Seuchenschiff
Gesellschaft eher unbeholfen auf, daher verwunderte es nicht, dass er stets jemanden brauchte, der ihn führte und förderte. Auf der Highschool hatte ein Physiklehrer diese Rolle innegehabt, in Annapolis war es ein Englischlehrer gewesen, der ihn ironischerweise aber niemals unterrichtet hatte. Nachdem Eric sein Offizierspatent erhalten hatte, konnte er niemanden finden, der ihn unter seine Fittiche nahm – das Militär war nicht entsprechend strukturiert –, und er entschloss sich, den Dienst nach Ablauf seiner vorgeschriebenen fünf Jahre zu quittieren.
Er hatte zwar keine Ahnung davon gehabt, doch sein letzter kommandierender Offizier hatte einem alten Freund gegenüber – Hanley – angedeutet, dass Stone ein idealer Kandidat für die Corporation sei. Als Max ihn vorsichtig darauf ansprach, erklärte sich Eric fast auf der Stelle bereit, das Angebot anzunehmen. Er erkannte in dem ehemaligen Schnellbootkommandanten die gleichen Eigenschaften, die er auch in seinen ehemaligen Lehrern gesehen hatte. Max hatte diese ruhige, zuverlässige Art und besaß eine endlose Geduld. Und er wusste, wie man ein Talent fördert. Er formte Eric behutsam zu der Persönlichkeit, die er immer hatte sein wollen.
Dies war der andere Grund, weshalb Eric nichts essen konnte und in der Nacht zuvor nur wenige Stunden geschlafen hatte. Heute Erfolg zu haben, würde bedeuten, dass er den Tod genau des Menschen verschuldete, der viel eher ein Vater für ihn gewesen war als jener Mann, der ihn großgezogen hatte.
»Sind Sie okay, mein Junge?«, fragte Jack Taggart, während sie in einem Umkleideraum hinter dem Hangarbüro in ihre Flugkombinationen schlüpften. Das Cockpit des Weltraumflugzeugs war als Druckkabine konstruiert, daher bestanden die Kombinationen aus kaum mehr als einfachen olivfarbenen Overalls. »Sie sehen um die Kiemen herum ein wenig grün aus.«
»Mir geht eine Menge durch den Kopf, Colonel«, erwiderte Eric.
»Nun, machen Sie sich wegen des Flugs mal keine Sorgen«, meinte der ehemalige Shuttlepilot mit Bärenruhe. »Ich bringe uns heil hin und wieder zurück.«
»Ich kann ehrlich sagen, dass der Flug das Letzte ist, worüber ich mir den Kopf zerbreche.«
Ein Techniker schob den Kopf durch die Tür. »Gentlemen, Sie sollten lieber die Beine schwingen. Der Flugleiter möchte, dass die
Kanga
in zwanzig Minuten auf der Rollbahn steht.«
Taggart nahm seinen Helm vom Spind und meinte: »Dann mal los, geben wir dem Baby Zunder.«
Hinter dem Pilotensitz des schlanken Weltraumflugzeugs, der ’
Roo,
befanden sich zwei Sitze mit weit nach hinten geneigten Rückenlehnen. Eric hatte die frühen Morgenstunden dazu benutzt, seinen Computer und Transceiver auf einem der Sitze aufzubauen. Er ließ sich in den zweiten Sitz gleiten und streckte die Hände von sich, während Helfer ihn so fest und sicher anschnallten wie einen Grand-Prix-Fahrer. Über ihm befanden sich zwei Fenster, durch die er die Unterseite des Trägerflugzeugs erkennen konnte. Rechts und links von ihm konnte er ebenfalls durch kleine Fenster sehen. Taggart saß vor ihm und unterhielt sich soeben mit dem Flugdirektor Rick Butterfield.
Eric stöpselte seinen Helm in eine Kommunikationsbuchse und wartete auf eine Pause in Taggarts Gespräch, um sein Funkgerät auf den Flugfrequenzen zu überprüfen, ehe er auf andere Frequenzen umschaltete, wobei er weiterhin den Piloten in einem Ohr hören konnte.
»Elton, hier ist John, wie hörst du mich? Over.« Hali Kasim hatte die Codenamen aus dem Elton John-Song »Rocket Man« entnommen.
»Elton, halt dich bereit, auf mein Zeichen telemetrische Daten zu empfangen. Drei, zwei, eins, jetzt.« Eric drückte auf eine Taste seines Laptops, so dass Hali den Flug und den russischen Satelliten in Realzeit an Bord der
Oregon
überwachen konnte. Er hatte sogar eine Webcam installiert und zugeschaltet, damit alle Leute auf dem Schiff sehen konnten, was er sah.
»John, das Signal kommt gut. Over.«
»Okay, wir sind zehn Minuten vor Rollout. Ich halte dich auf dem Laufenden. Over.«
»Roger. Viel Glück. Over.«
Ratternd öffneten sich die großen Hangartore und ließen das Licht des jungen Tages in die dunkle Halle. Dort warteten mittlerweile genug Arbeiter, um die
Kanga
auf das Vorfeld zu schieben. Am Rand der Rollbahn stand ein klappriger Wohnwagen, in dem das Kontrollzentrum des Flugdirektors untergebracht war. Auf seinem Dach befanden sich ein Wald von Antennen sowie zwei rotierende Radarschüsseln.
»Wie geht es Ihnen
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