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Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -

Titel: Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Bernstein
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abrupt und stakst auf seinen dünnen Beinen von dannen.
    Wie zielgerichtet und rationell Männer ihr Beuteschema anwenden. Ich kann so was leider nicht.

    Anja ist völlig überrascht von der Geschichte und sehr amüsiert. Sie erklärt mir aber auch seine Aufforderung zum Küssen.
    »Das macht hier keine, einen fremden Mann zum Cappuccino einzuladen. Das hat er als Zeichen gesehen, dass er bei dir landen kann.«
    Wieder eine Lektion über internationale Flirtgewohnheiten dazugelernt.
     
    Zu jeder Zeit und in fast jedem Alter ist man natürlich potenzielles Opfer professioneller Anmacher, das heißt von Männern, die eine große Aufwertung und Befriedigung daraus ziehen, dass sie einer Frau erfolgreich den Hof machen und verführen könnten. Für sie sind alle Frauen verführbar. Ganz besonders, da sicherlich einige dieser Männer dem alten Frauenbild der bedürftigen alten Jungfer im sexuellen Notstand nachhängen. Dem sie gern abhelfen könnten und möchten. Gegen ein paar kleine Geschenke vielleicht?
    Gibt es überhaupt noch Gigolos? Auch hier die feine Abstufung zwischen den Geschlechtern.
    Die käufliche Frau ist eher billige Nutte vom Bahnhofstrich als kultivierte Kurtisane. Der Mann »für gewisse Stunden« - zugegeben, es gibt ihn weniger häufig als weibliche Prostituierte - ist dagegen ein toller kosmopolitischer Hecht, so distinguiert wie ein feiner Pinkel oder so brütend sexy wie Richard Gere in dem gleichnamigen Erfolgshit.
    Egal, wie alt man als Frau ist, man stolpert eigentlich täglich über irgendein sexuelles Klischee, eine Lüge, eine Mutmaßung, eine Frechheit, die offenbar unbedingt am Leben erhalten werden sollen.
    Hier in Venedig gibt es natürlich auch viele Männer meiner Generation, die mit mir alt geworden sind, wenn man so will. Männer mit grauschwarzen Haaren, Männer, die Erfahrung
auf jeder Ebene signalisieren, was sich in wissenden, leicht verlebten Zügen äußert, besonders um die Augen herum. Ich mag das sehr.
     
    Nach drei Tagen Venedig zieht ein Hauch Wehmut über mich. Dieses wasserumspülte Wunder ist ein so herzzerreißend romantischer Ort, dass ein Stadium des Nichtverliebtseins wenn schon kein krimineller Akt, so doch ein großer Verlust zu sein scheint.
    Jede Form von Verlust und Sehnsucht produziert Melancholie, und in Venedig schwappen diese Gefühle wie sanfte Wellen am Lido über dich hinweg, sodass du deinen Tränen gleich mit dazu freien Lauf lassen möchtest.
    Ich sitze also am Lido, gleich beim berühmten Hotel Des Bains, in dem der Filmklassiker Tod in Venedig nach Thomas Mann gedreht wurde. Ich bin wie Aschenbach, der sentimentale alternde Held, der Abschied von Jugend, Vitalität und Chancen nahm und sich mit verzehrender, wenn auch stark unterdrückter Lust nach dem hübschen grazilen Jungen sehnte, den er unbekümmert herumschwirren sah.
    Ich sehe mich plötzlich an verschiedenen Stränden, an denen ich sehr, sehr glückliche Tage verlebt hatte, als ich zwischen zwanzig und fünfundvierzig war. Es ist so sexy, sich mit seinem Freund (oder Ehemann) im glühenden Sand zu wälzen, sich mit knirschenden Sandkörnchen auf salzigen Lippen und Zähnen zu küssen, ganz versteckt eine Hand in die Badehose gleiten zu lassen oder sich kichernd unterm Badetuch zu verstecken, aneinandergepresst, Haut an sonnenheißer Haut und mit dem unverwechselbaren Geruch von Wind, Strand und Sonnenmilch in der Nase.
    Und wie dann die Lust in der Hitze wuchs, während Drumherum die Kinder schrien und die Möwen, die Wellen
rauschten und das Blut pochte. Wir rannten schnell in das schattige Haus und glitten unter die kühlen Laken und hatten Sex, der sorglos und glücklich war und so perfekt wie ein Zitronensorbet.
    Und plötzlich führen mich die Erinnerungen zur nächsten, noch tiefer liegenden Schicht, in die Kindheit. Wahrscheinlich gibt es wenige Erwachsene, die ihre Kindheit nicht mit glücklichen Sommerferien, kleckerndem Eis und warmer Brause verbinden, mit Gummitieren, nassem Sand, Schaufel und Eimer, kaltem Popo und heißer Stirn und Mamis sorgsamem, aber sehr unwillkommenem Eincremen mit Sonnenmilch auf der trotzdem immer leicht verbrannten Haut.
    Vorbei.
    Ich sitze in einem sogenannten vorteilhaften Einteiler, ein buntes Tuch geschickt um die Hüften drapiert am Strand und gehöre zu den weiblichen Aschenbachs dieser Welt. Und niemand da, diesen ja auch traurigen Zustand mit mir zu teilen.
    Halt, da kommt jemand auf mich zu. Braun gebrannt, strammer Körper, dicker Bauch,

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