Sex ist verboten (German Edition)

weg. Muss mich wohl gesehen haben. Ich drehe mich nicht um. Es ist mir egal, wer es ist. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum die Leute an einen Ort wie das Dasgupta-Institut kommen und einen Eid ablegen, nur um ihn dann zu brechen und heimlich ins Barley Mow zu gehen. Ich habe das am Anfang selber so gemacht. Es gibt kein
samādhi
ohne
sīla,
keine Sammlung, ohne die fünf Sittlichkeitsregeln zu beachten. Es gibt kein
paññā
ohne
samādhi,
kein Verstehen ohne Konzentration. Es gibt kein
nibbāna
ohne
paññā
,
keine Glückseligkeit ohne Verstehen, ohne die Weisheit der Erfahrung. »Warum bist du mit in den Urlaub gefahren, wenn du nicht hier sein willst?«, hat Carl gefragt. Gute Frage. Er wurde langsam rasend. »Wieso machst du die ganze Zeit mit diesen
    Froschfressern rum, Beth? Die wollen dir doch bloß an die Wäsche.« Wir hatten unsere Gitarren mitgenommen. Er wollte an akustischen Arrangements arbeiten, damit wir auch ohne Zoe und Frank auftreten konnten. Nur wir beide. Er wollte mich für sich allein haben. Er wollte eine Mauer um mich errichten. Es war zu spät. Ich war nicht mehr da, um mich ummauern zu lassen. Ich lag den ganzen Tag auf dem Rücken im Zelt und simste und simste und simste, und abends betrank ich mich mit Hervé und Philippe.
    »Ich bin schwanger«, erzählte ich ihm. »Ungefähr in der elften Woche.«
    Carl war begeistert.
    JETZT MAL LANGSAM , simste Jonathan. FERRARIS SIND ZUM ANGEBEN DA, NICHT ZUM FAHREN .
    »Die Moral ist ein Naturgesetz«, sagt Harper immer, ganz wie es in Dasguptas Handbuch der besten Antworten auf häufige Fragen steht. Ich hoffe, Mi Nu benutzt es nicht. Vielleicht spricht Mi Nu so leise, damit Harper nicht mitbekommt, dass sie Dinge sagt, die nicht im Buch stehen. »Eine unheilsame Handlung erzeugt Leiden, so sicher, wie ein Wagenrad im Sand Spuren hinterlässt.« Ich erzählte Jonathan nicht, dass meine Regel zwei Mal ausgeblieben war. Das wäre noch unheilsamer gewesen als das Schwangerwerden an sich. Hätte ich es Jonathan gesagt, hätte ich ihn verloren. Ich hatte ihn schon verloren. Ich habe ihn nie besessen. ICH GLAUBE, DER ARZT IST IN MICH VERLIEBT, schrieb ich. ER HAT MIR EIN AMULETT GESCHENKT. IRGENDEIN SELTSAMES INSEKT IN BERNSTEIN. ER SAGT, MIT DIESEM AMULETT UM DEN HALS WIRST DU NICHT STERBEN .
    DAS FREUT MICH, BETH. FREUT MICH, DASS DU IN GUTEN HÄNDEN BIST .
    Meredith und Stephanie machten Yoga-Übungen. Das ist verboten. Sie sollten schlafen. Kristin lag auf ihren Latten und las das
Bodhicaryāvatāra.
Es gibt nicht viele Bücher in der Bibliothek des Dasgupta-Instituts. Ein Dutzend? Ich habe versucht es zu lesen, zwei Mal. Ein Wunder, dass ich gelernt habe, wie man den Titel ausspricht. Marcia lag auf ihrem Bett und erteilte Ratschläge zu den Dehnungsübungen, Ratschläge zum Atmen, Ratschläge zum Buddhismus. Ein Glück, dass wir nicht auch noch Ines bei uns haben.
    Ich blieb an der Tür stehen. Kristin blickte nicht auf, als ich hereinkam. Das Licht der Lampe ist kaum hell genug zum Lesen. Ich hätte am liebsten mit den Mädchen Yoga gemacht, aber das ging nicht. Ich wusste nicht, ob ich reden oder die Edle Stille beachten sollte. Die anderen würden von sich aus nicht anfangen zu reden. Man spricht nicht mit jemandem, der aus dem Service ausgestiegen ist, um zu meditieren. Man drängt sich nicht auf.
    Ich stand an der Tür. Es wäre schön zu reden, aber dann wäre ich wieder in der Welt. Ich würde mich über Stephanie lustig machen, ich würde für Meredith Witze reißen, würde versuchen, Kristin zu beeindrucken, und ich würde Marcias Fürze bemerken. Wenn ich schweige, bleibt Beth im Hintergrund. Es gibt sie kaum. Breche ich das Schweigen, dann kann ich mich nicht mehr bremsen. Ich konnte mich auch nicht bremsen, als ich Jonathan die endlosen SMS schickte. Ich hatte die Kontrolle verloren. Es hat ein Vermögen gekostet.
    DER ARZT SAGT, WENN ES MIR BESSER GEHT, WILLER MICH ZUM ESSEN EINLADEN. ER IST SEHR NETT .
    FREUT MICH, BETH. FREUT MICH .
    »Wem schreibst du da?«, wollte Carl wissen. Er saß die ganze Zeit an meinem Bett. »Wem musst du denn andauernd simsen?«
    Es war zehn Uhr. Um vier würde ich aufstehen. Oder auch nicht. Vielleicht ist deine Zeit im Dasgupta-Institut vorbei. Eine Stimme in meinem Kopf sprach diese Worte. Ich hatte sie schon mal gehört. Stephanie ist wohlgeformter als Meredith. Sie hat hübschere Knie und Oberschenkel und breitere, eckigere Schultern. Aber Meredith ist attraktiver, elastischer. Wenn sie sich