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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Bard
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lustiger,
geschäftiger Menschen, die mit selbstmörderischer Unbekümmertheit auf- und
abspringen — an die Reklametagung selbst, prunkvoll, mammuthaft und lärmend —
an mein Erstaunen, wenn ich ins Hotel stürzte, um mich umzuziehen, und
entdecken mußte, einerlei, was ich auch anhatte, daß ich untertags in meinem
Baumwollkleidchen verschmachtete und nach vier Uhr nachmittags im Pelzmantel
fror, obwohl die einheimischen Frauen die ganze Zeit im Kostüm herumgingen,
frisch und adrett aussahen wie Brüsseler Spitzen und sich durchaus wohl zu fühlen
schienen... Ich beendete diesen Lobgesang mit der Feststellung, ich für meine
Person hätte bestimmt nicht die Absicht, mich dem Frauenkomitee anzuschließen.
Dumme Weiber, die lieber mit einer anderen Horde Weiber umherkutschierten,
statt die Gesellschaft ihres Mannes zu genießen, verdienten nichts Besseres,
als in ihren Hotelzimmern zu verrotten.
    Maggie fragte mich, wie ich auf den
Gedanken käme, die Herren Doktoren würden uns Gesellschaft leisten, nur weil
wir gerade in San Francisco wären. Schließlich handle es sich um einen
Ärztekongreß. Sie war ein wenig verbittert, weil die Aushilfe, die sich um die
Kinder kümmern sollte, mit allen möglichen Einwänden kam und sich nicht recht
entschließen wollte, auf kleine Jungens aufzupassen. »Ich möchte wissen, warum
sie so ein Geschrei macht. Sie braucht doch nur eine Woche zu bleiben, während
ich sie das ganz Jahr um mich haben muß.« Es war eine beschwerliche Zeit.
    Wir beschlossen, uns die Mäntel und
Kostüme der Klubmitglieder, die nicht mitfuhren, auszuborgen, um recht schick
zu sein. Mit dem wilden Furor einer Heilsarmeekampagne eilten wir von Haus zu
Haus, rissen alles an uns, was die armen Opfer nicht gerade am Leibe trugen,
schleppten es nach Hause und teilten es unter uns auf. Nachdem wir eine
sorgfältige Auswahl getroffen hatten, gelang es uns schließlich, die geborgten
Kleider in sechs geborgte Koffer zu stopfen — drei für jede von uns. Jim und
Pete waren entschieden dagegen. Es handle sich nicht um eine Safari in die
Wüste Gobi, sondern um einen achttägigen Aufenthalt in San Francisco. Sie
wollten uns nicht mehr gestatten als einen kleinen Koffer und ein
Reisenecessaire. Sumie brachte es fertig, den ganzen Kram in einen einzigen
Handkoffer zu packen. Dann ging sie zu Maggie hinüber und leistete ihr denselben
Dienst. Außerdem schleppte sie eine ältere Schwester an, die sich bereit
erklärte, bei Maggies Kindern zu bleiben. »Wir sind an kleine Jungens gewöhnt.«
    Eine Stunde vor Abgang des Zuges kam
Jim nach Hause, füllte seinen Handkoffer mit Papieren, Büchern, Diapositiven
und Fachzeitschriften, stopfte vier Hemden und eine Zahnbürste in eine
Weekend-Tasche und war reisefertig.
    Kaum saßen wir im Zug, zogen sich Jim
und Pete in eine Ecke zurück, öffneten ihre Koffer und begannen Manuskripte zu
sortieren und herumzustreuen, ohne sich um uns zu kümmern.
    Maggie sagte: »Wir wollen nicht auf sie
warten, wir gehen jetzt in den Speisewagen und essen uns durch die ganze
Speisekarte durch. Stell dir nur vor — eine volle Woche in einem erstklassigen
Hotel, ohne daß man zu kochen braucht!«
    Im Speisewagen überlegten wir uns, wie
es wohl auf dieser Tagung zugehen würde. Maggie erinnerte sich, daß sie sechs
Monate vor jedem Kongreß des Ärzteverbandes vollauf damit beschäftigt gewesen
war, für sämtliche Ärzte des Krankenhauses Objektträger vorzubereiten und
Museumspräparate in Ordnung zu bringen, eine schreckliche Schufterei — bis sie
blind war wie ein Maulwurf. Wenn alle technischen Hilfskräfte im ganzen Lande
das gleiche täten, ließe sich ohne weiteres begreifen, daß es Hunderte von
Kilometern bunter Objektträger geben würde, ganz zu schweigen von den
Museumspräparaten, die etliche Morgen Landes bedecken würden. Sie hätte Lust,
einen ganzen Tag in der medizinischen Ausstellung zu verbringen, sei es auch
nur, um sich selber zu beweisen, daß sie lieber verheiratet sei.
    Ich hatte vor, mir die technische
Ausstellung anzuschauen. Damals auf dem Reklamekongreß waren schöne,
leichtbekleidete Modelle herumspaziert, berühmte Kapellen hatten an beiden Enden
der riesigen Halle musiziert. Maschinen aller Art, das Motorengeräusch zu einem
vornehmen Surren herabgedrosselt, wuschen, plätteten, kochten oder nähten.
Boxkämpfe fanden statt, und die Weltmeister lagen nur so auf dem Boden herum
wie leere Erdnußschalen. Purpurner Samt, goldene Litzen und riesige

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