Seuchenschiff
Öffnung der Bootsgarage, erfüllt mit dem roten Lichtschein der Bereitschaftslampen, vor sich auftauchen sah. Die
Oregon
war derart perfekt ausbalanciert, dass der Rand der Rampe, die sie benutzten, um die Zodiacs und ihr Sturmboot zu Wasser zu lassen, nur geringfügig tiefer lag als die Fahrbahn der Küstenstraße.
Genau zweiundfünfzig Stundenkilometer einhaltend, gelangte er zum Ende der Straße, übersprang die vielleicht dreißig Zentimeter breite Spalte zwischen der mittlerweile zerstörten Brücke und der
Oregon
und landete im Innern des Schiffes. Er rammte den Fuß auf die Bremse und flog in ein verstärktes Netz, das gewöhnlich aufgespannt wurde, um Boote bei Hochgeschwindigkeitsmanövern zu stoppen. Der Airbag des Jeeps wurde ausgelöst, blähte sich mit einem Knall auf und fing Juan auf, als sein Körper zusammen mit dem Jeep jäh abgebremst wurde.
Draußen hörte er Bremsen quietschen. Reifen krallten sich in die Straße, aber nicht hart genug. Seitwärts schleudernd, krachte der verfolgende Jeep mit einem dumpfen Dröhnen gegen den Schiffsrumpf. Metall rieb sich an Metall, als die
Oregon
den Jeep gegen die Kanalwand schob und das Fahrzeug mitsamt seinen Insassen plattdrückte, bis Eric Stone einen leichten Schub zur anderen Seite auslöste und der Jeep in die Fluten stürzte.
Max tauchte neben Cabrillo auf und half ihm, sich unter dem mittlerweile wieder erschlafften Airbag herauszuarbeiten. »Plan C, was?«
»Er hat doch funktioniert, oder etwa nicht?« Sie verließen die Bootsgarage, wobei Juan sich ein wenig schwerfällig bewegte. »Wie geht es Kyle?«
»Er liegt noch betäubt unten bei Hux in der Sanitätsstation.«
»Ich glaube, wir werden ihm schon den Kopf zurechtrücken.«
»Ich weiß.« Max blieb stehen und blickte Juan voller Ernst in die Augen. »Ich danke dir.«
»Du brauchst dich nicht zu bedanken.« Sie schlugen die Richtung zum Krankenrevier ein.
»Wenn Plan C schon so verrückt war, musst du mir unbedingt von Plan D erzählen.«
»Gerne.« Juan grinste. »Bei dem gab es nur das einzige Problem, dass wir nicht genug Elefanten hätten zusammentreiben können, um Hannibals Marsch über die Alpen einigermaßen echt zu imitieren.«
16
Ein Patrouillenboot der griechischen Küstenwache näherte sich der
Oregon,
während die untergehende Sonne den Horizont berührte. Nach einer wilden Sechzig-Meilen-Fahrt nach Verlassen des Kanals von Korinth waren sie mit konstanten vierzehn Knoten unterwegs, einer angemessenen Geschwindigkeit für einen derart heruntergekommenen Frachter. Der fette Qualm, der aus dem Schornstein quoll, ließ vermuten, dass die Maschinen genauso viel Öl verbrannten wie Dieseltreibstoff. Als sich der Kapitän des fünfzehn Meter langen Patrouillenbootes meldete, klang er nicht so, als nehme er an, dass ein vor Rost starrender Frachter, der so weit vom Ort des Geschehens seine Bahn zog, mit den Ereignissen auch nur entfernt in Verbindung gebracht werden konnte.
»Nein, Captain«, schwindelte Juan fröhlich. »Wir sind nicht mal in der Nähe von Korinth gewesen. Wir hatten Kurs auf Piräus, als unser Agent per Funk meldete, dass unser Vertrag, Olivenöl nach Ägypten zu bringen, storniert wurde. Wir fahren weiter nach Istanbul. Außerdem glaube ich, dass dieses alte Mädchen gar nicht in den Kanal passt. Sie ist ein wenig zu breit in den Hüften.« Cabrillo lachte. »Und wenn wir eine Brücke erwischt hätten, wäre unser Bug ziemlich ramponiert. Wie Sie sehen können, ist das aber nicht der Fall. Sie können gerne an Bord kommen und sich umschauen, wenn Sie wollen.«
»Das ist nicht nötig«, erwiderte der Kapitän der Küstenwache. »Die Geschichte ist hundert Kilometer von hier passiert. Wenn ich mir Ihr Schiff ansehe, hätte es für diese Strecke mindestens acht Stunden gebraucht.«
»Und das auch nur mit Rückenwind«, meinte Juan.
»Falls Sie irgendwelche Schiffe sichten, die sich seltsam verhalten oder irgendwelche Schäden am Bug haben, melden Sie das bitte unverzüglich den Behörden.«
»Verstanden, und gute Jagd.
Atlantis
Ende.« Juan winkte dem kleinen Kutter von der Laufbrücke aus zu und ging wieder hinein, wo er erleichtert ausatmete. Er hängte das Funkmikrofon an seinen Haken. Die Schnur ringelte sich auf dem Boden.
»Musstest du sie unbedingt einladen, an Bord zu kommen?«, fragte Eddie von seinem Platz am Ruder aus, wo er so tat, als lenke er das Schiff.
»Sie hätten die Einladung niemals angenommen. Die Griechen wollen irgendjemanden wegen
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