Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
mit ihren Anfeuerungen, und manchmal denke ich, dass sie mich all die Sachen machen lassen möchte, die sie selber nicht wagt, aber gern täte. Sie ist nämlich seit zwanzig Jahren verheiratet!
Auch Karen, die sonst eher knapp und kühl ist, fühlt sich beflügelt, mir etwas mit auf den Weg zu geben: »Sag mal, bei dir ist ja was los. Jetzt beschäftigst du dich sicherlich mit der brennenden Frage: Wie bereite ich mich auf ein Date mit einem Jüngeren vor - totales waxing ? Darf man einem jungen Mann sein ganzes Schamhaar eigentlich zumuten? Kleiner Scherz, aber da sch(n)eiden sich tatsächlich die Geister.«
Aber da will ich jetzt nicht hin, auf diesen Gedankenpfad.
Kümmert euch um euer eigenes Schamhaar!
Er sitzt schon da und hat, vielleicht damit ich ihn nicht übersehe, den unseligen Pulli an. Er steht höflich zur Begrüßung auf, aber an ihm ist etwas schrecklich Unaufregendes. Er guckt mich prüfend an, und ich kann nicht sagen, ob er mich mag.
Der Kellner, ein etwas gebeutelt aussehender Enddreißiger, guckt auch sehr neugierig, warum weiß ich nicht. Sieht man uns an, dass wir Online-Dater sind, oder freut er sich, dass eine Mutter ihren Sohn ausführt? Vielleicht ist die unterschwellige Frage aber auch nur: »Wie hat die den denn aufgegabelt?«
Einfach beantwortet. Ältere Frauen sind seltener als man denkt liebeshungrige Jägerinnen. Es sind oft die jungen Männer, die sich verliebt und fasziniert an die Fersen der Frauen heften, die Lebenserfahrung und Erotik in sich vereinen
und sogar den Schuss Mütterlichkeit, den es ja auch dabei gibt, irgendwie sexy machen.
Natürlich gibt es auch den coolen jungen Heißsporn, der sich die erfolgreiche Gönnerin angeln will. Dazu eigne ich mich allerdings gar nicht.
Ich habe inzwischen gelernt, dass ich aufpassen muss, damit ich Männer nicht gleich total verschrecke - junge wie alte. Es ist sehr verführerisch, die souveräne Alleswisserin zu spielen, die ja die meisten Frauen über sechzig auch irgendwie sind.
Aber allzu viele Erfahrungen in fremden Ländern oder spezielle Wissensgebiete, die man vor sich herträgt wie eine extravagante Handtasche aus bunt gefärbtem Krokodilleder, verunsichern Männer sehr stark, da ihr natürliches Dominanzgebaren nicht richtig zum Zuge kommt.
Für den Anfang klappt am besten: neugierig sein, Fragen stellen, keine Geschichten erzählen. Und wenn Zweifel an der (eigenen) Attraktivität auftreten oder Falten im ungünstigen Licht eben auf ein »gewisses« Alter hinweisen, immer an Helen Mirren denken, die ihre souveräne Erotik so hinreißend vorlebt, dass sie auf uns alle ein wenig abfärbt.
Wir bestellen beide eine Pizza, und eine plätschernde Unterhaltung kommt in Gang. Wir reden zwar über das Wetter, aber ich glaube, dass wir uns beide überlegen, wie wir den wahren Grund unseres Treffens einkreisen, ohne das Gesicht zu verlieren. Theoretisch sollte das viel Spaß machen, es sollte knistern und funkeln - und das nennt man dann flirten.
Aber er hat etwas sehr Nüchternes an sich, und ich muss sagen, dass ich nicht so recht weiß, wo ich hingucken soll. Es ist keine Schüchternheit, ich mag nur nicht wirklich prüfend angeguckt werden. Von niemandem.
Ich überlege, was denn genau in dem Kopf eines jungen Mannes vorgeht, der eine zweiundsechzigjährige Frau treffen will. Wonach beurteilt er, was sie attraktiv macht? Aussehen? Kleidung? Sexuelle Erfahrung vielleicht?
Vielleicht haben all die jungen Herren den Film Der Vorleser gesehen, wo ein immerhin erst Sechzehnjähriger eine Affäre mit einer zwanzig Jahre älteren Frau hat (eine ehemalige KZ-Wärterin, das wünscht man nun keinem!), die im Film von der schönen, sinnlichen Kate Winslet gespielt wird. So was setzt ja Hoffnungen frei.
Noch besser ist der Film Die Reifeprüfung , in dem ein junger, kleiner, großnasiger Dustin Hoffman in die Fänge der älteren verheirateten Nachbarin Mrs. Robinson gerät. Die außer einem mokanten Lächeln schwarze Strümpfe, Strapse und einen echten (das durfte man noch 1968) Leopardenmantel mit passendem Hut trägt.
Sie schafft es, den willigen Welpen mit laszivem Getue und einem gewissen Befehlston zu verführen, aber es bleibt ein bitterer Nachgeschmack bei ihm. Er wendet sich der bildschönen neunzehnjährigen Tochter, die noch Jungfrau ist, zu, die er dann auch ganz schnell heiratet. Vielleicht auch, um sein verbotenes und schmuddeliges Sexleben vom Makel der Wollust reinzuwaschen. Dieses altbackene Szenario wird
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