaus, und man sah auf die Lücke im Himmel, wo einmal die Twin Towers standen. Dannys Cousin war 37, hager, fit und athletisch. Sein schwarzer Zopf passte zur

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