Sex und Folter in der Kirche
Requisiten der religiös bedingten Selbstgeißelung beliebt.
Als Foltergeräte wirkten Geißelungsgürtel nicht selten tödlich: Um die Taille gelegt, rissen sie bei einer jähen Bewegung, oft bei jedem Atemzug das Fleisch auf. Oft wurden offenliegende Fleischteile vom Folterknecht mit fleischfressenden Maden besetzt, die sich tödlich sicher in die Bauchhöhle des Opfers nagten: ein weiteres 211
Beispiel für den Einsatz von Tieren bei der Folter von Menschen.115
Der in der genannten Ausstellung gezeigte Gürtel stammt aus Spanien oder Frankreich, ist um die Wende zum neunzehnten Jahrhundert gefertigt worden und trägt etwa zweihundertzwanzig nach
innen weisende Dornen.116
Gleich praktikabel wie die Halsketten und -krausen waren die
vielfältigen Formen des Zwangsgürtels. Dieser wird an der Taille der Gefolterten angelegt. Die an seiner Seite angebrachten kleineren Ringe schließen sich um die Handgelenke. So gefesselt wird das Opfer einfach bis zu seinem Geständnis oder bis zum Tod Hunger, Durst, Kälte oder Hitze ausgesetzt; die sich rings um den Gürtel ausbreitende Infektion tut das Ihre hinzu. Noch vor wenigen Jahren wurde der Gürtel in Gefängnissen und »Irrenanstalten« eingesetzt; noch verschwand er nicht überall.117 Der spanische Kitzler, ein eisernes Requisit von der Größe einer Hand, war mit scharfen
Zacken besetzt und gewöhnlich an einem kurzen Stiel befestigt.118
Er diente dazu, das Fleisch des an den Armen aufgehängten Opfers zu Fetzen zu reißen und bis auf die Knochen abzuschaben. Dabei galt die Devise allen Folterns: Das Opfer mußte vorzugsweise nackt sein, um seine körperliche Integrität völlig dem Willen und Handwerk des Exekutors auszuliefern. Kein Körperteil blieb verschont:
Gesicht, Bauch, Rücken, Gliedmaßen, Geschlechtsteile, Brüste.
Wieder einmal, immer wieder, immer noch kein Zufall, daß und
wie sich die Folterlust einer Männer- und Klerikerkaste derer annahm, die angst machten: der Frauen. Da ist die Rede davon, wie Frauen lebendig begraben wurden. Die Spezialität: An ihren Brü-
sten war ein Sack mit Katzen befestigt, die unter der Erde die Haut zerkratzen würden.119 An Frauen kann patriarchale Moral besonders intensiv demonstriert werden. Das gesamte Geschlecht, das nach dieser Doktrin stets zum Versucherischen, Gefährlichen, Sündigen geneigt ist, bedarf notwendigerweise der Führung und Erziehung. Der männliche Logos, vorgeblich objektiv, übernimmt die schwere Aufgabe, das Mysterium Weib zu erhellen und die im
Dunkeln, Erdhaften, Höhlenhaften Entdeckten120 auf den Weg der Wahrheit und des Lichtes zu führen. Weigern sich die Frauen, die Männermoral zu akzeptieren, bekommt ihnen dies schlecht.
Nicht nur die Kriegsführung ist Männersache; S. L. Vauban
(† 1707), einer der berühmtesten Militärarchitekten aller Zeiten, schätzte, daß allein in den Kriegen, die Christen zwischen dem 212
vierten und dem siebzehnten Jahrhundert anzettelten und führten, auf jeden in der Schlacht getöteten oder verletzten Krieger zwölf Frauen, Kinder oder andere unbewaffnete Zivilisten kamen, die ermordet wurden. Wer weitere Belege für den Opferstatus von
Nichtmännern (Nichtkriegern) sucht, erinnere sich der Bombenan-griffe auf Dresden und Hiroshima, bei denen mehr Frauen und
Kinder getötet und verstümmelt wurden, als die USA im Zweiten Weltkrieg an Verlusten unter ihren Soldaten und Seeleuten zu
tragen hatten.121 Doch auch Rechtsprechung und Strafvollzug sind und bleiben in der Hand der Patriarchen. Diese nahmen sich das Recht zum Foltern, Töten, Negieren und Auslöschen von Menschen; ihre Kirche legitimierte dies. Erst in unserem Jahrhundert wird das grauenhafte Monopol aufgebrochen, wenn auch nicht
grundlegend und überall. Bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein beweisen Männer den Frauen ihre foltermoralische Überlegenheit: Ledige Mütter122 werden wegen ihrer zutage getretenen Sünde
ausgepeitscht, öffentlich, voyeuristisch;123 die Männer gehen straf-frei aus.
Frauen, denen leichtere Vergehen als solche sexuell beschwerten angelastet werden, zumeist die als typisch weiblich definierten wie Diebstahl, Zanksucht, Geschwätzigkeit, kommen an den Pranger 124 , werden mit Händen und Füßen in Löcher und Eisenklammern eingeschlossen und öffentlich ausgestellt, gerade vor Kirchen.
Dort können sie vom Mob verhöhnt, bespuckt, getreten, geschlagen, mit Urin und Fäkalien überschüttet werden. Solche Substanzen hatte jeder zu Hause. Sie wurden in
Weitere Kostenlose Bücher