Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
Vom Netzwerk:
unten war, sowohl was die Räumlichkeiten, den Unterricht als auch die anderen Kinder betraf. Mark schien besser damit umgehen zu können als Heather. Zumindest war es Box so vorgekommen.
    Box fiel erst nach einer Weile auf, daß Marks Computer fehlte – nicht der Bildschirm, der stand nach wie vor auf dem Schreibtisch, aber der Rechner selbst. In dem ganzen Durcheinander auf dem Holzboden hob sich ein leeres Rechteck von seiner staubigen Umgebung ab: Dort hatte er gestanden. Liz hatte ihm gesagt, daß die Polizisten, die ihr die Nachricht überbrachten, den Rechner direkt mitgenommen hatten. Offenbar um nach einem Abschiedsbrief zu suchen. Box sah sich um, es war unmöglich festzustellen, was die Polizisten untersucht hatten und was nicht. Das Zimmer sah immer so aus, als sei es eben durchwühlt worden. Das Bett bestand aus einem Strudel verknitterter Laken, die Decke hing aus ihrem Bezug heraus. Kleider, Bücher, Sportsachen, halbvolle Wassergläser, Musikzeitschriften lagen und standen überall herum. Er vermutete, wenn er genauer unter dem Bett oder im Schrank nachsah, würde er noch eine andere Art von Zeitschrift finden. Zumindest hätte man so etwas in Box’ Zimmer gefunden, als er neunzehn war. Vielleicht zeigte das aber nur, wie alt er selbst war. Hochglanzmagazine mit nackten Frauen hatten wahrscheinlich längst ausgedient. Heute fanden die jungen Leute die Nahrung für ihre sexuellen Phantasien im Internet.
    Eines der wenigen Kleidungsstücke, die tatsächlich auf einem Bügel hingen, war Marks alter Schulblazer. Box nahm ihn aus dem Schrank und hielt ihn hoch. Er war dunkelblau mit einer weißen Bordüre um die Revers und an den Manschetten. Auf der Brusttasche, unter dem Schulwappen, war das Wort »Athletics« eingestickt. Box fuhr mit dem Finger darüber. Mark hatte diese Auszeichnung errungen, als er bei den nationalen Schülermeisterschaften ins Finale über vierhundert Meter gekommen war. Zu der Zeit steckte Box gerade mitten im schlimmsten Finanzschlamassel, versuchte rund um die Uhr, den Tsunami aufzuhalten, der über sie hinwegrollte; doch an diesem Tag hatte er freigenommen. Er war nach Auckland geflogen, um Mark laufen zu sehen.
    Der Junge konnte wirklich laufen!
    Als die acht Finalisten aus der letzten Kurve kamen und sich für die Zielgerade aufrichteten, sprang Box auf. Er stand auf der Tribüne und schrie aus vollem Hals wie ein betrunkener Irrer, dazu stieß er die Fäuste in die Luft. Schon nach dreihundert Metern war er heiser. Mark lief scheinbar ohne jede Anstrengung, jeder Schritt auf der roten Tartanbahn katapultierte ihn nach vorn, seine langen Beine fraßen die letzten fünfzig Meter. Die drei ersten überquerten die Linie gemeinsam, den Oberkörper vorgereckt, die Arme nach hinten gestreckt wie federlose Flügel.
    Box sah, wie Mark auf der Bahn stand und die feuchtwarme Luft Aucklands einsog. Es war früher Abend, das Flutlicht brannte, und jeder dort unten warf drei Schlagschatten auf die Bahn. Turmhohe weiße Wolken mit zerfasernden Rändern wehten über das Stadion. Box klebte das verschwitzte Hemd am Leib. Auckland roch nach feuchter tropischer Erde und grünen Blättern. Der Regenguß, der die Veranstaltung kurz vor Marks Rennen unterbrochen hatte, war zu einem warmen Dunst geworden, der in Schwaden kam und ging. Das Ergebnis stand noch nicht auf der Anzeigetafel. Ein enges Rennen, dennoch war Box sicher, daß Mark nicht gewonnen hatte. Er lag etwa eine Kopflänge zurück, aber wer zweiter geworden war, ließ sich beim besten Willen nicht sagen.
    Box suchte Marks Blick. Er grinste, hatte seit dem Startschuß nicht aufgehört zu grinsen, und hielt die Daumen hoch. Mark grinste zurück. Einer der anderen Läufer schüttelte ihm die Hand, und dann leuchtete das Ergebnis auf der Anzeigetafel am anderen Ende des Stadions auf.
    Zweiter: Mark Saxton. 47,25 Sekunden.
    Box stieß einen Freudenschrei aus. Die Leute um ihn herum lachten und gratulierten ihm. Super! Klasse Leistung! Zweitbester des Landes in seiner Altersklasse. Und die persönliche Bestzeit um fast eine halbe Sekunde verbessert.
    An dem Abend war er mit Mark spät noch essen gegangen. Nichts Luxuriöses, ein gutes Thai-Restaurant, das ihm jemand empfohlen hatte. Sie redeten beide nicht viel, doch das Schweigen, das bei Tisch zumeist zwischen ihnen herrschte, hatte diesmal nichts Unangenehmes. Box hatte ihnen beiden ein Bier bestellt und gegen Ende des Mahls noch ein zweites. Die Gerichte waren sehr gut gewesen, und er

Weitere Kostenlose Bücher