Sexualitaet mit Leib und Seele
schütteln. »Zu wenig Yin. Nicht ausgeglichen. Nicht gut!«
Yin und Yang sind zusammengehörige, unterschiedlich wirkende Prinzipien, mit denen Gegensätze im Universum beschrieben werden. Sie können uns wertvolle Dienste leisten, um zu verstehen, woran unser Sex möglicherweise krankt. Yang steht für männlich und aktiv, Yin für weiblich und passiv. Tag und Nacht, hell und dunkel, Ein- und Ausatmen sind weitere Gegensatzpaare, wobei der Übergang zwischen den Polen fließend ist. Das Ziel ist nicht, eines der beiden polaren Prinzipien strikt zu vermeiden und zu versuchen, das jeweils andere zu erreichen – so wie es bei Gut und Böse der Fall ist –, sondern sie in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, da nur so dauerhaft Energie fließt. Doch ausgewogen sind diese beiden Pole in unserem modernen, alltäglichen Leben nicht. Wir kennen es alle: übersteigertes Yang, also Anforderungen, Termindruck, Hektik, Stress, Laut stärke – und zu wenig Yin, mithin Entspannung, Schlafen, Genießen, Stille. Das ist kein Leben, das man sich auf Dauer wünscht, das macht unzufrieden und krank.
Schieflage auch im Bett
Yin ist, wie gesagt, weiblich, Yang ist männlich. Früher waren diese Polaritäten im Sex eindeutig verteilt: Der Mann sagte an – und die Frau fügte sich. In allen Macho-Kulturen ist das auch heute noch so.
In modernen Gesellschaften können wir erkennen, wie die Gleichberechtigung vorangekommen ist: Die Frauen werden nicht mehr unterdrückt, sie dürfen auch wie Männer sein. Vergleicht man alte Action-Filme mit modernen, kann man das besonders gut erkennen: Einst waren Frauen das dekorative Element oder mussten gerettet werden. Heute wird es als sexy wahrgenommen, wenn sie mit den größten Knarren fleißig mitballern und auch mal einen Mann aus den Klauen des Feindes befreien.
Im Sex gibt es dieses Ungleichgewicht ebenso, das Yin hat sich unbemerkt verflüchtigt: Frauen sollen im Sex aktiv sein, fast an der Grenze zur Aggressivität, dazu noch aufreizend super-weiblich. Der Mann muss Leistung bringen, und er soll auch einfühlsam und ausdauernd zärtlich sein. Auch die scheinbar weiblichen Qualitäten sind allesamt mit Ansprüchen besetzt! Und damit wird Sex endgültig zur anstrengenden Angelegenheit. Man muss grandios im Bett sein, Orgasmuspflicht ist selbstverständlich. Weitere Forderungen kommen dazu: »Zeig mir, dass du es genießt, sei ein Luder. Hast du Lust auf mich, bist du geil?« Natürlich soll der Sex auch noch spontan passieren, wild und ekstatisch oder romantisch und unvergesslich sein. Unbewusst sind wir ständig beschäftigt, unzählige Bedürfnisse zu erfüllen, die eigenen und die des Partners. Das verkörpert alles eher den Yang-Pol. Yin würde beim Liebesspiel zum Beispiel als tiefe Hingabe zum Ausdruck kommen. Aber die hat keinen Platz mehr in der Erotik, dafür müsste man nämlich die Erwartungen an tollen Sex loslassen.
Wo ist das Yin geblieben?
Wir können es nicht ausschalten, letztlich bricht es sich doch Bahn – in Form von Erschöpfung und Lustlosigkeit. Und es antwortet auf die Frage: »Bist du geil?« mit: »Ich will meine Ruhe haben, lass mich schlafen.« Oder als letztes Zugeständnis: »Lass uns kuscheln.«
Von vielen, die in Sachen Sex Rat geben, wird dieses Ungleichgewicht mittlerweile sehr wohl erkannt. Und Entspannung empfohlen, autogenes Training, mal wieder Urlaub machen. Atemübungen. Das ist alles wunderbar und richtig, aber im Grunde sind es hilflose Tipps. Yin und Yang muss in der Sexualität selbst stattfinden, und zwar in einem guten Gleichgewicht, dann taucht die Lust auch wieder auf.
Yin und Yang in der Erotik
Um dem Yin-Pol in der Sexualität einen angemessenen Platz einräumen zu können, sollte man sich Gedanken darüber machen, was von unseren sexuellen Aktivitäten eher dem Yin und was eher dem Yang zuzuordnen ist.
Zum Yang-Pol gehört natürlich alles, was mit Machen, Denken, Wollen und hoher Erregung zu tun hat: Sex im Kopf, erotische Fantasien, aufregende Spiele und der Reiz des Neuen und Verbotenen. Yang-Sex braucht diese hohe Spannung, seine Essenz ist das Erobern, er kommt völlig ohne Liebe aus, die erotische Anziehung genügt. Sichere Merkmale von Yang-Sex sind drängende Ungeduld und häufig wechselnde Partner. Mit viel Yang-Energie steht man auf pure Leistung: »War ich gut? Wie oft bist du gekommen?«
Dem Yin-Pol kann man alles zuordnen, was mit Geschehenlassen, Fühlen, einem Sich-Öffnen und Genießen zu tun hat: den
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