Sevenheart (1) - Gefährliche Zeiten (German Edition)
Gefühl.
„Sehr gut!“
Ich atmete tief ein.
„Die Vase“, sagte sie, „erinnere dich, wo hier eine Vase steht. Finde sie“
Ich stellte mir unser Wohnzimmer vor, überflog es grob.
Der Tisch, eine Standuhr, Felle auf dem Boden, Sessel. Da- eine Vase!
„Berühre die Vase mit deinem Geist. Heb sie hoch“
Wie zum Teufel soll ich das machen?
„Du musst dich darauf konzentrieren. In deinem Kopf muss sich eine Botschaft an deinen Geist befinden. Eine klare Botschaft mit dem, was du von ihm verlangst“
Ich konzentrierte mich auf die Vase und stellte mir vor, sie wäre so leicht wie eine Feder. Schon die kleinste Anstrengung schwächte mich.
„In der Magie gibt es keine Gesetzte, keine normalen Dinge. Es ist alles möglich. Du musst nur fest daran glauben“
Ich riss die Augen auf und brach den Zauber.
„Ich weiß nicht, wie ich das machen soll“, seufzte ich.
„Versuch es noch einmal“
Ich atmete tief durch und begann alles von neuem. Diesmal spürte ich den Schmerz in meinem Kopf relativ schnell und vergaß fast wieder, wo ich mich befand. In Gedanken suchte ich nach der Vase.
Ich befahl der Vase, sich zu bewegen. Wieder und wieder sammelte ich meine ganze Willenskraft und befahl ihr, sich zu bewegen. Als ich die Vase mit meinem Geist losließ und schon aufgab, fiel sie plötzlich mit einem etwas zu heftigen Ruck vom Tisch runter.
Nein!
Nicht diese Vase!
Stopp!
Die Vase hörte zwei Zentimeter vor dem Boden auf zu fallen. Ich atmete erleichtert auf. Doch dann fiel sie zu Boden und zerbrach.
„Das war sehr gut für das erste Mal“
Ich sah sie misstrauisch an. Immerhin hatte ich die Vase für eine Sekunde angehalten.
Clodagh sah mit einem Blick zu dem Gefäß und zwei Sekunden später stand es wie neu wieder auf dem Tischchen.
Ich schüttelte unglaubwürdig den Kopf.
„Wie kannst du mir das Zaubern beibringen? Ich hatte vorher noch nie etwas mit Magie zu tun. Sowas ist unmöglich“
„Nichts ist unmöglich. Fast jeder Mensch kann das Zaubern lernen, der etwas Selbstbeherrschung aufweisen kann“
Sie sah mich an.
„Du kannst es nur nicht von selbst lernen- keine normalen Menschen. Du musst einen erfahrenen Zauberer haben, der dir hilft, deinen Geist zu finden und dir die nötige Disziplin beibringt“
„Das heißt, dass jeder Mensch hier zaubern lernen kann?“
Sie zuckte mit den Achseln.
„Die Welt hat sich verändert. Es gibt keine Zauberer mehr. Nicht hier. Es wird keinen mehr geben, der Magie in diese Welt bringt“
Ich konnte es mir immer noch nicht vorstellen.
„Aber glaub nicht, dass das hier einfach wird. Du wirst viel üben müssen. Schließlich will ich nicht Ewigkeiten hier in dem Bild verbringen“
Ich musste die ganze Zeit daran denken, dass ich etwas Unmögliches lernte.
In dem Zimmer meines Vaters fand ich ein Buch über Hirnforschung. Das meiste darin war uninteressant, bis auf eine Tatsache:
Das menschliche Gehirn war nur bis zu vierzig Prozent aktiv, was bedeutete, dass wir über die Hälfte unseres eigenen Verstandes nicht gebrauchten. Was war mit den Menschen, bei welchen der Verstand mehr als vierzig Prozent arbeitete? Konnten sie Dinge bewirken, die andere nicht konnten? War es so möglich, mit den bloßen Gedanken die Gesetze der Physik zu brechen? Waren Zauberer vielleicht Menschen, die den Hebel gefunden haben, ihren Geist und Verstand in Gänze einzuschalten?
Es kam bald der Zeitpunkt, an dem ich begann, an die Sache zu glauben. An meine eigene Theorie natürlich. Sie ergab sogar Sinn. Es war nämlich das erste Mal, bei dem ich mit meinen Gedanken einen Sessel von einem Platz zum nächsten schweben lassen hatte. Vielleicht war es wirklich der Zeitpunkt, an dem sich der Hebel in meinem Kopf umgelegt hatte. Ich fühlte mich mit meinem Geist im Reinen. Ich hatte die Kontrolle über mich selbst. Doch ich wusste, dass ich das nicht alleine geschafft hatte. Clodagh half mir dabei. Ohne sie wäre das nicht möglich gewesen.
Das Zaubern gab mir eine Fähigkeit, die nur ich beherrschte. Es war ein atemberaubendes Gefühl, Kontrolle über andere Dinge zu haben.
Dies war der Anfang der Ansammlung von Dingen, die weit über meine Erwartungen hinausgingen.
Ich lernte, dass Clodagh eine sehr starke Persönlichkeit war. Sie war durchaus gefährlich und ich wollte nicht in deren Haut stecken, die sie als Feindin hatten. Zwar gab sie mir das Gefühl, ihre Freundin zu sein, aber ich wusste nicht, ob sie mich nicht irgendwann enttäuschen würde.
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