Sex for One
Hauptsache,
nicht nur als Vorspiel. Ich fand schnell heraus, daß die
Orgasmen durch oralen Sex sehr intensiv waren. Einmal,
nach einem ungeheueren Höhepunkt, sagte er: »Du hast
eine wunderschöne Möse. Laß sie mich doch mal bei Licht
betrachten.« Er griff nach seiner Brille, und ich wurde fast
ohnmächtig und sagte rasch: »Es wäre mir lieber, wenn du
das nicht tätest.« Doch dann dachte ich bei mir: Man muß
schon pervers sein, um sich das anzusehen! Offensichtlich
war ich aber blaß geworden, denn Blake fragte mich, was
los sei. Ich gestand meinen Makel ein. Ungläubig sah er
mich an. Dann umarmte er mich und sagte: »Schatz, du
bist ganz normal. Viele Frauen sehen so aus. Mir gefällst
du so.«
Glücklicherweise war er ein Verehrer der weiblichen
Genitalien. Er ging zu einem Wandschrank und holte einen
Stapel Magazine heraus. Es war Soft-Porno mit Abbildun-gen der geöffneten weiblichen Scham. Ich war schockiert,
aber interessiert. Wie demütigend für die armen Frauen, in
Strumpfbandgürteln und Netzstrümpfen zu posieren. Doch
ich betrachtete die Fotos genauer, und da war auch genau
eine Vulva wie meine und noch eine und noch eine. Als wir
mehrere Magazine miteinander durchgeblättert hatten,
wußte ich, wie weibliche Genitalien ausehen. Was für eine
Erleichterung! Ich stellte fest, daß ich weder deformiert
noch häßlich war. Ich konnte es kaum glauben! All die Jahre
der Therapie hatten meinen Körperhaß nicht abzubauen
vermocht. Kein Wunder, daß ich nie Spaß am Oralsex hatte
und lieber im Dunkeln vögelte. Eine halbe Stunde Pornogra-fie, und ich hatte eine positive Einstellung zu meiner Möse
gewonnen. Das veränderte mein Leben.
Kurze Zeit später malte ich mein erstes genitales Selbst-porträt. Ich posierte vor meinem Make-up-Spiegel und
merkte verblüfft, daß ich in all den Jahren des Aktzeichnens
die weibliche Scham immer nur als behaartes Dreieck dar-gestellt hatte. Wieder ein Beispiel für meine sexuelle Igno-ranz und meinen Mangel an Selbstkenntnis! Wie anders
hätte mein Selbstbild ausgesehen und wäre meine sexuelle
Entwicklung verlaufen, wenn ich in einem Buch schöne
Bilder von erwachsenen Genitalien gesehen hätte.
Das Wort Möse gefiel mir zuerst nicht. Es wurde immer
abwertend benutzt. Wenn Männer es wütend aussprachen,
hörte ich immer Verachtung und Ekel heraus. Wenn ein
Liebhaber es leidenschaftlich sagte, hörte es sich hingegen
sexy an. Die meisten Frauen sagen Vagina, doch eigentlich
ist das der Kanal zwischen den äußeren Schamlippen und
dem Uterus. Vulva war genauer, doch das klang wie eine
Automarke: »Meine Vulva schluckt sehr viel.« Pudenda
bezeichnete ebenfalls die äußeren Geschlechtsteile, klang
aber ziemlich prüde. Ich hatte zwar Katzen gern, aber
Pussy klang mir doch zu niedlich. Ich mußte also weibliche
Genitalien sagen, bis ich den Mut aufbrachte, mich an Möse
zu gewöhnen. Eines Tages setzte ich mich vor den Spiegel
und wiederholte das Wort mehrere Male, bis ich zu lachen
anfing. Das war der Durchbruch.
1973 plante ich mit anderen Frauen die erste Konferenz
über weibliche Sexualität. Bei einem der ersten Treffen
fragte mich eine Freundin: »Welchen Beitrag hast du für die
Plenarsitzung?« Spontan antwortete ich: »Eine Pornoschau
für Feministinnen.« Alle brachen in Lachen aus. Einer Frau
war die Bezeichnung zu männlich, doch ich beruhigte sie.
Ich würde mir einen besseren Titel einfallen lassen. Im
Konferenzplan wurde mein Beitrag »Ästhetik der weibli-chen Genitalien« genannt. Aber mir war egal, wie er ge-nannt wurde, solange ich ihn bringen konnte.
Ich rief Freundinnen an und fragte sie, ob sie für die erste
feministische Pornografie posieren wollten. Die Reaktionen
waren durchweg positiv, und etwa zwanzig Frauen plus
Fotografinnen trafen sich in meiner Wohnung. Es war
phantastisch! Die Scheinwerfer und Kameras wurden im
Schlafzimmer aufgebaut, und im Wohnzimmer plauderten
die Frauen, während sie sich die Schamhaare schnitten und
bürsteten. Wir posierten abwechselnd mit den Genitalien in
natürlicher Position, mit geöffneten äußeren Schamlippen
und aufgedeckter Klitoris. Dann bekam jede einen Spiegel
und wurde aufgefordert, die Genitalien auf eine Weise zu
zeigen, die sie am anziehendsten fand.
Es gab viele »Ooohs« und »Ahhhs« und »Wie-schön!«-Rufe, »Sieht aus wie Perlmutter!« »Was für eine schöne
Farbe!« Ab und zu gab es spontan Applaus, wenn eine
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