Sex, Ex und Hopp (Mit Senta durch die Jahreszeiten) (German Edition)
hatte wehgetan. Nicht, dass sie ihr die nicht schon früher zugebilligt hätte. Für Senta war es völlig normal, dass man selbst seinem eigenen Kind in dieser Hinsicht Respekt entgegenbrachte. Nur jetzt beharrte Lilly richtiggehend darauf und das hatte eine ganz andere Qualität.
Was hatte sie sich eigentlich eingebildet? Hatte sich wirklich gedacht, dass sie mit Lilly bis ans Ende ihrer Tage in trauter Zweisamkeit durchs Leben gehen würde? Ab und an durfte mal jemand vorbeikommen, aber dabei sollte es gefälligst bleiben, oder was? Sentas Herz war zentnerschwer. So schnell hatte sie mit derartigen Problemen nicht gerechnet. Hatte sie Lilly womöglich eine Vorlage geliefert mit ihrem plötzlichen Interesse an der Männerwelt? Hatte auch Lilly ähnlich gedacht, wie sie jetzt?
Wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie bis zu diesem idiotischen Weihnachtsgeschenk von Ina die Meinung vertreten hatte, dass das Thema Männer für sie keines mehr war. Auch jetzt war sie sich nicht sicher, ob sie den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Gut, da gab es Ben, Gabriel, Carsten und nicht zu vergessen, Lothar, aber irgendetwas in ihr sträubte sich dagegen, sich wirklich auf einen einzulassen. War es nur die Angst vor einer neuerlichen Enttäuschung oder wollte sie lediglich nicht, dass sich ihr Leben mit Lilly grundlegend änderte? Langsam dämmerte es ihr, dass es so sein musste. Sie wollte Lilly nicht vor den Kopf stoßen, ihr keinen neuen »Papa« präsentieren. Aber wo blieb sie in diesem Spiel, wenn Lilly ihren eigenen Weg gehen wollte? Sie machte sich nichts vor. Auch wenn sich die Zeiten geändert hatten, war es nicht ungewöhnlich, dass junge Menschen eine frühe Bindung eingingen.
Senta saß auf dem Bettrand und starrte in die Dunkelheit. Sie fühlte sich mit einem Mal unendlich alt und einsam. Das hatte sie all die Jahre, seit ihrer Scheidung nicht getan.
Tico winselte leise und erinnerte sie daran, dass das Leben nicht danach fragte, wie man sich fühlte. Sie erhob sich mit steifen Gliedern und dachte dabei an die Jahre, die noch kommen würden. Wollte sie als frustrierte alte Frau enden, die mühsam ihr Leben alleine fristete? Nein, das wollte sie nicht!
Und siehe da, ihre Laune hob sich. Obwohl es schon Zeit für das Abendbrot war, beschloss sie, mit Tico noch eine kleine Runde zu marschieren. Lilly hatte sich nicht blicken lassen, also was sollte sie daran hindern? Sie nahm sich vor, in Zukunft etwas egoistischer zu denken. Was hatte es ihr schon gebracht, dass sie all die Jahre ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse hintenangestellt hatte?
Tico war hocherfreut über Sentas neue Tatkraft. Mit hoch erhobener Rute lief er neben ihr her. Als sie an Carsten Premmlers Haus vorbeikamen, blieb er stehen und sah Senta erwartungsvoll an.
»Das kannst du knicken, Alter«, teilte ihm sein Frauchen leise mit. Zu Ticos Verdruss ging sie einfach weiter, und als die Leine anzog, folgte er ihr widerstrebend.
Bei Carsten hatte noch das Licht in der Küche gebrannt und so erhaschte sie einen Blick auf seinen Rücken. Er saß am Tisch und aß wohl gerade.
Was war nur los mit ihm? Was sollte dieser merkwürdige Auftritt mit den Eiern? Sie konnte ihm noch nicht einmal deswegen einen Vorwurf machen. Wie sah das denn aus? Vielleicht unterstellte er ihr noch, dass sie geizig war. Aber dass er sie in diesem vertraulichen Ton angesprochen hatte, sodass der Eindruck entstand, sie wären womöglich mehr als nur Nachbarn, das war einfach Scheiße. Das würde sie ihm auch bei Gelegenheit unter die Nase reiben.
Unter diesem Aspekt war es ihr umso unangenehmer, ihm schon wieder eine Absage zu erteilen. Womöglich bildete er sich noch ein, dass das Ganze lediglich eine Retourkutsche war, um ihm seinen Auftritt heimzuzahlen. Sie war so mit ihren Gedanken beschäftigt, dass sie gar nicht bemerkt hatte, dass sie ihre übliche Runde schon gelaufen war. Verblüfft stand sie vor dem eigenen Hoftor.
Auch in ihrer Küche brannte Licht. Aha, da hatte anscheinend jemand Hunger. Senta atmete tief ein. Für eine Konfrontation mit Lilly fehlte ihr jegliche Lust. Aber ob sie wollte oder nicht, das, was da vorhin abgelaufen war, konnte sie nicht so einfach stehen lassen.
Als sie die Küche betrat, sah Lilly kurz auf. Sie saß am Tisch und man konnte ihr ansehen, dass sie geweint hatte. Senta geriet ins Schwanken. So schlimm war es nun auch wieder nicht gewesen. Still setzte sie sich ihrer Tochter gegenüber. Lilly hatte für zwei gedeckt und
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