Seuchenschiff
um die düstere Stimmung zu vertreiben. »Sie brauchen es auch nicht zu verstehen. Sie müssen nur bereit sein, Ihrem Sohn zu zeigen, wie sehr Sie ihn lieben.«
»Wissen Sie etwas über das Zentrum der Responsivisten auf den Philippinen?«, fragte Eddie, um das Thema zu wechseln.
Jenner überlegte. »Nichts Spezielles. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie dort Kliniken für Familienplanung eingerichtet hätten, aber … Nein, warten Sie, das stimmt. Es wurde davon gesprochen, ein neues Heim zu eröffnen. Ich glaube, sie haben irgendwo Land gekauft, aber gebaut wurde bisher nichts. Oder zumindest nur wenig.«
»Und was wissen Sie darüber, dass ein Kreuzfahrtschiff gechartert wurde?«
»Meinen Sie die
Golden Dawn?
Eine furchtbare Tragödie. Ich vermute, so etwas nennen sie ein Kreuzfahrt-Seminar, eine Art Exerzitien für Mitglieder. Sie haben das während der letzten zwei Jahre des Öfteren gemacht. Dann chartern sie ein ganzes Schiff oder buchen mindestens die Hälfte aller Kabinen und veranstalten Versammlungen und sprechen über ihre Bewegung. Ich habe mal an so einer Reise teilgenommen, nur um mir anzusehen, wie das Ganze abläuft. Mir kam es so vor, als wäre es eine Werbeveranstaltung, um einsame Witwen anzulocken, die sich vom Geld ihrer verstorbenen Männer ein luxuriöses Leben leisten können.«
Jenner erhob sich. »Ich sollte mal nach Kyle sehen.«
Als er den Raum verlassen hatte, ging Max zum Sideboard, auf dem Flaschen mit Spirituosen aufgereiht standen wie Soldaten bei einer Parade. Er schenkte sich einen Schuss Whiskey in ein Glas und fragte Eddie mit einer Geste, ob er auch etwas trinken wolle. Der Ex-Agent lehnte dankend ab.
»Das hier ist keine Mission«, sagte Max und trank einen Schluck. »Du brauchst keine Abstinenz zu üben.«
»Trotzdem. Was denkst du?«
»Ich glaube, wir haben mit ihm einen Volltreffer gelandet. Er weiß, womit er es zu tun hat. Und du?«
»Das denke ich auch. Linda hat einen Glücksgriff getan, und ich bin ganz sicher, dass Kyle gerettet wird.«
»Danke für deine Fürsorge«, sagte Max, aber hinter seinen Worten steckte viel mehr.
»Du hättest das Gleiche für jeden von uns getan.«
Max’ Mobiltelefon vibrierte. Er holte es aus der Tasche. Das Display nannte »Juan« als Anrufer.
»Wir sind gesund und wohlbehalten angekommen«, sagte er an Stelle einer Begrüßung.
»Das höre ich gern«, erwiderte Cabrillo. »War Jenner schon da?«
»Ja. Eddie und ich haben gerade darüber gesprochen, welches Glück wir hatten, ihn gefunden zu haben.«
»Na wunderbar.«
»Wie sieht es auf der
Oregon
aus?«
»Ich habe gerade mit Langston telefoniert. Ich glaube, Julia muss mir einen Kolostomiebeutel anlegen, denn er hat mir den Arsch aufgerissen, weil wir mit dem Schiff durch den Kanal von Korinth gerauscht sind.«
»Er war wohl ein wenig verärgert, nicht wahr?«
»Lieber Freund,
verärgert
ist nicht das richtige Wort. Er versuchte auf allen möglichen Kanälen, die Griechen davon zu überzeugen, dass das Ganze keine Terroristenaktion war, mit dem Ziel, den Kanal zu zerstören. Sie wollen sogar die NATO zu Hilfe rufen.«
Max schüttelte den Kopf. »Was habe ich dir zu deinem verdammten Plan C gesagt.«
Juan kicherte. »Wenn irgendeine Operation in der Zukunft noch mal einen Plan C erforderlich machen sollte, erhältst du meine Kündigung.«
»Das habe ich gehört, und Eddie ist mein Zeuge.«
Cabrillo wurde wieder ernst. »Wie macht sich Kyle?«
»Er dürfte in Kürze aus seinem Betäubungsschlaf aufwachen. Dann werden wir es erfahren.«
»Ein ganzer Haufen Leute ist hinter euch beiden her.«
»Das war eine haarige Angelegenheit«, gab Max zu. »Um einiges haariger, als ich angenommen hatte.«
»Er ist dein Sohn. Selbst wenn ihr beide euch nicht sehr nahe steht, du liebst ihn ja trotzdem. Daran ist nicht zu rütteln.«
»Ich bin nur so unendlich wütend.«
»Nein, Max, du fühlst dich schuldig. Das sind zwei verschiedene Dinge, und du solltest darüber hinwegkommen, sonst kannst du ihm nicht helfen. So spielt das Leben nun mal. Einige Dinge können wir ändern, andere nicht. Du musst nur klug genug sein, um den Unterschied zu erkennen, und entsprechend handeln.«
»Ich komme mir vor, als hätte ich ihn im Stich gelassen, weißt du.«
»Und es gibt auf der ganzen Welt keine Eltern, die zu irgendeinem Zeitpunkt nicht das gleiche Gefühl im Hinblick auf ihre Kinder gehabt haben. Das gehört alles dazu.«
Max ließ sich durch den Kopf gehen, was Cabrillo
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