Seuchenschiff
liebsten wäre er aus dem Bad hinausgestürmt und hätte sie mit bloßen Händen angegriffen. Er rechnete sich jedoch aus, dass er vielleicht fünf oder sechs Schritte weit käme, ehe Kovac ihn niedergeschossen hätte. Allein mit seiner Willenskraft zwang Max seinen Körper, sich zu entspannen. Sicher würde sich noch eine andere – bessere – Gelegenheit ergeben. Er müsste nur Geduld haben.
Nachdem die drei Männer hinausgegangen waren, schlich sich Max aus der Suite, versteckte sich im Schrank eines der unbenutzten hotelähnlichen Zimmer und ging davon aus, dass er einstweilen in Sicherheit war. So sehr sich sein Gehirn mit der Hölle beschäftigen wollte, die Severance und seine Bande zu entfesseln im Begriff waren, so konzentriert stellte Max sich die Frage, wie sie es bewerkstelligen würden.
Sie hatten einen Transceiver erwähnt. Die Freisetzung des Virus würden sie durch irgendeine Art von Aktivierungscode koordinieren. Max erkannte die Schwierigkeiten auf Anhieb. Eine normale Übermittlung, selbst auf Kurzwelle, würde niemals mit auch nur einem geringen Grad an Zuverlässigkeit die Welt umrunden. Es gab zu viele unterschiedliche Einflüsse von atmosphärischen Bedingungen bis hin zu Sonnenfleckaktivitäten, die die Übermittlung eines Signals empfindlich stören oder sogar vollständig verhindern konnten.
Sie werden es nicht auf Kurzwelle versuchen, dachte er.
Er erinnerte sich an den Tunnel im Kellergeschoss und die dicken Kupferdrähte sowie die zusätzlichen Stromgeneratoren, die die Responsivisten installiert hatten.
»Es ist eine verdammte ELF-Antenne«, flüsterte er und wusste nun genau, wie er Juan warnen konnte.
Er wartete, bis Kovac den geplanten Test durchgeführt hatte, ehe er sich in den Raum schlich, den er zuerst für das Kommunikationszentrum gehalten hatte. Er brauchte fast zwanzig Minuten, die seine Nerven bis zum Zerreißen beanspruchten, um dahinterzukommen, wie der ELF-Transceiver zu bedienen war. Dann justierte er die Frequenz und schickte folgende Botschaft:
OREGON HIER IST MAX VIRUS ANGRIFF 50 KREUZFAHRTSCHIFFE NICHT TÖDLICH SCHLIMMER ELF IST SCHLÜSSEL MIT ATOM ZERSTÖREN > 72 STUNDEN
Liebend gerne hätte er noch die Position des Transceivers hinzugefügt, aber er hatte keine Ahnung, wo er sich befinden mochte. Er würde sich darauf verlassen müssen, dass Hali das Signal bis zu seiner Quelle würde zurückverfolgen können. Er hatte außerdem das Wort Atom völlig bewusst benutzt, weil er das Gefühl hatte, sich in einem nahezu unzerstörbaren Bunker zu befinden, und konnte nur hoffen, dass Juan irgendeine Möglichkeit einfiel, ihn doch zu zerstören.
Max kehrte in sein Versteck im Wandschrank zurück, nachdem er sich aus der Minibar zwei Proteinriegel und ein Bier genommen hatte. Er war überzeugt, dass Severance angesichts der Tatsache, dass sich der Termin ihres Angriffs mit Riesenschritten näherte, im Bereich der Ausgänge würde Wachen aufstellen lassen. Daher wusste Max, dass er den unterirdischen Bunker nicht auf diesem Weg verlassen würde. Da er nicht die Absicht hatte, sich zu opfern, hatte er weniger als drei Tage Zeit, einen anderen Weg aus dem Komplex herauszufinden.
Thom Severance saß in seinem Büro und unterhielt sich mit Lydell Cooper, als jemand anklopfte. Er lehnte sich hinter seinem Schreibtisch zurück und nahm hastig die Brille ab, die er seit einiger Zeit tragen musste. Zelimir Kovac öffnete die Tür. Die ohnehin stets mürrische Miene des Serben hatte sich noch um einiges verfinstert. Was immer geschehen war, Severance erkannte, dass es nichts Gutes bedeuten konnte.
»Was ist los?«, fragte er.
»Es kam gerade in den Nachrichten, ein Todesfall auf einem Kreuzfahrtschiff in Istanbul. Es war einer unserer Leute auf der
Golden Sky,
Zach Raymond.«
»Er führte die Zelle an, die wir aufs Schiff geschleust haben, nicht wahr?«
»Ja, Sir.«
»Wissen wir Genaueres?«, fragte Cooper.
»Offensichtlich stürzte er vom Balkon im Atrium des Schiffes und war sofort tot.«
»War es ein Unfall?«
»So wurde es gemeldet, aber das glaube ich nicht. Es ist ein zu unwahrscheinlicher Zufall, dass ausgerechnet der Teamchef ums Leben kam.«
»Glauben Sie etwa, dass diejenigen, die hinter Kyle Hanleys Entführung stehen, Leute auf der
Golden Sky
haben?«, fragte Severance mit unverhülltem Sarkasmus. »Machen Sie sich nicht lächerlich. Es ist absolut unmöglich, dass da jemand irgendeine Verbindung erkennen könnte.«
»Es gibt noch mehr. Ich habe
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