Sex oder Lüge
Antwort darauf ganz offensichtlich. „Mir gefällt es hier. Es ist eine ruhige, friedliche und stressfreie Welt.“
Caleb drängte weiter. „Ohne neugierige Presse?“
„Das kommt noch hinzu, ja.“ Wieder nickte sie. „Aber ich erwarte gar nicht, dass du verstehst, wie es ist, ständig von Reportern belästigt zu werden. Schließlich stehst du auf der falschen Seite der Mikrofone.“
Er dachte an die Frage zurück, die sie ihm gestellt hatte, und an das, was sie ihm von ihrer Scheidung erzählt hatte. „Würde es einen Unterschied machen, wenn ich hinter einem Mikrofon stünde, aber für CNN oder die ‘New York Times’ berichten würde? Ist es nur die Tatsache, dass ich über Stars und Sternchen berichte, die dich stört?“
„Es fällt mir schwer, mir bewusst zu machen, dass du so einen Job hast. Du verkörperst damit alles, was ich an den Medien verabscheue. Und trotzdem …“
„Und trotzdem bringst du es nicht über dich, mich zum Teufel zu jagen.“
„Ich bin gern mit dir zusammen. Nie hätte ich gedacht, dass ich … Ach, egal.“ Sie schüttelte den Kopf, und Tränen standen ihr in den Augen. „Es spielt keine Rolle.“
Er wollte sie nicht bedrängen. Wenn sie ihn nicht wiedersehen wollte, würde er das akzeptieren müssen. Dennoch fragte er sich, wie sie erst reagiert hätte, wenn sie mehr als nur die geschönte Version über seine Taten erfahren hätte?
„Sei mir nicht böse, aber ich möchte schlafen gehen. Ich habe auf einmal ziemliche Kopfschmerzen.“ Sie stellte den Teller weg, stand auf und schlang die Arme um sich. „Du kannst im Gästezimmer schlafen, aber im Schrank findest du auch Kissen und Decken, falls du hier vor dem Kamin übernachten möchtest.“
„Kein Problem.“ Offenbar schaffte er es immer wieder, bei den wichtigen Dingen in seinem Leben zu versagen. War das eine Rache des Schicksals dafür, dass er so vielen Menschen Kummer bereitet hatte? „Wir sehen uns morgen früh. Gute Nacht.“
8. KAPITEL
Als Caleb sich am nächsten Morgen endlich vom Sofa aufrappelte und ins Bad ging, fand er dort eine Nachricht von Miranda am Spiegel. Die Kaffeemaschine sei schon vorbereitet, er müsse sie nur noch anschalten.
Es gebe Eier, Speck und Mehl, falls er sich zum Frühstück etwas braten wolle, und es seien auch Cornflakes oder Müsli und Milch da, wenn er es lieber schnell und einfach haben wolle. Sie sei im Blumenladen, aber heute Abend könnten sie sich im Club Crimson sehen, wenn er den gestrigen Abend wiedergutmachen wolle.
Bei dieser Bemerkung musste er lächeln, doch dann ließ er die Schultern sinken, als ihm klar wurde, was für ein Mistkerl er war.
Da sie ihm nicht angeboten hatte zu duschen, wusch er sich nur das Gesicht und putzte sich mit einem Finger provisorisch die Zähne. Eigentlich hätte er auch die Zahnbürste mitnehmen können, aber als er zu ihr gefahren war, hatte er nur an Sex und das Dinner gedacht.
Das Angebot mit dem Kaffee nahm er allerdings gern an. Fast die gesamte Kanne trank er leer, während er an der offenen Küchentür stand und fror. Warum er das trotzdem so gern tat, konnte er selbst schwer erklären. Aber immerhin machte der heiße Kaffee die Kälte erträglich.
Am Abend zuvor hatte er kurz vor dem Einschlafen beschlossen, das Blumengeschäft aufzusuchen und Miranda ein Bouquet zu schicken – als Dank für das wundervolle Dinner und den unvergesslichen Abend. Dabei war ihm durchaus bewusst, dass sie sich die Blumen letztlich selbst schicken musste.
Entweder akzeptierte sie die Geste als Entschuldigung, oder sie sah darin nur einen weiteren Beweis dafür, dass er ein Mistkerl war. In diesem Fall brauchte er wohl kaum mit einer Versöhnung zu rechnen.
Zuerst musste er herausbekommen, wo das Blumengeschäft sich befand und wie er dorthin kam. In der Küche fand er das Telefon, und in einer Schublade darunter lag auch das Telefonbuch. Unter der Rubrik Floristen gab es außer „Under The Mistletoe“ keinen weiteren Eintrag.
Das Geschäft lag an der First Street, und aus dem kleinen Stadtplan unten auf der Anzeige war ersichtlich, dass die Straße direkt von der Second Avenue abging. Leider lautete die Hausnummer 102, und vorausgesetzt, dass die Häuser in Mistletoe genauso nummeriert wurden wie in anderen Städten, bedeutete das, dass Caleb zehn Blocks durch die Kälte laufen musste.
Boots und Mantel hatte er mit, aber keine Mütze, und auch die Jeans würde ihn nicht sehr wärmen. Er würde schnell gehen müssen und hoffen, dass
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