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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
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wie Hyänen vor! Besucht mich lieber auf der Farm — dort gefallt ihr mir
besser.«
    In Gesellschaft wurde Dick so oft als
Dr. Brandt vorgestellt, daß er drohte, sich ein Schild umzuhängen: ›Ith bin
Anwalt.‹ Obwohl er durch dieses Mißverständnis eine Menge interner
Informationen über die Damen zu hören bekam, behauptete er, es sei ihm zu
anstrengend, auf die Frage zu antworten, was er von Hypercholesterämie halte.
    Seit zehn Jahren lebten Betsy und Dick
in einem wahren Ärztenest.
    Pete Roberts hatte ihre sämtlichen fünf
Kinder entbunden. Ich muß zugeben, daß sich Betsys Behandlung vor und nach der
Entbindung auf ein Minimum beschränkte. Sie ging nicht öfter als dreimal zu
Pete — zweimal vor der Niederkunft, einmal nachher. Pete sah ein, daß das auf
eine primitive Angst vor Ärzten überhaupt zurückzuführen sei, und informierte
sich über ihr fortschreitendes Befinden durch geschickte Fragen im
Freundeskreis, ohne daß sie etwas merkte.
    Bob Murphy hatte Dicks Blinddarm
entfernt und die Knochenbrüche der Kinder geschient. Bob und Jinny kamen nicht
so oft auf die Farm wie wir, aber sie nahmen an allen sommerlichen Strandfesten
teil und auch an der großen Weihnachtsfeier, die unter dem Namen ›Der Arzt im
Dilemma* bekannt war.
    Dick Martin betreute die Kinder. Betsy
litt in diesem Punkt an einer Zwangsneurose und ließ die Kinder viel häufiger
untersuchen, als nötig gewesen wäre. Dick und Barbara Martin machten mindestens
einmal im Monat einen Besuch auf der Farm und blieben dann für gewöhnlich über
Nacht.
    Jim und Tod teilten sich völlig
unparteiisch in die Magenverstimmungen und Erkältungen der Familie Brandt. Die
Diagnosen wurden meistens am Strandfeuer oder am Eßtisch gestellt — mit der
unbeschwerten Vertraulichkeit, die das ärztliche Korps seinesgleichen
entgegenbringt.
    Neben der Farm — achtzig Hektar — ,
fünf Kindern und einem ständigen Strom von Gästen hatte Betsy noch eine weitere
Aufgabe zu bewältigen. Sie hielt Vorträge über Blumenarrangements zugunsten
verschiedener Kinderkrankenhäuser.
    Sie war auf einer Vortragsreise
gewesen, und wir hatten sie drei oder vier Monate lang nicht zu sehen bekommen.
Natürlich waren wir auf der Farm, um Dick und die Kinder zu besuchen, und
hatten festgestellt, daß ihnen so trostlos zumute war wie allen Leuten, die
eine lebhafte Gattin und Mutter vermissen. Hans und Helga sorgten in bester
Weise für das leibliche Wohl, aber wenn Betsy weg war, nahm sie fast das ganze
Leben ihrer Familie mit.
    Sie hatte uns aus Montana geschrieben,
uns Karten geschickt und uns ermahnt, weder das ›Inselbenefiz‹ noch die Sachen
in der Reinigung zu vergessen.
    Das ›Inselbenefiz‹ zugunsten des
Kinderkrankenhauses fand jedes Jahr statt. Betsy pflegte die Vernachlässigten
einzuladen, die Kinder sollten sie mitnehmen, dann würde man zusammen am Strand
zu Abend essen. Die Herren Doktoren würden das Vieruhrboot nehmen, und Helga
und Hans würden, während wir uns den Vortrag anhörten, die Kinder betreuen.
    Als wir durch die leuchtend bunte
Herbstlandschaft zum Schulhaus gingen, sagte Maggie: »Bevor sie wegfuhr, rief
sie mich an und sagte, sie könne sich kaum noch weiterschleppen. Immerzu kämen
Kälber, Lämmer und Ferkel zur Welt — und natürlich fühlt Betsy sich
verpflichtet, in jedem einzelnen Falle die Hebamme zu spielen. Ich schlug ihr
wieder einmal vor, Pete aufzusuchen, aber sie hat es selbstverständlich nicht
getan.«
    »Bestimmt war sie bei sich zu Hause bei
dem Hausgespenst, das sich schon seit ewigen Zeiten den Kopf darüber zerbricht,
was ihrer Familie eigentlich fehlen mag! Der einzige Arzt, zu dem sie
freiwillig geht. Er hat sie auf die Welt befördert! Wetten, daß er genauso
überrascht war wie sie!« Faith stieß mit dem Fuß gegen einen Baumstamm,
murmelte: »Dummes Frauenzimmer!« und ging weiter.
    »Sowie die Kinder niesen, schleppt sie
sie zum Arzt — «, fügte Barbara Martin hinzu.
    Maggie lachte. »Solange sie nicht
selbst das Opfer ist, schwärmt sie für alles, was mit Medizin zu tun hat. Sie
trägt uns wie ein Amulett um den Hals, um die Krankheiten zu verscheuchen!«
    Das kleine braune Schulhaus war
überfüllt. Die schrillen, neugierigen Stimmen der versammelten Damen
bewunderten mit verzücktem Ah und Oh die großen Blumenkörbe aus Betsys Garten,
die Berge von Ähren, Unkraut und Samenschoten und das lange Wandbrett mit
Behältern, die Betsy gesammelt hatte.
    Auf dem Podium stand ein brauner

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