Sex for One
teilten alles friedlich
auf, und ich hatte genügend Geld für den Übergang ins
Singledasein. Doch nach den Jahren der Abhängigkeit
machte ich mir Sorgen um einen Job und hatte Hemmun-gen, mein Sexualleben neu zu beleben. Ich wirkte zwar wie
eine coole New Yorkerin, doch dahinter steckte eher eine
fünfunddreißigjährige Jungfrau. Daher machte ich mich in
einer Mischung aus Angst und Aufregung auf meine eroti-sche Reise.
Es war 1965, das Jahr, in dem die zweite Welle des
amerikanischen Feminismus begann. Als ich Der Weiblich-
keitswahn von Betty Friedan gelesen hatte, wurde ich spon-tan zur Feministin. Der Mythos, daß jede Frau ihre restlose
Erfüllung in der Ehe findet, war auf immer zerstört. Ich
fühlte mich nicht mehr wie ein Freak, nur weil ich Künstle-rin sein wollte statt Frau und Mutter.
Ich begann zu begreifen, wie die Ehepolitik meine Sexua-lität beeinflußt hatte. Ich hatte zwar aus Liebe geheiratet,
doch in Wirklichkeit meine Sexualität gegen ökonomische
Sicherheit eingetauscht. Da ich in einer Gesellschaft lebte,
die Frauen und Männer ungleich bezahlt, handelte ich
unbewußt Sex gegen die Ehe ein, die für Frauen immer
noch die beste finanzielle Sicherung bedeutet. Ob ich meine
Sexualität nun für meinen Prinzen aufbewahrte, sie freizü-gig an einen Liebhaber verschenkte oder das ausschließli-che Recht auf den Körper in der Ehe gestattete - ich machte
Geschäfte in Sachen Sex. Wenn die weiblichen Geschlechts-teile ökonomischen statt sexuellen Wert haben, wird die
Ehe zur legalen Prostitution. Kein Wunder, daß sich viele
Frauen wie unterbezahlte Nutten und manche Ehemänner
wie überarbeitete Strichjungen fühlen.
Solange ich auf meinem romantischen Ideal bestand, war
ich sexuell unterdrückt und wirtschaftlich abhängig. Der
Wunsch, ein Mann möge sich um einen kümmern, bedeutete,
ihm zu Willen zu sein, und natürlich wollte ich den großen,
alleinseligmachenden Orgasmus vom Vögeln haben. Vielleicht
liebte er mich nicht mehr, wenn ich durch Masturbation oder
oralen Sex zum Orgasmus gelangte? Da ich Sex nicht als
gleichrangiger Partner genießen konnte, benutzte ich ihn, um
meinen Liebhaber zu besitzen. Besitzenwollen provoziert
Eifersucht, und Eifersucht führt immer zu Gewalt. Das
rechtfertigte ich im Namen der Liebe. Entsetzliche Streitereien
und Debatten wurden »Liebesgezänk« genannt. Statt mich an
konformistische Normen anzupassen, stellte ich die Existenz
des perfekten Liebhabers in Frage oder ob es wünschenswert
sei, jeden Orgasmus durch Verkehr zu erlangen. Und ich
stellte in Frage, ob man alle finanzielle und emotionale
Sicherheit in Liebe und Ehe finden sollte.
Die Eheschließung ist eine der wichtigsten Entscheidungen,
die man treffen kann. Da es in der Ehe um das Teilen von
Sex, Geld, Eigentum und möglicher Kinderaufzucht geht,
sollte man ihr die gleiche Würde zugestehen wie einem
Millionengeschäft. Jede gute Geschäftsfrau weiß, wie wichtig
es in einem Vertrag ist, daß die Bedingungen deutlich
formuliert werden und Übereinstimmung erzielt wird, ehe
man eine rechtliche Partnerschaft bildet. Bei meiner Hochzeit
sagte ich nur: »Ja.«
Die Realität einer traditionellen Ehe und die romantischen
Vorstellungen vom Sex sind eine gewagte Kombination.
Unbewußt spielen Paare Machtspielchen, ohne Regeln oder
Vereinbarungen festgelegt zu haben. Bei einem Spiel ist der
arme Mann für die Romantik und die Vögelei allein zuständig.
Trotz seiner eigenen sexuellen Unterdrückung und Verarmung
soll er beim Anblick ihres nackten Körpers eine Erektion
bekommen, sie halten, die Frau erregen und den Orgasmus
hinausschieben, bis sie ihren gehabt hat. Das alles soll er
ohne jegliche Information darüber vollbringen, was sie
wirklich erregt. Die Frau ist passiv, schön und verführerisch,
während sie auf die unglaubliche Erfahrung
wartet, die wir Orgasmus nennen, und wenn sich nichts tut,
konzentriert sie sich auf die Romantik.
Bei einem anderen Spiel ist die Frau für die Erektion des
Mannes verantwortlich. Sie macht Fellatio, damit er steif
wird, und konzentriert sich ausschließlich auf seine Lust. Er
liegt oben und macht, was er gut findet, und sie läßt das zu
und stößt ein paare Laute aus, damit er noch mehr erregt
wird. Er kommt. Sie tut so, und er döst in ihren Armen ein.
Sie ist glücklich, weil sie ihm einen Gefallen getan hat, und
sie liebt seine Nähe. Er ist glücklich, weil ihre Reaktion
bewiesen
Weitere Kostenlose Bücher