Sex for One
wunderschö-nes Stück Bleiglas in Form einer stilisierten Möse. Fast
erwartete ich, Mösenmuster auf Handtüchern und Bettwä-sche zu sehen. Eine Textildesignerin machte einen interes-santen Entwurf von stilisierten Vaginas für Tapeten, doch
das verkaufte sich nicht. Populär aber wurde Schmuck in
Genitalienform. Kleine Mösen und Penisse in Silber, Gold,
Glas und Ton schmückten viele Finger, Ohren und Hälse.
Ein paar Lehrbücher über Sex enthalten nun bildliche
Darstellungen von Genitalien. Wir werden gewiß zivilisier-ter und menschlicher, wenn schöne Bilder von den Ge-schlechtsteilen zur Verfügung stehen und eine positive Hal-tung zur Masturbaton vermittelt wird. Die Zeiten ändern
sich, wenn auch nur langsam.
Wenn jeder mit einem positiven Bild von Mösen und
Penissen aufwächst, wird sich niemand mehr insgeheim für
sexuell deformiert halten. Besonders für Frauen ist es wich-tig, die Klitoris bildlich dargestellt zu sehen. Wenn eine Frau
begreift, welche Rolle die Klitoris für die sexuelle Lust spielt,
kann sie ihrem Liebhaber zeigen, wie er ihr zum Höhepunkt
verhelfen kann.
Ich las einmal in einem populären Sexmagazin in der
Leserbriefspalte einen Abdruck, der mich in helle Wut ver-setzte. Unter der Überschrift »Große Schamlippen« meinte
eine Zwanzigjährige, sie habe kürzlich bemerkt, daß ihre
inneren Schamlippen sehr groß geraten seien. Ob das vom
Masturbieren komme, und was sie dagegen tun könne. Die
Antwort lautete, das sei zum Teil erblich, und: »... wenn Sie
bei der Masturbation die labia minora ziehen, können sie in
der Tat gestreckt werden. Wenn sie so groß sind, daß Ihnen
das unangenehm ist, oder sie zu gehemmt sind, um Verkehr
zu haben, ist es relativ einfach, sie wieder in Form zu
bringen.« Empfohlen wurde ein Besuch beim Arzt, ein
bißchen Novokain, und schnipp, schnapp, herunter mit den
Dingern. Nicht sehr positiv, dieser Herr Doktor.
Eine andere schlimme ärztliche Empfehlung ist die Klito-rotomie, die weibliche Beschneidung. Eine Freundin, die
»nur« mit dem Vibrator zum Orgasmus kam, sehnte sich
nach einem Orgasmus vom Penis ihres Liebhabers. Sie
fragte ihren Arzt, der meinte, wenn ein Teil der Haut um die
Klitoris entfernt würde, würde diese empfindlicher und sie
könne beim Verkehr kommen. Er meinte, die Operation
»könnte eventuell helfen«. Nur eine kleine Sache, ein biß-chen Novokain, und schnipp, schnapp. Sie hatte ihre Be-schneidung und bekam eine Entzündung. Zwei Wochen
dauerte die Tortur. Danach konnte sie immer noch keinen
Orgasmus durch Penetration allein bekommen. Meiner
Meinung nach ist weibliche und männliche Beschneidung
eine unnötige Operation.
Geben wir doch das romantische Ideal auf, daß all unsere
Orgasmen von Romeos Schwanz in Julias Möse herrühren!
Wenn eine Frau sich selbst zum Orgasmus bringen kann, ist
sie orgasmisch. »Frigide« ist ein Männerwort für Frauen,
die in der Missionarsstellung in den paar Minuten, in denen
er nur an sein eigenes Vergnügen denkt, keinen Orgasmus
bekommen. In Wirklichkeit gelangen nur sehr wenige
Frauen regelmäßig, ohne zusätzlich stimuliert zu werden,
zum Orgasmus. (Stellen wir uns mal einen Mann vor,
der,ohne die Eichel zu berühren, einen Orgasmus haben soll!)
Wir brauchen nicht immer zu kommen, um Spaß am Sex zu
haben, aber wenn eine Frau nur selten einen Orgasmus hat,
kann sie kaum auf Dauer eine positive Einstellung zum Sex
behalten.
Die wichtige Rolle der Klitoris ist unumstritten. Sexthera-peuten wenden die Masturbationstherapie an, um Frauen
und Männern zu helfen, unterdrückte Reaktionsmuster
wiederzubeleben. Trotz der neuesten Theorie, die Frauen
hätten eine magische Stelle in der Vagina, die nur berührt
werden müsse, bleibt die Klitoris unser Hauptsexualorgan.
Das erinnert mich übrigens an den Film Deep Throat, in
dem Linda Lovelace glaubt, das kleine Ding in ihrem Ra-chen sei ihre Klitoris. Das war eindeutig eine männliche
Phantasie über weibliche sexuelle Reaktion.
Vaginale Penetration ist sehr erotisch, besonders wenn
sie bewußt und feinfühlig geschieht. Die äußeren wie inne-ren Teile unserer Genitalien vermitteln wunderbare Ge-fühle. Manche Frauen ziehen den Orgasmus durch Penetra-tion vor, andere wollen beim Verkehr direkte Klitorisstimu-lierung, andere wiederum Oralsex. Und dann gibt es noch
jene wie mich, die alles wollen, inklusive Masturbation.
Mein Engagement in der Frauenbewegung nahm mich so
in Anspruch,
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