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Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition)

Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition)

Titel: Sex und die Zitadelle: Liebesleben in der sich wandelnden arabischen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shereen El Feki
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Menschenrechten profitierte. Was geschieht, wenn man eine Menge Wasser daraufschüttet? Es kommt zu Überschwemmungen; man muss der Gesellschaft Zeit lassen, die Veränderungen zu absorbieren.«
    In Ägypten hören sich Ech-Chennas Worte in einer Zeit des Übergangs glaubhaft an. Nach der schnellen Entmachtung des ehemaligen Präsidenten Mubarak hat der viel langsamere Prozess begonnen, eine jahrzehnte-, ja sogar jahrhundertealte politische Kultur zu verändern. Gesellschaftlicher Wandel auf der Ebene des Alltagslebens ist sogar ein noch langfristigeres Unterfangen. Immerhin höre ich heute in Ägypten ein paar Stimmen, die es nach Generationen der Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit wagen, sich ein Land vorzustellen, in dem zumindest einige derjenigen, die heute noch gesellschaftlich ausgegrenzt sind, darunter auch unverheiratete Mütter, eines Tages dazugehören werden. »Mit der Zeit wird sich die Schande verändern. Jeden Tag wird es ein bisschen besser, davon bin ich überzeugt«, sagte mir eine unverheiratete Mutter in Kairo. »Wir alle werden zu einer Welt … Ansonsten werden wir untergehen, aussterben. Die ganze Welt verändert sich: Nordafrika wandelt sich, sogar Saudi-Arabien wandelt sich … Und da sagen Sie mir, dass bei uns alles beim Alten bleiben wird?«

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WA(H)RE LIEBE
     
Ich bin keine Prostituierte, und mein Ehemann gibt mir kein Geld – aber woher krieg ich dann die Mäuse?
    Meine Großmutter über die begrenzten Optionen einer Frau
     
    Als mein Vater Ende der 1940er Jahre ein Teenager war, fuhren er und sein bester Freund jeden Freitag in einer Straßenbahn quer durch Kairo zur Al-Azhar, dem historischen Zentrum der Gelehrsamkeit in der muslimischen Welt, um dort zu beten. Heute wird die Große Moschee von Al-Azhar, die wie eine Festung am Rand von Khan al-Khalili, dem berühmten Suk Kairos, aufragt, vom modernen Leben belagert, von tosendem Verkehr umflossen. Aber in der Jugendzeit meines Vaters beherrschte sie die Stadtlandschaft sowohl in physischer wie in geistlicher Hinsicht; in einem Zeitalter vor Satelliten-Predigern und Online-Fatwas hatte Al-Azhar für Ägypter und einen Großteil der weiteren muslimischen Welt das letzte Wort.
    Mein Vater und sein Freund wurden von dessen Vater, einem hohen Beamten der Moschee-Verwaltung, nach Abschluss der Gebete ermahnt, nicht allzu weit über deren Gelände hinauszuschlendern und insbesondere nicht in das nahegelegene Viertel al-Batniyya, dessen Gewirr dunkler Gassen eine berüchtigte Lasterhöhle war. Dazu gehörte auch Prostitution, da‘ra in der ägyptischen Umgangssprache, bagha’ im klassischen Arabisch. In al-Batniyya waren sharamiit – was im ägyptischen Arabisch »Lumpen« bedeutet, aber in der saloppen Umgangssprache auch »Prostituierte« meint – bereit, sich um die Bedürfnisse ihrer Kunden zu kümmern; dazu gehörte auch die Erleichterung des Gewissens bei Al-Azhar-Studenten, die bekanntlich das Gebiet frequentierten. » Mallaktuka nafsi «, pflegten die Damen zu sagen, während sie mit und an den Frommeren unter ihren Kunden die Knöpfe öffneten. »Ich gebe dir das Recht, mich zu besitzen.« 1
    Diese Formel hat eine lange Tradition. Trotz der ganzen sexuellen Verklemmtheit im heutigen Ägypten war das Land keineswegs von jeher der Fleischeslust so spröde abhold, und die Bekehrung zum Islam, die im 7. Jahrhundert begann, hatte daran wenig geändert. Der Islam erkennt im Kern die Macht der Sexualität – speziell das Begehren der Frauen – an, und zwar so sehr, dass er Regeln und Vorschriften aufstellte, um ihre Kraft zu kanalisieren, wenngleich die Befriedigung des Mannes dabei höchste Priorität genießt. Eine dieser Institutionen war das Konkubinat – im Grunde sexuelle Sklaverei –, eine Besonderheit der präislamischen Gesellschaft, welche die neue religiöse Ordnung beibehielt. 2 Doch lässt der Koran keinen Zweifel daran, dass diese Institution mit dem Glauben vereinbar ist. »Den Gläubigen ergeht es wohl, die bei ihrem Gebet demütig sind, die sich vom Geschwätz abwenden, die die Armensteuer geben, die ihre Scham bewahren – außer gegenüber ihren Ehefrauen oder dem, was ihre Rechte besitzt, dann sind sie nicht zu tadeln. Wer darüber hinaus begehrt, das sind die Gesetzesbrecher«, ermahnt einer von mehreren Versen zu dem Thema. 3 Während die Vielweiberei auf höchstens vier Ehefrauen beschränkt ist, ist das Konkubinat ein zahlenmäßig unbeschränktes Unterfangen, was die großen Harems der arabischen

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