Sex for One
Drink, der Drink greift den nächsten, und
dann greift er die Frau.
Nach Hunderten von fürchterlichen Katern, Phasen der
Depression und Schuldgefühlen dämmerte es mir schließ-lich, daß ich mit dem Trinken aufhören mußte, wenn ich
mein Leben verbessern wollte. Im Gegensatz zur herr-schenden Meinung, daß der Alkoholiker alles verlieren
muß, um umzukehren, konnte ich rechtzeitig aufhören, ehe
es zu spät war. Ich war zweiunddreißig, als ich meine
Selbstheilung begann, und es war eine aufregende Wieder-geburt.
Das Leben ohne Alkohol gab mir die Möglichkeit, alles
noch einmal von vorn zu beginnen. Doch allein hätte ich es
nicht geschafft. Es gab eine helfende Gruppe anderer Alko-holiker, die ihre Erfahrung, Stärke und Hoffnung mit mir
teilten. Sie zeigten mir, daß der beste Weg, vom Alkohol
loszukommen, darin bestand, anderen zu helfen, vom Alko-holismus zu genesen. In kürzester Zeit wurde ich zum Teil
des Universums statt zu dessen Zentrum. Ich gewann
Selbstrespekt und konnte diesen Respekt auch auf andere
übertragen.
Es dauerte mehrere Jahre, bis ich erkannte, daß ich noch
eine Sucht hatte - die Liebe. Ich ging mit der Liebe genauso
um wie mit Alkohol, um mir selbst zu entgehen. Bei jeder
Liebesbeziehung schloß ich unbewußt einen Vertrag, bei
dem das Kleingedruckte hieß: Mein Partner muß für Sicher-heit und Sex sorgen. In der nächsten Phase der Abhängig-keit sah es so aus, als wäre ich unabhängig. Ich wurde zur
starken Partnerin, die gebraucht wurde. Doch das Ge-brauchtwerden war nur die Kehrseite des Brauchens.
Schließlich nahm ich mir Zeit, um zu lernen, wie ich allein
zufrieden sein konnte. Ich gab mir die Erlaubnis, schöne,
unabhängige Orgasmen zu haben, und befreite mich von
der Qual der sexuellen Abhängigkeit. Ich schenkte der Be-ziehung zu mir selbst größere Aufmerksamkeit, und die
Selbstliebe leitete den Heilungsprozeß ein. Ich entdeckte,
daß Sicherheit von innen heraus kommt, nicht von romanti-schen Spaziergängen bei Sonnenuntergang. Einen Freund
oder Liebhaber zu haben beruhte endlich auf freier Wahl,
nicht auf Einsatakeit oder Bedürftigkeit.
Nachdem ich neun Jahre clean war, entdeckte ich Mari-huana. Ich wußte sofort, daß dieses Zauberkraut die Welt
retten konnte. Es machte high ohne Kater, außerdem wirkte
es garantiert als Aphrodisiakum. Mein ganzer Körper ver-wandelte sich in eine erogene Zone mit verstärkter Sensibi-lität. Die Zeit blieb stehen. Die alte Zensur mit ihren »Du
darfst nicht« wurde durch erotische Bilder ersetzt, die
durch mein Bewußtsein wirbelten und aus einer uralten
Quelle zu stammen schienen, in denen Kreativität, Sexuali-tät und Spiritualität eins waren. Diese Erfahrung konnte ich
nicht darstellen oder beschreiben. Es war einfach so.
Meine Freunde versicherten mir, daß »Gras« nicht süch-tig mache, doch mir gelang es, das erotische Ritual zur
täglichen Gewohnheit zu machen. Meine ein oder zwei
Joints pro Tag erschienen mir nie als Problem. »Gras« war
bestimmt keine gewalttätig machende starke Droge wie
Alkohol, doch sie hatte Nebenwirkungen. Ich fand, daß ich
Energie verlor. Allmählich ließ meine Willenskraft nach.
Der plötzliche Abfall des Blutzuckers bewirkte unkontrol-lierbaren Hunger, und häufig trockneten Mund-und Vagi-nalschleimhaut aus. Der Verlust des REM-Schlafes ließ
meine Träume verschwinden. Mein Kurzzeitgedächtnis
war beeinträchtigt. Marihuana schien zwar meine Intuition
zu verbessern, doch der kreative Prozeß litt letztendlich
unter meiner Unfähigkeit, mich auf Details zu konzentrie-ren oder deren Abfolgen bzw. Bedeutung im Kopf zu behal-ten. Die Frau raucht einen Joint, der Joint raucht einen
Joint, und schließlich raucht der Joint die Frau.
Ende der siebziger Jahre tauchte »Schwester« Kokain
auf. Ein Jahr lang nahm ich es gelegentlich, weil es in Mode
war. Doch als ich zum ersten Mal allein losging, um es zu
bekommen, saß ich bereits in der Falle und war süchtig. Ich
erinnerte mich deutlich an meine Alkoholabhängigkeit,
doch dieses Mal hatte ich nicht einmal mehr die Illusion von
Kontrolle. Ich nahm Coke, bis es alle war, weil ich mir sagte,
daß Freud das auch getan hatte. In zehn Monaten hatte ich
ein ganzes Buch geschrieben. Doch am Ende warf ich das
Manuskript in den Mülleimer, weil meine drogenbedingte
Arroganz mein selbstkritisches Urteil beeinträchtigt hatte.
Innerhalb von nur einem Jahr zwang mich Kokain in die
Knie. Die
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