Seuchenschiff
Es dauerte länger als ein Jahr, bis sich das Becken gefüllt hatte, und sie schätzen nun, dass neben den Wasserfällen des Bosporus die Niagarafälle nur ein harmloses Plätschern waren.«
Cabrillo staunte. »Das wusste ich nicht.«
»Dies alles ist auch erst in den letzten Jahren bestätigt worden. Davor wurde davon gesprochen, dass diese Katastrophe als Ursprung der biblischen Sintflut betrachtet werden könne, aber sowohl Wissenschaftler als auch Theologen waren sich darin einig, dass dies nicht der Fall war.«
»Es scheint, als wäre mit unserer Entdeckung die Diskussion nicht beendet. Moment mal«, sagte Juan, als ihm ein Gedanke kam. »Diese Tafeln wurden in Keilschrift beschrieben. Die stammt aus Mesopotamien und Samaria. Nicht aus der Schwarzmeerregion.«
»Wie ich schon sagte, dies ist eine sehr frühe Form der Schrift, und sie wurde höchstwahrscheinlich von Menschen nach Süden gebracht, die die Schwarzmeerregion verließen, und dann von diesen anderen Zivilisationen übernommen. Glaub mir, Juan, die Tafeln, die ihr gefunden habt, dürften unser Verständnis der Frühgeschichte grundlegend verändern.«
»Davon gehe ich aus. Weiter.«
»Okay, dieses eine Dorf am Meer glaubte also, dass das Wasser immer weiter ansteigen werde. Wie schon erwähnt, es dauerte ein Jahr, bis das Mittelmeerniveau erreicht wurde, daher kann ich mir gut vorstellen, wie sie die Auffassung des ewigen Ansteigens entwickelten. Sie schreiben außerdem, dass es wegen der vielen Flüchtlinge zu zahlreichen Krankheitsfällen kam.«
Julia Huxley ergriff das Wort. »Es werden die gleichen Krankheiten gewesen sein, denen wir heute in Flüchtlingslagern oft begegnen. Ich denke an Ruhr, Typhus und Cholera.«
Eric nahm den Faden seiner Geschichte wieder auf. »Anstatt sich dem Massenexodus anzuschließen, schlachteten sie die Gebäude ihrer Siedlung aus, um ein Schiff zu bauen, das groß genug war, um alle vierhundert von ihnen aufzunehmen. Sie nennen keine Maße, schreiben jedoch, dass der Holzrumpf mit Bitumen abgedichtet und anschließend mit Kupfer verkleidet wurde.
Wir befinden uns am Beginn der Kupferzeit, daher muss es eine sehr ergiebige Gegend gewesen sein, wenn sie genug von dem Metall zur Verfügung hatten, um den Rumpf eines Schiffes mit diesen Dimensionen damit zu bedecken. Sie nahmen Vieh wie Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen sowie Hühner und genug Futter mit auf das Schiff, um einen Monat durchhalten zu können.«
»Ich schätze auf Grund dieser Hinweise, dass das Schiff mindestens einhundert Meter lang war.«
»Der Computer bestätigt das. Er rechnete einhundertsechs Meter Länge und vierzehn Meter Breite aus. Wahrscheinlich hatte das Schiff drei Decks, wobei die Tiere ganz unten untergebracht waren, das Futter im mittleren Deck gelagert wurde und die Dorfbewohner das obere Deck einnahmen.«
»Wie sieht es mit dem Antrieb aus?«
»Segel.«
Cabrillo hob eine Hand. »Segel gab es erst zweitausend Jahre nach der Zeit, über die wir hier reden.«
Eric wandte sich dem Laptop zu, der vor ihm auf dem Konferenztisch stand. »Hier ist eine Übersetzung: ›Zwischen zwei hohen Masten auf dem Deck wurde ein Tuch aus Tierfellen aufgespannt, um den Wind einzufangen.‹« Er blickte hoch. »In meinen Ohren klingt das wie ein Segel.«
»Nicht zu glauben! Red weiter.«
»Das Wasser stieg am Ende hoch genug, um das Schiff zu tragen, und sie stachen in See. Es ist schon tragisch, denn sie müssen ihre Irrfahrt nicht lange vor dem Zeitpunkt begonnen haben, als sich der Wasserspiegel stabilisierte. Anderenfalls wären sie niemals aus dem Schwarzen Meer herausgekommen. Wie dem auch sei, sie blieben viel länger auf See als nur einen Monat. Überall dort, wo sie an Land zu gehen versuchten, fanden sie entweder kein Süßwasser, oder sie wurden von Leuten angegriffen, die sich bereits dort niedergelassen hatten.
Nach fünf Monaten, zahllosen Unwettern und dem Verlust von zwanzig Personen lief das Schiff auf Grund und war auch unter größten Bemühungen nicht mehr flottzukriegen.«
»Wo?«
»Die Gegend wird als ›eine Welt aus Fels und Eis‹ beschrieben.«
Julia beugte sich vor und lenkte damit Juans Aufmerksamkeit auf sich. »An dieser Stelle haben Eric und ich angefangen zu kombinieren und sind zu einem interessanten Ergebnis gelangt.«
»Okay. Also wo?«
»In Nordnorwegen.«
»Warum Norwegen?«
Eric nickte. »Ihr habt die Tafeln in einer Anlage gefunden, die die Einheit 731 des japanischen Militärs benutzt hat, um
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