Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
Vom Netzwerk:
der Veranda oder auf dem Rasen zwischen riesigen Grapefruitbäumen mit glänzenden Blättern und geradezu unwahrscheinlich großen, dickschaligen Früchten. Es war windstill, und der Rauch vom Grill erfüllte die Luft mit dem Geruch von Fett und Marinade. Überall rannten Kinder herum, hüpften auf dem Trampolin und strömten in bunten, schreienden Wellen durch den Garten ins Haus und wieder zurück.
    Box stand am Grill und unterhielt sich mit Thumb, der Wurstdienst hatte. Thumb hatte den Grill selbst aus Backsteinen gebaut, ein Holzfeuer brannte darin. Das Fett aus den Würsten und Steaks spritzte über den Grill hinaus, deshalb hielt sich Box etwas entfernt, mit einer kalten Flasche Bier in der Hand. Die Luft flirrte vor Hitze. Während er mit Thumb redete, fiel sein Blick immer wieder auf diese Frau. Sie hatte langes dunkles Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, trug schwarze Jeans und Flip-Flops, darüber ein weißes Top. Sie war schlank, aber nicht mager – er betrachtete ihre ausgeprägten Armmuskeln (später erfuhr er, daß sie im Sommer ihr Geld mit Beerenpflücken verdient hatte; jetzt war sie selbst dunkel wie eine Brombeere). Er dachte damals, daß sie eine starke Ausstrahlung hatte. Nichts an ihr wirkte künstlich oder aufgesetzt.
    Box erkannte sofort, daß der kleine Maori-Junge zu ihr gehörte. Sie war keineswegs ständig um ihn herum, wie es andere Mütter mit ihren Kindern machten; tatsächlich sagte sie kaum etwas zu ihm. Aber sie wußte immer, wo er war und was er vorhatte. Sie folgte ihm mit den Augen; selbst wenn sie irgendwo stand und sich mit einem Bier in der Hand mit jemandem unterhielt, nahm sie den Jungen wahr, hörte auf seine Stimme oder schaute nach seinem glatten schwarzen Haarschopf. Box beobachtete, wie sie den Jungen im Blick behielt. Was keineswegs einfach war, denn der benahm sich wie eine Muppetfigur auf Speed – rauf und runter am Trampolin, hinter den größeren Jungen her über den Rasen, Balancieren auf dem Verandageländer, ins Haus wie ein Kugelblitz und ebenso wieder zurück. Dabei trug er immer ein breites Grinsen auf dem Gesicht.
    Erst als der Junge anfing, Grapefruits aufs Garagendach zu werfen, ging die Mutter zu ihm und sprach ein ernstes Wort mit ihm. Box beobachtete so unauffällig wie möglich, wie sie sich neben den Jungen hockte und ihm die Hände auf die schmalen Schultern legte. Sie sagte nur ein paar Worte, nahm ihm die Grapefruit aus der Hand und wies zum Trampolin rüber. Und schon rannte er wieder los, klaglos, eine Naturgewalt.
    Sie sah auf und bemerkte Box’ Blick. Sie lächelte, und Box fühlte sich ertappt, wie ein Voyeur im Licht einer Taschenlampe. Er lächelte ein wenig gezwungen zurück und schaute weg.
    Box hatte gar nicht daran gedacht, sie anzusprechen, er hatte ihr einfach nur interessiert zugeschaut. Und dann stand sie plötzlich in der Küche neben ihm. Beide holten sich ein Bier aus Thumbs Kühlschrank. Selbst als sie jetzt allein in dem kleinen Raum waren, hätte er wohl kaum mehr als »Hallo« zu ihr gesagt. Sie war es, die ein Gespräch anfing, das sich so entspannt gestaltete, als würden sie sich schon seit ihrer Kindheit kennen. Sie erzählte ihm von sich, von ihrem Sohn Mark, von den Leuten, mit denen sie Beeren pflückte. Schließlich tauschten sie ihre Namen aus.
    »Box?« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Was ist denn dein richtiger Name?«
    »Das ist so lange her, daß ich ihn vergessen habe.« Sie lächelte.
    Als die Sonne über der Tasman Bay unterging, wurde im Haus Licht gemacht. Es ergoß sich über den Rasen und spiegelte sich in den glänzenden Blättern der Grapefruitbäume. Box und Liz saßen nebeneinander auf dem breiten Geländer der Veranda, und sie erzählte ihm von Marks Vater. Die Beziehung war seit knapp zwei Jahren zu Ende. Sie hatte schon Liz’ unerwartete Schwangerschaft kaum überstanden, sich dann noch durch die ersten paar Monate mit Aufstoßen und schlaflosen Nächten gequält, und dann hatte Stephen Sullivan sich endgültig auf und davon gemacht.
    Es war fast schon Mitternacht, als Box den schlafenden Jungen ins Nachbarhaus trug. Vom Flur aus schaute er zu, wie sie ihn ins Bett steckte. Dann redeten sie weiter.
    Manchmal fragte sich Box, ob es überhaupt hätte anders kommen können, als daß sie beide neun Monate nach Thumbs Grillparty heirateten. Vom ersten Abend an schien das eine ausgemachte Sache gewesen zu sein. Und was das »beide« anlangte, so stimmte das auch nicht ganz.

Weitere Kostenlose Bücher