Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
Vom Netzwerk:
vorigen plaziert, wie Schichten einer Ausgrabungsstätte, die von der Archäo­logie erst noch entdeckt werden mußte.
    Dee führte Box durch das Gebirge von Gerümpel in die Küche. Auf dieser Seite des Hauses gab es keine Veranda, deshalb drang das Sonnenlicht nun allmählich durchs Fenster und schien auf das abgewaschene Geschirr neben dem Spülbecken und auf den rauhen Dielenboden, der sich honiggelb färbte. Endlich gab sie seinen Arm frei.
    »Ich mache uns einen Tee.«
    »Danke, Dee.«
    »Was ist mit deiner Hand passiert?«
    »Nichts«, log er und bewegte die Finger. »Bin bei der Arbeit abgerutscht. Das wird wieder.«
    Box sah ihr zu, wie sie eine buntbemalte Blechdose nahm und sechs Löffel bitter riechende kohlschwarze Teeblätter achtlos in die Teekanne füllte. Sie goß das kochende Wasser darüber und drehte die Kanne dreimal auf dem Tisch.
    Der süße Geruch von eingekochtem Obst erfüllte die Küche. Herbst war Kompott- und Marmeladenzeit; die Jahreszeit, in der seine ganze Kindheit hindurch wochenlang duftende Schwaden durch die Küche waberten und süße Wassertropfen die Scheiben herabrannen. Auch wenn sie jetzt nur noch für sich selbst zu sorgen hatte, verbrachte Dee nach wie vor viele Wochen im April und Mai damit, das reife Obst zu ernten und einzukochen. Von seinem Platz am Küchentisch konnte Box durch die halb­geöffnete Tür in die Speisekammer schauen. Regalbrett über Regalbrett stand voller Einmachgläser mit Schraubdeckeln, das beinahe leuchtende Obst schwebte in seinem eigenen Saft. Die Gläser standen in Dreierreihen vom Boden bis zur Decke. Bei den von Pop in den alten Packschuppen eingebauten Regalen verhielt es sich ebenso – Kompott, soweit das Auge reichte. Dee besaß sogar eine Maschine, um Obst in Dosen zu konservieren. Wenn der Herbst zu Ende ging, hing nichts mehr an den Bäumen. Dee hatte einen gewissen Vollständigkeitswahn.
    Sie goß den Tee ein, wobei sie die Blätter in einem Sieb auffing.
    »Du nimmst immer noch keine Milch, oder?« fragte sie.
    »Nein.«
    »Also dann.«
    »Danke.«
    Sie nahm einen Krug aus dem Kühlschrank und goß daraus Milch in ihre Tasse. Mit einer Familie weiter unten in ihrer Straße, die ein paar Kühe hatte, tauschte sie Milch gegen Kompott. Die Milch kam in einem Zinkeimer mit Holzdeckel. Sie war nicht pasteurisiert und vollfett; nach einer Nacht im Kühlschrank blieb morgens der Löffel aufrecht in ihr stehen. Klümpchen von weißem Milchfett schwammen auf Dees Tee. Sie nahm einen Schluck und seufzte traurig auf.
    »Ich verstehe es einfach nicht, Box. Als ich ihn zuletzt gesehen habe, schien alles völlig in Ordnung zu sein.«
    »Selbst Liz und ich hatten keinen Schimmer, daß es ihm schlecht ging. So schlecht.«
    »Warum hat er das getan?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich habe ihn erst vor einer Woche gesehen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Es ist mindestens einen Monat her, daß wir bei dir waren.«
    »Nein, das war danach. Er hat mich besucht, für ungefähr zwei Stunden.«
    »Wann?«
    »Mein Gedächtnis ... Anfang letzter Woche, glaube ich. Montag oder Dienstag.«
    »Davon hat er uns nichts erzählt. Wie war er?«
    »Sehr still. Eine Zeitlang ist er allein bei den Gewächshäusern herumgegangen. Als er wiederkam, habe ich ihm etwas zum Mittagessen gemacht, nur ein Schinkensandwich. Ich habe versucht, mich an alles zu erinnern, worüber wir gesprochen haben. Er hat von dem Mädchen geredet, mit dem er zusammen war.«
    »Saskia.«
    »Sie hatte Schluß gemacht.«
    »Mit uns wollte er nicht darüber reden.«
    »Glaubst du, er hat es deshalb getan? Weil sie Schluß gemacht hat?«
    »Ich weiß nicht, das allein kann es nicht gewesen sein.«
    »Ich muß immer denken, wenn ich ihm ein bißchen mehr hätte helfen können ...« Ihre Augen wurden feucht, sie wischte sie mit dem Ärmel ab.
    »Laß, Dee. Du machst dich damit nur verrückt.«
    »Entschuldige.«
    »Du mußt dich nicht entschuldigen. Schon gut. Was hast du also zu ihm gesagt?«
    »Ohhh, irgendwas wie Mädchen gibt’s wie Sand am Meer, nichts Kluges oder Tiefsinniges. Ich habe ihm erzählt, daß ich auch mit einem Jungen gegangen bin, als ich noch viel jünger war, Nicholas Turner. Er war mit meinem Bruder Brian befreundet. So haben wir uns kennengelernt. Ein netter Junge, sehr zuvorkommend und attraktiv. Damals habe ich mir sogar eingebildet, ihn zu lieben.«
    »Davon habe ich noch nie gehört.«
    Sie schaute auf ihren Tee, in dem die Milchflocken wie Eisberge herumschwammen. »Ich denke

Weitere Kostenlose Bücher