Sex oder Lüge
brauchte keinen Partner, der in der Lage war, jederzeit der ganzen Welt zu verkünden, was sie der Öffentlichkeit verheimlichen wollte.
Er hatte das nicht vor, aber bei Delano Wise hatte er es auch nicht geplant. Im Grunde war es eher Dels Verlobte gewesen, über die Caleb alles ausgeplaudert hatte. Als Max Savage hatte er der Welt verraten, dass die berühmte Kirchenmusikerin sich gerade in einer Entzugsklinik von ihrer Kokainsucht heilen lassen wollte. Durch diesen Bericht hatte sie ihren Plattenvertrag verloren und auch die Möglichkeit, mit einem eigenen Label bei einer großen Bekleidungskette einzusteigen.
Und Caleb? Er hatte seinen besten Freund verloren, den größten Teil seiner Selbstachtung, und dafür hatte er die Erkenntnis gewonnen, dass er schon über all die Jahre hinweg Kummer verursacht hatte. Es gab eine Grenze, und er hatte sie übertreten. Leider hatte er sich dadurch auch selbst verändert.
„Bist du sicher, dass du jetzt noch Appetit auf Kuchen hast?“
Er hatte Miranda nicht zurückkommen gehört. Als sie nun mit zwei Tellern vor ihm stand, setzte er sich auf und nahm ihr einen der Teller ab. „Auf Süßes habe ich immer Appetit.“
„Du warst wohl gerade ganz weit weg, was?“ Sie nahm neben ihm Platz.
Er schüttelte nur den Kopf und aß von seinem Stück Torte. „Ich habe über ein Buch nachgedacht, an dem ich gerade arbeite.“
„Du schreibst ein Buch?“
Wahrscheinlich war der Zeitpunkt jetzt so gut oder schlecht wie jeder andere, um ein paar Details aus seinem Leben zu offenbaren. Da sie bereits schlechte Erfahrungen mit der Presse gesammelt hatte, war ihm klar, dass das, was er jetzt sagte, sicher auch Auswirkungen darauf haben würde, wie die Dinge sich zwischen ihnen entwickelten. „Eigentlich arbeite ich nicht direkt künstlerisch. Bei mir geht es eher um Nachrichten aus dem Unterhaltungssektor.“
Sie erstarrte. Ihr Blick bekam einen ängstlichen Ausdruck. „Du bist Reporter?“
Er nickte.
„Du sagtest doch, du seiest künstlerisch tätig.“
„Ich weiß. Künstlerisch klingt einfach nicht so …“
„Oberflächlich? Reißerisch? Billig und verlogen?“
Er hielt sich eine Hand an die Brust. „Du verletzt mich gerade ziemlich tief.“
„Was erwartest du denn? Ehrfürchtige Verbeugungen?“ Wütend stach sie mit der Gabel auf ihr Stück Kuchen ein.
Wieso fühlte es sich für ihn an, als sei er es, auf den sie einstach? „Ich schreibe Artikel.“
„Sicher ist dir der Wahrheitsgehalt deiner Storys auch eher egal, stimmt’s?“
Was sollte er dagegen einwenden? Allerdings schmerzten ihre Anschuldigungen trotzdem. „Du weißt gut, wie du einem Mann wehtun kannst.“
„Ich habe nichts gegen dich, sondern nur gegen deinen Job.“ Sie steckte sich ein Stück Kuchen in den Mund.
So leicht wie ihr fiel es ihm nicht, zwischen seinem Job und sich selbst zu unterscheiden. „Das heißt, wenn ich schreiben würde, Candy singt wie eine Feuerwehrsirene, würde dies Miranda nicht das Geringste ausmachen?“
„Vielleicht doch ein bisschen.“ Stirnrunzelnd trank sie von ihrem Kaffee und aß ihren Kuchen auf, bevor sie schließlich fragte: „Wieso schreibst du nicht über Politik oder das Ausland oder …“
„Anstatt über Hollywood oder New York? Du meinst, das, worüber ich schreibe, sei nicht wirklich wichtig? Oder überhaupt berichtenswert? Egal, wie viele Menschen diese Nachrichten aufsaugen?“ Das hörte er alles nicht zum ersten Mal.
Sie nickte und wich seinem Blick aus. „Was du schreibst, verletzt Menschen, Caleb.“
Er wusste selbst nicht, wieso er einen Job verteidigte, den er schon sehr bald an den Nagel hängen wollte. In gewisser Weise empfand er Stolz auf die Arbeit, die er in den vergangenen Jahren geleistet hatte, selbst wenn er Fehler gemacht und Grenzen überschritten hatte. „Jeder Bericht kann Menschen verletzen, Miranda. Wenn ich einen politischen Skandal aufdecke, verletze ich damit irgendjemanden. Wenn ich über Tote im Nahen Osten berichte, verletzt es jemanden.“
„Aber das ist nicht dasselbe.“ Sie stieß mit der Gabel auf den Teller.
„Das sagst du nur, weil dich irgendein Journalist in deinem früheren Leben verletzt hat, richtig?“ Er spürte, dass er kurz davorstand, die Ursache für ihre Abneigung gegen Reporter zu entdecken.
„Ja, es ging um meine Scheidung. Ich wurde gedemütigt, indem man mich als bemitleidenswertes Wesen dargestellt hat, das seinen Ehemann nicht befriedigen kann und das nur aus dem einen Grund
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