Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -

Titel: Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Bernstein
Vom Netzwerk:
Knochen auszutricksen.
    Er kommt auf dem Rad und trägt einen dreifarbigen Designerhelm und enge schwarze Fahrradhosen, die muskulöse Schenkel umspannen wie eine Wurstpelle. Also, er hat eine sehr gute Figur, da gibt es gar nichts, sehnig, schlank, braun gebrannt.
    Ich beobachte durch die Scheibe des Cafés, wie er sein Rad sorgfältig und liebevoll anschließt. Er hat keine Eile, obwohl er bereits zehn Minuten zu spät ist. Dann stolziert
er herein, sieht mich, nickt mit dem Kopf und guckt sich missbilligend um.
    »Können wir draußen sitzen? Hier ist es zu muffig!«
    Ah, ein Charmebolzen ohne einen Anflug von Ego, wie angenehm. Es sind zwölf Grad draußen - keine Sonne. Ich will drinnen bleiben, er macht ein unwilliges Gesicht, setzt sich aber gnädig hin.
    Er erzählt sofort vom Marathon, den er bald laufen wird, und dass ich froh sein kann, dass er in meine Gegend gekommen ist, da er ganz woanders wohne. Dabei kaut er Kaugummi.
     
    Was genau ist der tiefere Sinn von Kaugummikauen, außer den Betrachter zu nerven? Langweilen sich der Kiefer und die Backenzähne und müssen beschäftigt werden? In mir steigen leichte Aggressionen hoch, wie immer bei Kaugummikauern, die weltweit den dümmsten Gesichtsausdruck haben.
    Ich habe mal einer jungen Dauerkauerin in der U-Bahn, die alle paar Sekunden laut Blasen von den Lippen abknallen ließ, leicht eine draufgehauen. Es hat Spaß gemacht - und sie war verblüfft gewesen.
     
    Heino guckt mich arrogant an. Ich gefalle ihm nicht, obwohl er mir online Komplimente gemacht hat. Er hat ein schmales Gesicht mit scharfen Mundfalten und recht hübsche grüne Augen. Sein Ziegenbärtchen, der sehr populäre Verzweiflungsakt älterer Herren, mit den jungen Kreativen auf Augenhöhe zu sein, ist dürftig und sieht lächerlich aus, sein Haupthaar grau meliert und teenie-kurz. Er findet sich supercool, das rieche ich.
    Noch hat er seine Fahrradhandschuhe an, und ich bin gespannt, wann er sie auszieht. Vielleicht hat er Handverletzungen
oder noch mehr Altersflecken als ich? Vielleicht zieht er sie erst im letzten Augenblick im Bett - nicht in meinem, Gott bewahre! - aus, als Äquivalent zu den weißen Socken, die manche Männer mal als verwegen erotisch empfanden und die ihren festen Platz in Oswald Kolles Welt des befreiten (und unfreiwillig komischen) Sex hatten?
    Nach einem unzufriedenen Blick auf die Karte bestellt er eine Tasse Kaffee. Dann greift er beherzt zum Handy und macht einen Anruf bei einem Freund.
    Ich ziehe die Augenbrauen hoch und murmele: »Wie bitte?«
    Er dreht mir den Rücken zu, lacht locker, fragt, ob die Tapeten gehalten haben, bei denen er gestern geholfen hat, und erkundigt sich nach den Sportergebnissen. Wie wichtig kann das sein? Es ist wie zu Hause, als mein Vater am Wochenende beim Abendbrot Fußballergebnisse hören musste , während ich nach Chris Howlands englischer Hitparade dürstete, die zur gleichen Zeit lief. Pech nur, dass in einem klassischen Haushalt mit nur einem Radio der Papi mehr zu sagen hatte als die Tochter, als Elvis, Paul Anka und Ricky Nelson.
    Ich greife zur Zeitung und lese, er beendet sein Gespräch und fragt pikiert: »Willst du lesen oder wie?«
    Eigentlich schon, denn das ist besser, als Heinos Gequatsche zuzuhören und seinem Gekaue zuzugucken.
    Ich wusste doch, dass man keinen Mann mögen kann, der einen Pulli mit V-Ausschnitt und nichts darunter trägt (wie er auf seinem Foto) und mich in der zweiten Mail fragt, ob ich ihn vielleicht vom Flughafen abholen könnte - er käme aus Griechenland, wo er als ehemaliger Bauunternehmer ausgeholfen hat.
    Meine bereits sehr reduzierte Höflichkeit schwindet weiter. Am liebsten würde ich ihm die Nase in den heißen Kaffee
tunken oder gegen das Schienbein treten - nur so. Vielleicht kennt jede Frau diese Stimmung, in der einem alles egal ist: Wie man wirkt, wie man aussieht, ob einer einen mag oder absolut fürchterlich findet. Und irgendwie ist es befriedigend, anerzogene Höflichkeitsgebote einfach genüsslich in den Wind zu schießen. Was dabei rauskommt, ist oft nicht so sehr die Begegnung mit dem Gegenüber, sondern die Begegnung mit dem Selbst - und zwar dem Teil mit den am allerwenigsten netten Seiten, die sonst übertüncht oder unterdrückt werden. Tut mir leid, aber ich finde das manchmal gut.
    Aber dann passiert etwas Interessantes. Ich sage zu ihm einen Satz, der zwar stimmt, aber einen gewissen Bumerangmechanismus eingebaut hat.
    »Das hat schon seinen Sinn, dass du online

Weitere Kostenlose Bücher