Sexualitaet mit Leib und Seele
ein Grund, Männern gegenüber ablehnend zu sein. Die wenigsten Frauen gehen unbelastet in sexuelle Begegnungen. Ihr Spagat besteht darin, den Mann in ihrer Vagina willkommen zu heißen und gleichzeitig ihre nur halb bewusste Wut und ihre alten Narben nicht zu fühlen. Vergleichbar ist das mit einer Einladung, bei der man den Gast im Hausflur stehen lassen und dort bewirten muss, weil die Zimmer verschlossen und voller Gerümpel sind. Frauen leben oft nur ihre halbe Weiblichkeit, können sich nicht wirklich hingeben, weil sie – häufig verständlich – den Männern nicht vertrauen.
Beide Geschlechter können so eine Yang-betonte Sexualität bevorzugen – weil das Yin zu gefährlich erscheint oder zu schmerzhaft ist. Man benützt die Genitalien dazu, angenehme Gefühle zu erzeugen. Aber es bleibt unbefriedigend, denn die Seele hat in einer solchen Sexualität wenig Raum. Und eine Seelenverbindung wünschen wir uns alle, selbst die härtesten Männer und auch die sehr verletzten Frauen.
Wenn man das Gleichgewicht wiederherstellt, den Yin-Pol stärkt, öffnet sich das Tor zu wirklicher Befriedigung und tiefer Verbundenheit. Eine derartige Sexualität macht uns menschlicher.
Die Sehnsucht danach treibt uns schon um, wenn auch unser modernes Leben mit der Hypothek der Vergangenheit es uns nicht einfach macht. Die meisten Männer wollen sowieso keine harten, eiskalten Typen mehr sein. Sie wollen modern und kooperativ sein, gute Beziehungen leben, sich um ihre Kinder kümmern. Sie wollen den Frauen entgegenkommen, distanzieren sich von ihrer triebhaften Natur, versuchen sich als geduldige Liebhaber zu beweisen. So strengen sie sich an, ihre männliche Energie zu zügeln, zu leugnen, zu verdrängen. Was vielfach nur bedingt funktioniert. Nicht wenige »Saubermänner« werden am Ende doch wieder bei zügellosen Sexspielen ertappt. Und wenn es tatsächlich gelingt, den wilden Mann dauerhaft in den Keller zu sperren, fehlt etwas im Sex, nämlich die kraftvolle männliche Energie.
Und die Frauen? Lange genug sind sie unterdrückt worden, jetzt nehmen sie die Gleichberechtigung ernst, drängen überall nach vorne, erstürmen die Domänen der Männer – und eignen sich all ihre schlechten Angewohnheiten an. Täten sie es nicht, wären sie die ersten Verlierer, die nicht die Methoden der Sieger kopieren. Und in der Liebe wollen sie auch keineswegs mehr nur die Beine breit machen. Viele Frauen plagen sich mit ambivalenten Emotionen: Sie fühlen sich stark und sexy, wenn sie aktiv im Bett sind, zugleich verspüren sie eine tiefe Sehnsucht danach, sich hinzugeben, was in gefährlicher Nähe dazu liegt, passiv zu sein oder sich zu unterwerfen.
Und so sind wir auf der Suche danach, was heutzutage weiblich und was männlich ist und wie wir es leben wollen.
Sexuelle Heilung
Ist das nicht eine inspirierende Vision: Frieden im Herzen und Ekstase im Bett? Damit sie wahr werden kann, gilt es als Erstes, Vertrauen zu lernen. Und es ist eine Yin-betonte Sexualität, die dies am ehesten ermöglicht. Wenn sich Männer (und Frauen) intensiver einlassen und Frauen (und Männer) ihre seelischen Schmerzen überwinden, versöhnen wir uns auf einer grundlegenden Ebene miteinander – und auf dieser dürfen Männer männlich sein und Frauen weiblich. Ein Mann, der mit seinen Gefühlen in Verbindung ist, kann sogar dominant sein. Aber er wird seinen Penis nicht als Waffe einsetzen, um die Frau zu beherrschen, sondern als einen Zauberstab, der beide glücklich macht. Und wenn eine Frau sich geehrt und beschützt fühlt, kann sie sich völlig hingeben, ohne sich zu verlieren. Sie wird den Mann einladen, ihn in ihrer Vagina aufnehmen und willkommen heißen. Wenn eine Frau geliebt wird, lässt sie sich mit Vergnügen stürmisch überrollen. Wenn sie sich gemeint fühlt, ist auch seine ungezügelte Männlichkeit eine reine Wonne für sie.
Dann fließt nämlich Energie, und jetzt richtig.
Aber seien Sie vorbereitet: Wenn Sie aus dem Leistungssex aussteigen, fallen die Masken. Nähe schafft Ehrlichkeit, und möglicherweise tauchen alte Kränkungen auf. Häufig steckt die wunde Weiblichkeit dahinter, die noch viel Heilung braucht. Natürlich ist es nicht angenehm, wenn individuelle – und kollektive – Schmerzen an die Oberfläche gelangen. Aber sehen Sie es als Chance: Dadurch, dass wir uns dem Leid stellen, können wir es überwinden und zu unserem ekstatischen Potenzial im Hier und Jetzt finden.
Männer müssen die Verletzungen und die
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