Seuchenschiff
harten Zahlen nachweisbaren Überbevölkerung und dem ebenso anschaulich nachweisbaren Schwinden lebenswichtiger Ressourcen sowie den Folgen, die sich aus dem Zusammentreffen dieser beiden Faktoren ergaben, konnte er jedoch mehr anfangen, daher enthielt er sich eines Kommentars. Ihm reichte es, daran mitwirken zu dürfen, die Menschheit vor sich selbst zu bewahren. Und im Augenblick war er viel mehr daran interessiert, mögliche Feinde auf der
Golden Sky
zu suchen und zur Strecke zu bringen, als irgendeinem großartigen Erwachen beizuwohnen.
30
Juan Cabrillo nahm im Operationszentrum seinen angestammten Platz ein und lauschte aufmerksam Hali Kasims Ausführungen. Eddie Seng hielt sich zusammen mit Linc und zwei »Jagdhunden«, Mike Trono und Jerry Pulaski, im hinteren Teil des Raums auf. Mit Eric Stones Hilfe hatte Hali Kasim nicht weniger als ein Wunder vollbracht.
»Während Max auf Sendung war, nahm ich Kontakt mit einigen Hobbyfunkern auf, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe, und bat sie, auf Max’ Frequenz zu gehen. Ich ließ sie die Uhrzeiten der für uns zuständigen Satelliten genau bestimmen, so dass wir hundertprozentig synchron waren. Während die Buchstaben nacheinander ankamen, ließ ich die genaue Zeit ihres Eintreffens notieren. Nun ist es aber so, dass sich Radiowellen in unterschiedlichen Materialien mit unterschiedlicher Geschwindigkeit ausbreiten, daher waren noch einige zusätzliche Berechnungen notwendig. An diesem Punkt kam Eric zum Zuge. Er rechnete diese Diskrepanzen mit Hilfe seines Computers so heraus, dass wir am Ende eine Gleichung mit den Faktoren Zeit und Entfernung erhielten und auf diese Art und Weise mittels Triangulation die Position des Transceivers bestimmen konnten.«
Er tippte kurz etwas auf seiner Computertastatur, und auf dem Hauptmonitor erschien die Luftaufnahme einer kahlen Insel. Sie war wie eine mit Klippen umgebene Träne geformt, bis auf einen unwirtlich aussehenden Steinstrand an der südlichen Spitze. Das Gelände war hügelig und wies so gut wie keine Vegetation auf, außer einigen kleinen Grasflächen und ein paar vom ständigen Wind bizarr verformten Bäumen. Der Maßstabsangabe am unteren Rand des Bildes zufolge war die Insel etwa dreizehn Kilometer lang und gut drei Kilometer breit.
»Dies ist die Insel Eos. Sie liegt sechs Kilometer vor der türkischen Küste im Golf von Mandalay. Die Griechen und die Türken streiten sich schon seit zwei Jahrhunderten um die Insel, obwohl ich, nach dem zu urteilen, was wir gefunden haben, nicht begreifen kann, weshalb. Rein geologisch betrachtet ist sie durchaus interessant, weil sie im Grunde nichts anderes als ein präkambrischer Felsklotz in einer Zone vulkanischer Aktivität und grundsätzlich unbewohnbar ist. Dieses Bild hier ist vier Jahre alt.«
Allein schon ein Bild von dem Ort zu sehen, an dem Max festgehalten wurde, erfüllte Juan schlagartig mit frischer Energie. Er musste an sich halten, nicht den Befehl zu geben, dass die
Oregon
Fahrt aufnehmen und aus allen Rohren feuernd dem Eiland einen Besuch abstatten sollte.
Hali schaltete ein anderes Foto von der Insel auf den Bildschirm. »Das war die Insel Eos im vergangenen Jahr.«
Am südlichen Ende der Insel waren ein paar große Planierraupen in der typischen gelben Farbe ihres Fabrikats zu erkennen. Eine tiefe Grube war ausgehoben worden, und in ihrer Nähe hatte man eine Betonfabrik erbaut. Vom Strand ausgehend ragte ein Pier ins Meer, und eine Straße führte von dort zur Baustelle.
»Die Arbeiten wurden von einer italienischen Baufirma ausgeführt und über ein Schweizer Nummernkonto bezahlt, obgleich es kaum Zweifel gibt, wer hinter diesem Bauauftrag steckt. Den türkischen Behörden wurde erklärt, es würde die größte Filmkulisse werden, die jemals erbaut wurde.«
Ein weiteres Bild erschien. »Dies zeigt die Baustelle ein paar Monate später. Wir ihr sehen könnt, haben sie in der Grube erste Betonkonstruktionen errichtet.«
Eric fügte hinzu: »Wenn man die Maschinen zum Größenvergleich heranzieht, kommt man auf eine Ausdehnung von gut viereinhalbtausend Quadratmetern. Und zu diesem Zeitpunkt sind drei Etagen fertig gestellt.«
Hali fuhr mit seinem Kommentar fort. »Nach acht Monaten Bautätigkeit erklärte die Schwindelfilmfirma, sie habe kein Geld mehr und müsse das Projekt abbrechen. In dem ursprünglichen Vertrag mit den Türken hatten sie sich dazu verpflichtet, die Insel wieder in ihren natürlichen Zustand zu versetzen. Und
Weitere Kostenlose Bücher