Sex for One
daß ich ein Jahrzehnt lang nicht über die
Bedeutung des positiven sexuellen Denkens bei Männern
nachdachte. Ich nahm einfach an, daß die meisten Männer
mit ihren Schwänzen zufrieden seien, besonders wenn man
an all die damit verbundenen Privilegien dachte. Doch das
war falsch. Negative Gefühle gegenüber Körper und Genita-lien beschränken sich nicht auf Frauen. Die sexuelle Unter-drückung betrifft beide Geschlechter.
Wenn ein Mann gern masturbiert und Spaß an seinem
Sexualleben hat, ist er mit seinem Penis zufrieden. Doch für
den Mann, der unter Impotenz leidet, ist der Penis eine
ständige Quelle der Enttäuschung. Für einen monogamen
Ehemann oder einen religiösen Zölibatär kann er eine per-manente Versuchung darstellen. Zeichen für extremen Pe-nishaß sind Kastrationsphantasien. Kastrationsängste ent-springen vermutlich der Unterdrückung der männlichen
Masturbation. Der kleine Junge, der fröhlich mit seinem
Schwänzchen spielt, wird traumatisiert, wenn die Mutter
ihm befiehlt aufzuhören, weil sie ihn sonst abschneidet.
Als Blake noch verheiratet war und seine Antidepressiva
schluckte, war sein Penis für ihn die ständige Erinnerung an
seine sexuelle Frustration. Er liebte seine Frau, doch sein
Herz sehnte sich nach sexuellen Abenteuern. Nicht einmal
an der Masturbation hatte er Spaß, aus Angst, erwischt zu
werden. Einmal wurde er so wütend, daß er sich vorstellte,
seinen Penis auf die Fensterbank zu legen und das Fenster
zuzuschlagen. Diese Kastrationsphantasie erlebte er mehr
als einmal.
Nachdem Blake geschieden war und ein paar Affären
hinter sich hatte, veränderte sich die Beziehung zu seinem
Schwanz erheblich. Tagelang lief er mit ihm in der Hand
herum, endlich frei, zu masturbieren, wann immer er Lust
hatte. Vor kurzem, im Alter von Dreiundsechzig, fotogra-fierte er seinen voll erigierten Penis und schickte das Bild
einer seiner Freundinnen. Darunter hatte er geschrieben:
»Ich denk' an dich.«
Ich glaube, viele heterosexuelle Männer sehen ihren Pe-nis als etwas Selbstverständliches an, es sei denn, dieser ist
sehr klein oder sehr groß. Der Mann mit dem kleinen will
einen großen, es sei denn, er lernt, ein guter Liebhaber zu
werden. Dann spielt die Größe keine Rolle. Der Mann mit
dem Riesenschwanz beeindruckt andere Männer, doch
Frauen kann er damit erschrecken.
Mit Ausnahme von wenigen Männern und Frauen, die
große Schwänze mögen, sind die meisten mit einem mittel-großen Penis zufrieden. Ich habe keine Ahnung, was als
normal gilt, doch ich vermute, zwischen zwölf und sech-zehn Zentimeter in erigiertem Zustand. Das heißt nicht, daß
ein Mann mit einem kleineren Penis nun ein schlechter
Liebhaber ist. Es geht nicht um die Größe des Fisches, denn
das Meer bewegt sich.
Einige Penisse biegen sich nach oben, andere mehr nach
rechts oder links. Ich habe einen gesehen, der sich nach
unten bog. Doch keine dieser Eigenheiten beeinträchtigte
den Sex.
Dicke und Länge des Schwanzes variieren bei Männern
ebenso stark wie die Größe der Klitoris bei Frauen. Er kann
kurz oder lang, dick oder dünn sein. Form, Größe und Farbe
der Eichel variieren ebenfalls stark. Penisse können oben
zugespitzt, verbreitert oder abgeflacht sein.
Genau wie bei Mösen gibt es den klassisch-symmetri-schen Penis, den barocken mit komplexen Falten und
Adern, und den skandinavisch-modernen mit geraden Li-nien. Sie haben viele Farben: beige, pfirsichfarben, schoko-lade, lavendel und rosa.
Es ist vielleicht nur der Traum einer Frau, aber ich glaube
fest, wenn alle Männer wirklich ihre Penisse anbeteten,
wären alle Gewehre und Raketen überflüssig. Schön, wenn
dieses Land von Leuten mit einer positiven Einstellung zu
ihren Genitalien regiert würde.
7. Kapitel
Die Bodysex-Gruppen
Nach drei Jahren mit Selbsterfahrungsgruppen hatte ich
die Nase voll von Frauenproblemen und gesellschaftlicher
Ungerechtigkeit. Auch mein romantisches Selbstbild als
Künstlerin im Elfenbeinturm war ich leid. Anstatt mich mit
der Lösung ästhetischer Probleme abzumühen, die ich mir
selbst geschaffen hatte, wollte ich gesellschaftliche Pro-bleme lösen, die es bereits gab. Sex war ein Hauptthema der
Feministinnen, das uns entweder versklaven oder befreien
konnte. Meine Künstlerseele wollte feministische Rhetorik
durch feministische erotische Bilder ersetzen. Ich beschloß,
körperliche und sexuelle Selbsterfahrungsgruppen für
Frauen zu
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