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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
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solche Gesichtsfarbe hat, ist man nicht bloß übermüdet — sie
muß zwanzig Pfund abgenommen haben — ihre Stimme klingt matt —« Wir wandten uns
an Maggie. »Wann hast du sie zuletzt gesehen?«
    »Ich denke gerade nach — sie rief mich
an, um Adieu zu sagen — das habe ich schon erwähnt — aber ich habe sie in den
letzten vier Wochen vor ihrer Abreise nicht mehr gesehen. Vorher kam sie einmal
in die Stadt, um Einkäufe zu machen, und wir aßen zusammen.« Maggie biß sich
auf die Lippen und dachte nach, dann schüttelte sie den Kopf, und in ihren
weitaufgerissenen Augen spiegelte sich dieselbe unausgesprochene Befürchtung,
die uns alle erfüllte. »Leute, die man gern hat, schaut man nicht so genau an,
man weiß ohnedies, wie sie aussehen. Betsy ist immer so rund und braun und
gesprenkelt gewesen wie ihre Plymouth-Rock-Eier. Vielleicht war sie damals
schon ein wenig schmaler — das ist sie im Frühjahr immer — aber nicht so — «
Maggie sah uns der Reihe nach an. »Ich habe versucht, sie zu Pete zu schicken —
Ihre Mutter und ihre Schwestern...«
    »...sind an Krebs gestorben. Deshalb
hat sie Angst, zum Arzt zu gehen und sich untersuchen zu lassen.« Faith betonte
jedes einzelne Wort, und ihre Stimme klang erbittert. »Wenn sie eine Geschwulst
in der Brust hat, und der alte Esel bei ihr zu Hause hat es gewußt und hat
abgewartet, ob sie größer wird, dann schwöre ich, daß ich ihn mit bloßen Händen
erwürge!«
    Maggie packte sie beim Arm. »Pst,
Schatz, da kommt sie!«
    Betsy kam auf uns zu, beladen mit
leuchtendem Herbstlaub, einem Strauß schimmernder Chrysanthemen und mehreren
Büscheln Weizenähren und Samenschoten.
    »Ich habe gewußt, ihr würdet diese
astronomischen Preise für meine Arrangements nicht bezahlen wollen, und wenn
wir nach Hause kommen, werde ich für jede von euch eins zurechtmachen, obwohl
ihr es nicht verdient! Ihr seid mir schöne Arztfrauen — wollt nicht mehr als
zwei Dollar für das Kinderkrankenhaus bieten!« Sie reichte jedem von uns ein
Büschel Pflanzen. »Zumindest könntet ihr euch ein bißchen anstrengen und mir
tragen helfen.«
    Als wir zur Farm gingen, hatte ich zum
erstenmal das Gefühl, daß die wunderbaren herbstlichen Farben nicht nur die
satte Zeit der Ernte und Erfüllung, sondern auch ein Lebewohl an den geliebten
Sommer bedeuteten. Die Bäume schienen nur ungern die vergilbten Blätter
herzugeben, und die Wolkenschatten auf den Feldern machten einen recht
trostlosen Eindruck.
    Maggie drückte meinen Arm. Ihre Augen
waren voller Tränen. »Mary, ich kann es nicht aushalten.«
    »Vielleicht ist sie wirklich zu müde.
Schließlich vermuten wir ja bloß, es könnte Krebs sein — wegen der Familie. Wir
wissen es nicht.«
    »Vergiß nicht, daß ich im Laboratorium
gearbeitet habe«, sagte Maggie düster und ging weiter.
    Auf dem Nachhauseweg machten wir halt,
um den Kindern zuzuschauen. Sie tanzten um ein loderndes Strandfeuer herum,
rösteten Würstchen und Kartoffeln und tranken aus großen Krügen Milch. Betsy
betrachtete sie zärtlich. »Wollt ihr sie nicht über Nacht hierlassen?« Wir
protestierten. »Wir bringen sie in Schlafsäcken unter. Bleibt doch alle hier!
Ich habe euch seit einer Ewigkeit nicht gesehen. Zu essen gibt’s genug, und
euch ist es doch egal, wo ihr schlaft.«
    »Wir wollen erst sehen, ob wir nach dem
Essen noch genügend Kräfte übrig haben«, sagte Faith. »Wenn die lieben Kleinen
erst einmal gefuttert haben und zu plärren beginnen, wird es nicht mehr so
lustig sein.«
    Betsy ging ins Haus, um mit Helga wegen
des Abendessens zu sprechen, und rief über die Schulter zurück, sie wolle ein
Bad nehmen, wir sollen hereinkommen und uns etwas zu trinken geben lassen.
    Die Männer standen vor dem Kamin im
Wohnzimmer, Flinten in der Hand, und unterhielten sich über die bevorstehende
Fasanenjagd. Zu ihren Füßen lagen Hunde wie die Speichen eines Rades und
hechelten in der Wärme des Feuers. Dick gab jeder von uns ein Glas heißen
Rumgrog und kehrte uns dann wieder den Rücken, um den anderen Herren den
kleinen Waldweg aufzuzeichnen, der in das Salbeigesträuch hinaufführt. »Dort
wimmelt es von Fasanen, aber sie verstecken sich in dem trockenen Flußbett.«
Tod und Jim beugten sich über seine Schulter und sahen ihm hingerissen zu. Dick
machte einen letzten krummen Strich und lehnte sich zurück. »Nächste Woche
ziehen wir los. Na, ihr Frauen, wie hat sich Betsy gehalten? Als sie gestern
nacht hier ankam, sah sie erbärmlich

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