Sexbewusstsein - So finden Sie erotische Erfuellung
keinen Moment kam er auf die Idee, sie zu fragen, ob sie das überhaupt wollte. Seine Sicht der Dinge: «Ich tue alles, damit du glücklich bist». Sie fühlte sich aber nicht glücklich, sondern überrumpelt. Das sagte sie ihm jedoch nicht, da sie wusste, dass er dann gekränkt wäre. Stattdessen heuchelte sie Freude: «Nein, wie lieb, dass du an mich denkst! Wie süß von dir! Aber tut mir leid, so etwas bringt mir nichts.»
Eigentlich hätte sie ihm hier schon reinen Wein einschenken sollen: «Udo, hör endlich auf damit, mich zum Orgasmus bringen zu wollen! Dein Übereifer nervt mich!»
Warum tat sie es nicht?
«Ich fühlte mich ein bisschen als Versagerin, weil ich bei ihm nicht kommen kann», schrieb mir Elke, mit der ich nur kurz Kontakt hatte. «Und vor allem weil ich merkte, wie sehr sein Selbstverständnis daran hängt, es mir ‹besorgen› zu können. Er ist sehr erfolgsverwöhnt, will in allem ein toller Hecht sein; ich weiß von ihm, dass er schon mit sehr vielen Frauen etwas hatte. Eigentlich mag ich es, dass er im Bett so aktiv ist, er übernimmt die Führung, macht und tut. Doch er ist nicht gerade der Geduldigste und spricht die Dinge dann auch schon mal sehr direkt aus. Vor drei Wochen, als er beim Sex kam und ich nicht, brach es dann aus ihm raus: Was er anders machen soll, schließlich könne es an der Dauer nicht liegen, wie das bei seinen Vorgängern war, was er falsch mache? Ich kann jedoch gar nicht genau formulieren, was er jetzt machen soll, hab’s irgendwie nicht richtig raus, mich auf seine Finger, seinen Rhythmus einzulassen, vielleicht sträubt sich in mir unbewusst etwas gegen ihn.
Nun kommen schon Kommentare von ihm, dass meine Vorgängerinnen da wohl weniger ‹gefangen› waren und sich nach diesen Monaten doch nun langsam mal ein O einstellen könnte, er merke doch, wie unbefriedigt ich sei …»
Nach einem gemeinsamen Wochenende und seiner abschließenden Bemerkung: «Vielleicht verstehst du auch einfach zu wenig von deinem eigenen Körper», platzt ihr der Kragen: Sie holt ihren Vibrator aus dem Schrank und zeigt ihm, dass sie damit innerhalb einer Minute kommen kann. Und noch ein zweites Mal … ein drittes … ein siebtes …
Er ist geschockt, sprachlos. Zwei Wochen lang kann er kaum noch essen und schlafen, er fühlt sich niedergedrückt und wie hinter einem Schleier, ständig hat er dieses Bild vor Augen, wie sie sich «widerwärtig von diesem Ding durchrütteln lässt».
Weil er dieses Erlebnis nicht verkraften kann und auch diese Potenzstörung entwickelt hat, kommt er zu mir. Da er wegen der ausbleibenden Erektion völlig panisch ist und mehrmals täglich an seinem Penis herumzerrt und -manipuliert, was mangels Erfolg die Panik stetig erhöht, rate ich ihm zuallererst: «Haben Sie Geduld mit sich selbst. Bitte versuchen Sie nicht, ‹mit Gewalt› etwas aus Ihrem Penis zu holen. Er ist derzeit ‹tief beleidigt› und will eine Weile schmollen.»
Ich erkläre ihm, dass er eine Art «kleines Trauma» erlebt hat, das bei ihm eine depressive Reaktion ausgelöst hat. Daran beißt er sich nun fest: Elke hat ihm ein Trauma zugefügt! Seiner Meinung nach ist er das bedauernswerte Opfer ihrer sadistischen Grausamkeit. Sie hat ihn sozusagen vergewaltigt. Sie ist schuld daran, dass sein Leben nun nicht mehr überquillt vor erotischem Wohlgefühl, sondern sich angesichts der «Vibrator-Demonstration» verfinstert hat.
Aber: Wer in der Opfersicht steckenbleibt, blockiert seine eigene seelische Heilung und/oder seine Weiterentwicklung.
Also sage ich ihm: «Das, was bei Ihnen die jetzige Störung ausgelöst hat, hätte bei den meisten Männern nicht solche Folgen und Reaktionen nach sich gezogen. Wenn ich bei Ihnen von einem Trauma sprach, meinte ich, dass es Ihr ganz persönlicher Albtraum ist. Und das hat viel mehr mit Ihrem Inneren als mit äußeren Faktoren zu tun. Das zu erkennen und zu akzeptieren, ist unangenehm, deshalb suchen die meisten Menschen in so einer Situation die Ursachen im äußeren Umfeld – wie Sie die ‹Schuld› in Elkes ‹Gefühllosigkeit›, ihrer ‹Sexstörung› und in ihrer schockierenden ‹Vibro-Aktion› sehen. Wir dürfen jedoch nicht auf Elkes Seite suchen, denn das führt uns weg von Ihnen und Ihren ganz eigenen verborgenen Themen.
Die Hauptdiagnose bei Ihnen ist nicht ein klassisches Trauma, sondern eine ‹Selbstwertkrise auf Basis einer massiven narzisstischen Kränkung›, eine Kränkung, die Ihr bisheriges Selbstbild und
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