Sex for One
hat, daß er ein guter Liebhaber ist, und er liebt es,
wenn sie ihn liebt.
Nach Kinsey wird im nationalen Durchschnitt nach der
Penetration nur zweieinhalb Minuten gebumst. Das reicht
für keinen, um viel Spaß zu haben. Da wir den Sex auf die
Dauer von Erektion und Penetration begrenzen, setzen wir
den Kampf zwischen den Geschlechtern fort. Meistens hal-ten wir es mit der Missionarsstellung, die das romantische
Stereotyp von der passiven Frau und dem dominanten
Mann bestätigt. Er versucht, sich zurückzuhalten, während
sie sich Mühe gibt zu kommen, und oft klappt's bei beiden
nicht.
Wenn wir das sogenannte sexuelle Vergnügen nur etwas
freier auslegen würden, stünden uns eine Vielzahl eroti-scher Köstlichkeiten zur Verfügung. Wenn die einzige Vor-stellung von romantischem Sex der leidenschaftliche Orgas-mus durch Verkehr ist, entsteht dadurch eine genitale Fixie-rung, die freiem Spiel oder Veränderung keinen Raum läßt.
Wir müssen den Gedanken fallenlassen, es gäbe nur einen
»richtigen« Sex, um reichlich Liebe und Orgasmen zu erle-ben.
3.Kapitel
Erotische Liebe
Meine erste nacheheliche Beziehung wurde zum sexuellen
Wendepunkt für mich. Blake war ein aufregender Mann,
zweiundvierzig, mit genug Geld, um sich zur Ruhe zu set-zen. Er hatte sich von seiner anstrengenden Stelle als Pro-fessor und Verleger mühsam gelöst, um Frieden und Ver-gnügen zu finden. Bald nach seiner Scheidung gab er seine
Analyse auf, entwöhnte sich von den Beruhigungspillen, die
ihm sein Arzt verschrieben hatte, und hörte auf, vor dem
Abendessen rituelle Drinks zu schlürfen. Als wir uns ken-nenlernten, trank ich schon seit drei Jahren keinen Alkohol
mehr, und so waren wir beide völlig clean. Wir konzentrier-ten uns auf Sex.
Wir waren beide entzückt über unsere intensive, experi-mentelle Liebesbeziehung. Meine Vorstellung von Ekstase
änderte sich grundlegend. Früher war ich immer schon für
einen Orgasmus dankbar gewesen, denn was man nicht
weiß, macht einen nicht heiß. Und jetzt erlebte ich immer
mehrere Orgasmen hintereinander, deren Intensität mich
beunruhigte. Hinterher war ich jedesmal verunsichert. Ich
fragte Blake, ob die Nachbarn mich wohl gehört hatten. War
er sicher, daß mir das nicht schadete? Fand er es wirklich
gut, wenn ich mich so benahm? Das war der Beginn meiner
Lustangst, der Angst, zuviel des Guten zu bekommen. Er
meinte, ich sei sexuell gesehen die Frau seiner Träume.
Es war sehr aufregend, direkt und offen über Sex spre-chen zu können. Unsere Unterhaltungen führten schnell
zum Thema Ehe, Monogamie und sexuelle Unterdrückung.
Ich erzählte ihm von meiner schuldbeladenen Masturbation
in der Ehe und er mir von seiner. Er sprach darüber, wie in
seiner siebzehnjährigen Ehe der Sex langsam abgewürgt
wurde. Der Liebesakt war absolut absehbar geworden, und
die sexuelle Einfallslosigkeit und der Mangel an Kommuni-kation hatten ihn deprimiert. Er holte sich seine Orgasmen,
indem er heimlich im Badezimmer onanierte. Er sehnte
sich nach sexueller Abwechselung, doch er hatte verspro-chen, monogam zu bleiben, und war zu idealistisch, um sich
außerehelich zu vergnügen. Seine einzige Alternative war
die Masturbation, was auch in Ordnung gewesen wäre,
wenn er Spaß dabei empfunden hätte. Aber wie mir war
auch ihm fast schlecht vor Frustration und Schuldbewußt-sein. Seine Selbstachtung wurde dabei völlig ausgehöhlt,
und er sah sich selbst bald als alten Mann mit schmutziger
Phantasie.
Während unserer Diskussionen begriff ich allmählich,
wie uns unser antisexuelles System unterdrückt. Ohne
Schuldgefühle kann man sich nicht einmal berühren. Diese
Erkenntnis machte mich so wütend, daß ich mir gelobte,
sexuelle Schuldgefühle ein für alle Mal aus meinem Hirn zu
verbannen. Das hatte in meinem Leben keinen Platz mehr.
Ich war entschlossen, Sex leidenschaftlich und ohne Einmi-schung von Kirche und Staat zu genießen. Blake und ich
gingen bald über die herkömmliche Rollenverteilung hin-aus. Dank unserer gesunden Neugier experimentierten wir
mit der passiven oder aktiven Rolle und wechselten uns mit
oralem Sex und »Handarbeit« ab.
Es war eine Sternstunde für Seele und Körper, als wir uns
trafen. Wie schön, einen Mann zu finden, der mit mir in
Sachen Sex einer Meinung war. Wir suchten nach weiteren
Informationen, die unsere Meinung von der Wichtigkeit der
Masturbation bestätigten. Masters und Johnson hatten ge-rade ihre
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