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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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gewesen, bevor sie auf verschiedene Schulen wechselten. Keith und Trudy waren so aufgeregt und verlegen gewesen wie eine Klosterschülerin in der Hochzeitsnacht. Aber immerhin hatten sie sich getraut. Die weniger Mutigen schickten Kondolenzkarten und Blumen. Der Bote klopfte nicht mal mehr, er brachte die teuren Blumenarrangements – Lilien und Chrysanthemen, selbst Orchideen auf weichem Schleierkraut – einfach rein und suchte nach einer freien Fläche zum Abstellen. Längst hatten sie keine Vasen oder sonstigen Behältnisse mehr. Zum Glück kamen die meisten Schnittblumen dieser Tage bereits in Pappvasen, die Stengel steckten in wassergefüllten Plastiksäcken.
    Ein SUV neuester Bauart hielt vor dem Haus, ein roter Nissan mit Doppelkabine und Ladefläche. In der Dämmerung erkannte Box den Mann, der ausstieg, nicht, bis er am Tor war. Es war Tipene. Er kam die betonierte Einfahrt herauf und blieb an den Stufen vor der Eingangstür stehen.
    »Können wir reden?«
    »Natürlich.«
    Tipene trat auf die Veranda, und sie gaben sich die Hand. Sie schauten auf den trockenen Rasen und die Straße mit den Häusern, von denen die Farbe abblätterte.
    »Wollen Sie eine Zigarette?« fragte Box.
    »Nein, vielen Dank. Damit habe ich vor Jahren aufgehört.«
    »Ich auch.«
    Tipene lächelte. »Wie war Ihr Tag?«
    »Beschissen.«
    Tipene verzog das Gesicht zu einem flüchtigen Ausdruck von Mitgefühl. »Stimmt. Dumme Frage.«
    Box zog an seiner Zigarette und wandte den Kopf, um den Rauch in eine andere Richtung zu blasen. Bei Gott, es würde ihm bestimmt kein Zacken aus der Krone brechen, wenn er freundlich zu dem Kerl wäre. Immerhin war er von sich aus gekommen. »Liz sagt, Sie sind im Tourismusgeschäft?«
    »Pacific Encounter oben in Kaikoura. Wir fahren mit den Leuten raus, um Delphine zu beobachten. Und wir bieten Hochseefischen an. Als wir angefangen haben, fuhr ich die Boote noch selbst, aber jetzt kümmere ich mich nur noch ums Geschäft.«
    »Wenn man lange genug denselben Job macht, endet man irgendwann hinter einem Schreibtisch.«
    »Heute würde ich einen Delphin nicht mal mehr erkennen, wenn ich über einen stolpere.«
    Box mußte zugeben, daß Tipene eine Lässigkeit hatte, die ihm gefiel. Er redete wie jemand, der niemandem etwas beweisen muß. Box kannte genug Leute, um zu wissen, wie selten das war. Schon zum zweiten Mal ertappte er sich dabei, daß er Tipene verstohlene Blicke zuwarf, um nach Spuren von Mark in seinem Gesicht zu suchen. Er konnte nicht anders.
    »Und wie läuft der Tourismus jetzt?«
    »Sehr viel schlechter als vor zwei Jahren. Viel weniger Leute. Diese verdammte Rezession ist schuld. Die Leute in Übersee fahren nicht in Urlaub, sondern hocken auf ihrem Geld. Aber wir haben noch niemanden entlassen müssen, es ist also nicht ganz so schlimm, wie die verdammten Zeitungen es darstellen. Lizzy hat erzählt, daß Sie Bauunternehmer sind?«
    Lizzy. Niemand nannte sie Lizzy. Nur ihre Mutter, bis dieses verrückte alte Huhn starb. »Ja. Das Geschäft ist allerdings total zusammengebrochen. Das ändert sich bestimmt irgendwann wieder, aber im Moment baut kein Mensch Häuser.«
    Box erwog kurz, Tipene die ganze traurige Geschichte von Saxton Construction zu erzählen. Es war verlockend, ihm erst mal klarzumachen, was für einen Riesenerfolg er gehabt hatte, bevor er allein durch schlechtes Timing diesen Schlag in die Magengrube bekam, der ihn von den Beinen holte. Doch noch während er daran dachte, wußte er, wie es klingen würde. Er stünde entweder als Angeber oder als Jammerlappen da – wahrscheinlich sogar als beides zugleich. Box schaute auf den fleckigen gelben Rasen und die Veranda, von deren Geländer die Farbe abplatzte. Er wünschte, er hätte dieses Gespräch mit Tipene auf der Terrasse seines früheren Hauses mit Blick aufs Meer und über die Stadt führen können. Hier war Box alles nur peinlich: die ausgeweideten Autowracks auf dem Rasen des Nachbarn, die Graffiti überall auf den Betonmauern, das heisere Bellen des immer an der Kette liegenden Schäferhunds ein paar Häuser weiter. Im verblassenden Licht wirkte alles grau und häßlich. Aber auch am hellichten Tag war es ziemlich deprimierend.
    Sie unterhielten sich eine Weile, hauptsächlich über die Wirtschaftskrise, dann verlor Tipene plötzlich seine Lockerheit. »Lizzy sagt, Sie haben schon eine Idee, wo Sie Mark beerdigen wollen?«
    »Ja, er wird in Governors Bay beerdigt. Drüben auf der Halbinsel.«
    Tipene nickte. Er

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