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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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hatten?
    Der süßliche Verwesungsgeruch stieg ihm in die Nase. Am Abend hatte er alle Räume durchsucht, die Schränke aufgemacht und mit der Taschenlampe hineingeleuchtet, doch er hatte kein totes Tier gefunden. Vielleicht war etwas in der Zwischendecke verendet und hatte den Gestank als Abschiedsgruß hinterlassen.
    Er schälte sich aus dem Schlafsack. Außer seinen Stiefeln, dem Buschhemd und der Jacke hatte er alles angelassen. In seinen dicken Wollsocken stapfte er zum Kamin und legte zwei Rindenstücke auf. Er ging in die Hocke und blies in die Asche, die zu seiner Erleichterung aufglühte. Er legte noch Anmachholz dazu, und fast sofort züngelten blaue Flammen hoch.
    Er trat ans Fenster. Durch die linke obere Ecke, wo die Bretter nicht aneinanderstießen, konnte er hinaussehen. Es hatte gefroren. Die Veranda war dick mit Reif überzogen.
    Raus und sich waschen, das würde ihn wieder zu einem Menschen machen. Und er brauchte Wasser, um Tee zu kochen, er hatte ein paar Beutel im Rucksack. Kaffee wäre ihm lieber gewesen, aber starker schwarzer Tee tat es auch, dazu ein Teller weiße Bohnen, die er sich über dem Feuer heißmachen würde. Alles fühlte sich besser an, wenn man einen Plan hatte, selbst wenn er sich nur auf die nächste Stunde bezog.
    Er zog Stiefel und Jacke an und öffnete die Hintertür. Er ging zu der Furt zurück, einen Wasserkessel am Arm und ein altes Badetuch in der Hand, mit Zahnbürste und Zahnpasta.
    Als er versucht hatte, sein Handy anzumachen, war das Display schwarz geblieben. Er hatte den Akku rausgenommen und wieder eingesetzt. Nichts. Die wahrscheinlichste Erklärung: Der Akku mußte geladen werden. Doch er hatte nicht daran gedacht, das Ladekabel mitzunehmen. Ohne sein Telefon wußte er nur, es war so früh, daß der Schatten des Bergs im Osten noch über dem ganzen Tal lag. Das Gras war so fest gefroren, daß sich die Halme unter seinen Füßen nicht bogen, sondern brachen. Es herrschte völlige Windstille, und er konnte hinter sich weit ins Land sehen, über dem der Rauch aus dem Kamin senkrecht aufstieg.
    Am Bach ging Box in die Knie und schöpfte sich mit den Händen Wasser ins Gesicht und in den Nacken. Dann goß er mit dem Kessel Wasser über seinen kahlrasierten Kopf, bis die Kopfhaut kribbelte.
    Auf der anderen Seite des Bachs war das Gestrüpp so dicht, daß er kaum weiter als zwei Meter tief hineinsehen konnte. Dahinter begann der Wald. Als er aufstand und sich den Kopf abtrocknete, sah er sich um. Es gab keinerlei Anzeichen, daß irgend etwas Ungewöhnliches vor sich ging, keine rachsüchtigen Maori jedenfalls, nur das bereifte Tal und die Berge, deren steile Hänge so dicht bewaldet waren, daß er mit einer Machete mindestens einen halben Tag brauchen würde, um sich einen Weg bis zu einem Viertel der Höhe zu bahnen. Box putzte sich die Zähne und spuckte ins Gras vor seinen Füßen.
    Da war ein Hund.
    Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr und wandte sich wieder zum Bach zurück. Der Hund stand völlig reglos da und schaute ihn an. Er mußte aus dem Gestrüpp aufgetaucht sein, durch Wald und Unterholz gekommen. Jetzt stand er etwa fünf Meter von Box entfernt, nur der seichte Bach trennte sie. Ein massiger Kopf, aus dem sich kleine braune Augen auf ihn richteten. Box konnte keine bestimmte Rasse ausmachen – vielleicht halb Labrador oder ein Viertel Kelpie –, einfach eine Promenadenmischung mit kurzen Beinen und breiten Schultern. Aber welche Rassen da auch immer zusammengeflossen sein mochten, er ähnelte jedenfalls ein bißchen zu sehr jenem rotäugigen Monster, das man in der Zeitung abgebildet findet, wenn mal wieder ein Kind zerfleischt worden ist. Box erstarrte zur Salzsäule.
    Der Hund zuckte und rannte am Ufer entlang nach links, dann drehte er um und kam an die Stelle zurück, an der er aus dem Dickicht aufgetaucht war. Er entschloß sich und sprang ins Wasser. Er brauchte etwa so lange, um ans andere Ufer zu gelangen, wie Box, um drei Schritte zurückzuweichen. Er wurde stocksteif, als der Hund ihn umkreiste. Er schnüffelte an Box’ Stiefeln und Hose, sein Atem dampfte in weißen Wölkchen durch die Kälte. Aus der Nähe sah Box, daß sein Fell fast überall dunkelbraun war, lediglich auf einer Schulter hatte er einen hellen Fleck und auch ein paar Narben, ebenso an der Seite. An der Schnauze waren Tupfen, die nach Blutstropfen aussahen.
    Als Box sich gerade an den Gedanken gewöhnt hatte, daß ein Hund aus dem Nichts auftauchen kann, erschien

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