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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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Farbdose gefunden und sich damit an die Arbeit gemacht. Unter dem Kasten stand in ungelenken Buchstaben »Whitecliffs« auf einem Holzbrett. So hieß das Land der Saxtons.
    Typisch Dee, daß sie den Briefkasten immer wieder neu strich. Seine Großmutter wollte der vorbeifahrenden Welt eine respektable Fassade präsentieren. Doch als Box die unbefestigte Zufahrt hinauffuhr, zeigte sich, daß die neue Farbschicht auf dem alten Briefkasten lediglich den Anschein von Instandhaltung erweckte. Die Pappeln zu beiden Seiten der Einfahrt waren von Unkraut überwuchert, hie und da streiften Äste an dem Pickup entlang. Kniehoch wuchs das Gras am Rand des ausgefahrenen Feldwegs. Es gab einige neue Schlaglöcher. Und jede Menge alte.
    Das Land seiner Familie kletterte mehrere abschüssige Geländestufen vom Meer die Hügel hoch. Schon seit Urzeiten kursierte der Witz, alle Saxtons hätten ein längeres Bein, um gerade über Whitecliffs gehen zu können. Links von der Zufahrt lag die Obstplantage – hauptsächlich Äpfel und Birnen, aber auch Aprikosen und Nektarinen an ein paar besonders geschützten Stellen. Beim Gartenschuppen wuchsen sogar Mandarinen und Grapefruits, die im warmen Mikroklima der Bucht gediehen, anderswo so weit im Süden aber vom Frost vernichtet würden. Die Bäume waren schon jahrelang nicht mehr richtig zurückgeschnitten worden, seit Großvaters Tod nicht. Sie mußten unbedingt kräftig gestutzt, an einigen Stellen sogar ausgelichtet werden. Box fuhr an einem Dickicht ineinander verwachsener Bäume vorbei.
    In seine verworrene Gefühlswelt mischte sich nun noch ein so vertrautes wie bitteres Schuldgefühl. Er kam, weiß Gott, so oft er konnte, hierher. In letzter Zeit aber, seit seine Existenz vor die Hunde gegangen war, schaffte er es gerade noch einmal im Monat. Wenn überhaupt. Er unterdrückte sein schlechtes Gewissen. Er tat, was er konnte, seit Jahren schon tat er, was er nur konnte, aber in letzter Zeit kam es ihm so vor, als müßte er mit einem Teelöffel einen Staudamm bauen. Er wandte den Blick von der verkümmernden Plantage und atmete tief ein. Er versuchte, die Sorgenfalten auf seiner Stirn zu glätten, und spürte, wie seine Kappe über die rotgrauen Stoppeln auf seinem Kopf rieb.
    Das letzte Mal war er mit Mark zusammen hiergewesen. Wie lange mochte das her sein? Fünf Wochen? Sechs? Der Junge hatte ihm geholfen, den großen Eukalyptusbaum zu zersägen, der im Winter vor drei Jahren unten bei den Gewächshäusern umgestürzt war. Dabei ließ Box den Jungen zum erstenmal an die Kettensäge. Er hatte Mark gezeigt, wie er stehen und die Säge weit vor dem Körper halten mußte, die Füße so positioniert, daß nichts passieren konnte, falls er das Gleichgewicht verlor. Man mußte mit gleichmäßig kräftigem Druck durch das Holz sägen. Später hatte er ihm dann noch beigebracht, wie man die Säge ölte.
    Gemeinsam schafften sie das Holz mit der Schubkarre in den Raum unter der Veranda, wo sie es zu einem wohlriechenden Stapel aufschichteten. Es hatte fast einen ganzen Sonntagvormittag gedauert, auch nur einen kleinen Teil des uralten Baumriesen wegzuschaffen. Das Holz sollte reichen, Dees offenen Kamin einige Jahre lang zu befeuern.
    Der Junge war den ganzen Tag über schweigsam gewesen. Stiller als sonst? Mark hatte nie viel geredet, zumindest nicht mit seinen Eltern, mit seinen Freunden sicher mehr. Andererseits ließ der Lärm der Kettensäge kein Gespräch zu. Aber dennoch: Bei der gemeinsamen Arbeit hatte Mark mürrisch und verschlossen gewirkt. Box’ Anweisungen hatte er umstandslos befolgt; das war nicht immer so, aber an diesem Tag kam keinerlei Widerspruch. Er tat genau, was Box gesagt hatte: sah sich vor und arbeitete effizient, wobei er Körperkräfte einsetzte, die er erst seit kurzem besaß. Es hatte ein nettes Geplänkel zwischen ihnen gegeben, als sie die Schubkarre mit dem Holz beluden. Box versuchte sich zu erinnern, was der Witz gewesen war, doch es gelang ihm nicht.
    Als der Pickup jetzt oberhalb der Obstplantage um die Kurve des zerfurchten Zufahrtswegs fuhr, kam das Haus in Sicht. Es stand auf einer Anhöhe, die Senke mit dem Bach lag dahinter. Das Haus war quadratisch und groß. Vor über hundert Jahren war es aus Hartholz und Steinen aus dem örtlichen Steinbruch erbaut worden. Für Box hatte es immer so gewirkt, als wäre es durch die Erosion langsam aus der Erde aufgetaucht und nicht auf dieser Erde gebaut worden. Die dicken Mauern zeigten das blasse Rot von Lehm,

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