Settlers Creek
Wülste der Narbe, die den Oberkörper in der Mitte durchschnitt. Box fing an den Schultern an. Das helle Deckenlicht warf Schatten neben der Brust des Jungen und seinen Oberarmen. Box sah, daß Mark in den letzten Jahren aus einem schlaksigen großen Teenager zu einem muskulösen jungen Mann herangewachsen war.
Als sie die Schultern, Brust und die fast haarlose Magengrube gewaschen hatten, trat Liz ans Fußende des Tischs. Sie faltete das Laken bis zu seinen Oberschenkeln hoch. Das Blut hatte sich in Marks Waden und Füßen gestaut. Sie waren rot marmoriert, als wäre er geschlagen worden. Box sah, daß die kleinen Zehen an beiden Füßen eingedreht waren. Das hatte er von Liz geerbt. Wie bei ihr waren seine anderen Zehen lang, und er hatte dasselbe hohe Fußgewölbe wie sie. Liz begann seine Füße und Beine zu waschen. Zweimal hielt sie dabei inne und wandte den Blick von den Blutstauungen ab.
Als sie oben an seinen Oberschenkeln angekommen war, faltete sie das Laken weiter auf, bis es gerade noch seine Hüften bedeckte.
»Ich kann weitermachen, wenn du möchtest«, sagte er leise.
»Danke.«
Ungefähr mit elf hatte Mark angefangen, sich vor seiner Mutter zu schämen. Er wollte sich ihr nicht mehr nackt zeigen und zog sich am Strand unter einem Handtuch um. Box und Liz scherzten darüber, zogen ihn sogar manchmal damit auf. Liz war ganz und gar nicht prüde. Es war ihr egal, wenn die Badezimmertür offenstand, während sie duschte oder sich anzog. Oft lag sie in der Badewanne und führte lange Gespräche mit Heather oder Box. Doch von seinem ersten Jahr auf der Highschool an hatte Mark es vermieden, seine Mutter nackt zu sehen. Box und Liz hatten darüber spekuliert, ob der Grund wohl mehr in Marks sich veränderndem Hormonhaushalt zu suchen sei oder bei seinen neuen Kameraden. Box hatte mal gehört, wie ein Mitschüler von Mark Liz als »heiße Braut« bezeichnete. Er hatte Liz damit geneckt, daß sie sich problemlos einen Jüngeren angeln könnte, wenn sie genug von ihm hätte.
Doch jetzt sah Liz weg, als Box das Laken wegnahm. Er wischte mit dem Lappen über Marks Hüften und die Innenseite seiner Schenkel, vorsichtig nahm er sich seines Hodensacks an. Und dann reinigte er den zusammengeschrumpften Penis. Als er damit fertig war, breitete er wieder das Tuch über Marks Hüften.
»Okay, fertig.«
Sie hatten Marks Kleider in einer Sporttasche mitgebracht. Liz nahm sie nun heraus und breitete sie auf dem Waschtisch aus. Seine Schuhe kamen zuletzt, sie wirkten geradezu lächerlich groß in ihren Händen – Schuhe eines Zirkusclowns. Liz trat ans Waschbecken und stützte beide Hände auf den Rand. Sie atmete schwer. Einen Moment lang dachte Box, sie würde sich übergeben.
»Du machst das sehr gut.«
»Mir geht’s gleich wieder besser.«
»Bestimmt?«
»Los, machen wir weiter.«
Box nahm Marks Jeans von dem Kleiderstapel. Es war dieselbe, die er getragen hatte, als er am Samstag aus dem Haus gegangen war. Die Polizei hatte sie einen Tag einbehalten, vermutlich um nach etwas noch Schlimmerem als einem Selbstmord zu suchen. Als sie nichts gefunden hatten, brachte ein Polizist die Hose zurück, zusammen mit dem Rest seiner Kleider, seinem Handy und Portemonnaie. Liz hatte die Hose seitdem dreimal von Hand gewaschen. Sie stand in der fensterlosen Waschküche am Becken und schrubbte den Stoff, bis das Wasser kalt wurde und ihre Finger rot und schrumpelig waren.
Box zog die Hose über die Füße des Jungen. Er nahm ein Bein, Liz das andere. Sie hatten sie schon über die Knie hochgezogen, als Box plötzlich innehielt.
»Verdammt.«
»Was ist denn?«
»Wir haben die Unterhose vergessen.«
Die blauen Boxershorts lagen bei den anderen Sachen.
Ohne daß er es bemerkte, machte sich ein Grinsen auf Box’ Gesicht breit. Und dann fingen sie beide an zu lachen. Irgendwann weinte Liz wieder. Sie umarmten sich, und er lachte, und sie lachte und weinte, während sie nach Luft schnappte wie eine Ertrinkende. Alles zugleich.
Box wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als er bemerkte, daß der Bestatter seinen Kopf durch die Tür streckte. »Ist alles in Ordnung?«
Box nickte. »Ja, alles okay.«
»Es ist nur schwerer, ihn anzuziehen, als wir gedacht hatten«, setzte Liz hinzu.
»Vielleicht kann ich helfen? Ich habe viel Erfahrung damit.«
»Nein, vielen Dank«, sagte Liz. »Wir schaffen das schon.«
Als der Mann wieder weg war, lächelte Liz traurig. »Ich kann kaum glauben, daß wir vergessen haben, ihm
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