Sex for One
Informationsquellen über Sex waren Eheratgeber
und Einzelheiten aus Freuds Psychoanalysetheorie. Als ich
schließlich auf der Couch landete, teilten mein Analytiker
und ich das gleiche romantische Ideal - reifer Sex bedeutete
vaginalen Orgasmus im Rahmen einer tiefen Beziehung.
Erwachsenenmasturbation war akzeptiert, wenn man es
nicht zu oft machte. Ansonsten war das zwanghaftes oder
infantiles Verhalten. Ich war sicher, daß mehrere Male pro
Woche zuviel waren, und so machte ich mich mit grimmiger
Entschlossenheit daran, meinen Märchenprinzen zu fin-den, um für alle Zeiten orgasmisch glücklich zu werden.
Während meiner Zwanzigerjahren hatte ich superro-mantische monogame Beziehungen mit leidenschaftlichen
Orgasmen durch Verkehr. Meine Liebhaber und ich planten
stets zu heiraten, was den Beischlaf rechtfertigte. Während
einer Affäre mit einem Mann zu masturbieren hätte bedeu-tet, daß etwas mit meinem Sexualleben nicht stimmte. Alle
diese Affären dauerten zwei Jahre, und die Trennung war
immer fürchterlich. Romantisch verliebt zu sein hieß, im-mer »unter Strom« zu stehen. Ich war nach meinen Män-nern süchtig, und ohne diese Droge konnte ich nicht leben.
Es gelang mir nicht, zu einer von diesen cleveren Romanti-kerinnen zu werden, die den Übergang von einem Mann
zum nächsten ohne Schmerz schaffen. Am Ende einer jeden
Beziehung war ich durch Trauer, Reue, Verzweiflung oder
Wut immer am Boden zerstört.
Nach jahrelanger Suche fand mein Märchenprinz mich
endlich. Es war, als wäre ein romantischer Traum wahr
geworden, und mit Neunundzwanzig heiratete ich, gerade
noch rechtzeitig, um dem schrecklichen Schicksal zu ent-rinnen, mit Dreißig eine alte Jungfer zu sein. Im ersten Jahr
war unsere sexuelle Kommunikation bescheiden, doch
mein Therapeut meinte, das würde schon werden, wenn
wir die eheliche Anpassungsperiode hinter uns gebracht
hätten. Ich kündigte meine Stelle und konzentrierte mich
auf meine Ehe. Finanziell war ich jetzt gesichert, doch mein
Sexualleben machte mir immer mehr Sorgen.
Im zweiten Jahr unserer Ehe schliefen wir etwa einmal
im Monat miteinander. Wenn das geschah, kam mein Mann
immer zu schnell und ich überhaupt nicht. Danach schwie-gen wir verlegen. Wenn er eingeschlafen war, konnte ich
leise und schnell unter der Decke masturbieren. Ich habe
dabei kaum geatmet und mich so wenig wie möglich be-wegt, weil mir vor Frustration und Schuldbewußtsein fast
schlecht war. Da wir ineinander verliebt waren, konnte ich
nicht begreifen, warum es mit dem Sex nicht klappte.
Ich war ein romantischer Junkie, der in der Ehefalle saß,
die dem romantischen Ideal nicht entsprach. Manchmal
dachte ich, es sei alles meine Schuld. Unser nicht bestehen-des Sexualleben bedeutete, daß ich meinen Teil des Ehe-kontraktes nicht erfüllte. Ich war sexuell wertlos, und er
liebte mich nicht richtig.
Ich wußte nicht, ob ich die Schuld mir, ihm oder der
Institution der Ehe zuschieben sollte. Ich dachte dauernd an
sexuelle Alternativen. Bei entspannter Masturbation hätte
ich jeden Tag einen Orgasmus und einen anständigen Fick
pro Monat haben können. Aber nein! Jedesmal, wenn mir
nach Sex zumute war, mußte ich mich auf meine andere
Hälfte verlassen, und der hatte manchmal wirklich Kopf-schmerzen.
In den nächsten paar Jahren herrschte zwischen uns so
viel Spannung und so wenig Kommunikation, daß ich über-haupt nicht mehr mit meinem Mann schlafen wollte. Statt
dessen schuf ich monumentale Kunstwerke. Doch im sech-sten Jahr, gleich, wie stark ich meinen Trieb sublimierte,
schlichen sich heiße sexuelle Erinnerungen in meine Ge-danken. Einmal, als mein Mann auf Geschäftsreise war,
überschwemmte mich meine Geilheit, und ich erlebte ein
orgiastisches Wochenende, an dem ich meine sexuellen
Phantasien zeichnete. Das erregte mich derart, daß ich so
viel masturbierte, daß ich mehr als nur blind hätte werden
müssen. Ich zeichnete alle sexuellen Perversionen, die ich
kannte, was eigentlich nicht sehr viele waren: oraler Sex,
von hinten und zu dritt. Von Schuldgefühlen über meine
hedonistischen Auswüchse übermannt, vernichtete ich die
Bilder. Ich riß sie in kleine Stücke und spülte sie in der
Toilette hinunter, aus Furcht, jemand könnte sie im Papier-korb finden und wieder zusammensetzen.
Natürlich brach meine Ehe auseinander. Ich wollte, daß
orgasmischer Partnersex zu meinem Leben gehörte. Wir
ließen uns ohne Konflikte scheiden,
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