Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
man heute in der westlichen Welt wohl nicht mehr häufig finden.
Vielleicht wartet Andy auf eindeutige Signale? Aber erstens bin ich zwanzig Jahre älter als Mrs. Robinson, und leider sind wir nicht in Los Angeles, wo man vielleicht bei Sonne, Palmen und Swimmingpools in rosa Villen sowieso auf andere Ideen kommt. Der Norden Deutschlands ist eher reserviert.
Außerdem hat der junge Mann den Energielevel einer Schnecke, und ich kann mir nicht vorstellen, dass ich irgendetwas von Sarahs Ratschlägen (oder Mrs. Robinsons Ideen) in die Tat umsetzen werde. Ich forsche in seinem Gesicht nach einem Glitzern in den Augen, einem auffordernden Lächeln, aber da ist nichts außer diesem wartenden Blick. Ich muss zugeben, dass ich auch nicht vor Interesse sprühe und merke, dass ich sehr viel ins Weite blicke.
Die Pizza ist fast aufgegessen und die Rettung des europäischen und amerikanischen Films auch so weit geklärt. (Einhellige Meinung: Til Schweiger wird den deutschen Film nicht retten, aber Johnny Depp den amerikanischen.) Eigentlich bleibt für mich nur diese eine Frage übrig, die ich gern beantwortet haben möchte: Was ist seiner Meinung nach die Faszination, die ältere Frauen für junge Männer haben?
Also frage ich ihn endlich.
»Ich glaube, es ist ziemlich normal, dass sich junge Männer für ältere Frauen interessieren, das gab es doch schon immer. Junge Männer spüren, dass man viel von ihnen lernen könnte, auch fürs spätere Leben und für andere Frauen. Natürlich auch sexuell«, erklärt er und guckt mich erwartungsvoll an.
Was erwartet er nun? Dass ich sage: »Baby, lass uns gleich mit dem Unterricht anfangen?«
Dann gesteht er, dass er eine frustrierende eineinhalb Jahre währende Beziehung mit einer dreißigjährigen Frau hatte, die er auch übers Internet kennengelernt hat.
»Ich finde die meisten jungen Frauen ziemlich langweilig«, sagt er düster.
Kein Wunder. Ein Blick auf viele Frauen in den Dreißigern zeigt jedenfalls mir, dass sie besonders angepasst, farbund
orientierungslos sind und unsicher zwischen Beruf und Privatleben umherschwirren und nirgendwo anzukommen scheinen. Gleichzeitig präsentieren sie sich als super-selbstbewusste Barrierebrecherinnen (siehe Charlotte Roche), die wissen, wo’s langgeht, während sie nach einem passenden Mann Ausschau halten. Aber der ist nur verschreckt.
Ich kann sehr gut verstehen, dass die jüngeren Männer, die sich dauernd von jungen bindungsbegeisterten Frauen mit laut tickenden biologischen Uhren umzingelt sehen, von uns mehr in sich selbst ruhenden älteren Frauen begeistert sind.
»Und im Internet können junge Männer damit offener umgehen und etwas herumexperimentieren. Man kann ja jede anmailen, und dann klärt es sich, ob Interesse da ist«, fügt er hinzu. Jetzt hat er ein kleines Lächeln auf seinen vollen Lippen.
Ein cleverer Schachzug, denke ich, gleich fragt er, was mein Motiv ist und warum ich mich mit jungen Männern treffe.
Doch dazu ist er zu gehemmt, und mir reichen die Informationen. Also, er ist es wirklich nicht, da gibt es aufregendere junge Dachse. Zeit für den Abschied. Ich glaube, er ist enttäuscht. Aber es gibt ja Tausende von willigen älteren Frauen, die ihn sich gern im wahrsten Sinne des Wortes zur Brust nehmen würden. Sechsundsiebzig Prozent aller deutschen Frauen würden einen jüngeren Mann heiraten - der Prozentsatz derjenigen sexy Ladys, die lediglich gern Sex mit ihnen hätten, dürfte noch höher sein!
»Na, wie war’s?«, fragen alle drei Freundinnen gespannt.
»Absolut langweilig«, knurre ich.
»Nur keine Panik. Gibt ja noch mehr«, beruhigt mich Karen.
Knickrig und knackig
Es ist meine eigene Schuld . Warum übergehe ich die Beschreibung eines einundsechzigjährigen Mannes nicht, der seine Figur als »knackig« anpreist? Vielleicht war es mein Versuch gewesen, wieder etwas Vernunft in mein Auswahlprinzip zu kriegen. Und zwar dadurch, mich meiner eigenen Generation zuzuwenden, die mir vertraut sein dürfte, obwohl mir Jürgen und Dirk eigentlich gereicht hatten.
Und da wenig Bewunderung für schluffige Althippies, Ökofreaks und Alternativlinge geblieben ist, die Bäume umarmen, Häuser besetzen, Joghurtbecher für den Trennmüll auswaschen, Birkenstock tragen und Santana hören, denke ich wohl, dass Heino eine andere Variante ist.
Das ist er auch, und zwar ganz eindeutig die modische Sorte Fitnessfreak. Was auch nur ein Bemühen ist, das schlappe Fleisch und die morscher werdenden
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