SGK224 - Das Gespensterhaus an der Themse
er in der Dunkelheit in unmittelbarer Nähe
des Hauses ein komisches Gefühl nicht loswurde. Es lag etwas in der Luft, dem
er keine Bezeichnung geben konnte. Irgendetwas Beklemmendes, Bedrohliches...
War jemand in der Nähe,
der ihn oder das Haus beobachtete?
Zuerst war es diese
Frage, die sich ihm aufdrängte.
Oliver Rescue entfernte
sich einige Schritte und stöberte hinter Büschen und Bäumen herum, um sich zu
vergewissern, ob da wirklich niemand hockte und auf ihn lauerte. Aber das war
Unsinn. Niemand konnte schließlich wissen, dass er den Auftrag hatte, hier nach
dem Rechten zu sehen.
Eine Viertelstunde später
war er wieder an der Haustür, und noch immer hielt sich niemand in dem beleuchteten
Wohnzimmer auf.
Alles war unverändert...
Er hatte sich eine
Geschichte zurechtgelegt, die er vorbringen wollte, um überhaupt um diese Zeit
ein Gespräch mit der neuen Hausbesitzerin führen zu können.
Er hatte mit Sicherheit
festgestellt, dass Dorothy Myler noch vor zehn Tagen im Londoner Westend im
Büro der Parapsychischen Forschungsgesellschaft vorgesprochen und Erkundigungen
über das angebliche Gespensterhaus an der Themse eingezogen hatte. Man hatte
ihre Bedenken zerstreuen können, und so war sie guter Dinge wieder gegangen.
Über einen Umweg hatte
Rescue telefonisch erfahren, dass keinerlei Beweise für einen echten Spuk in
ihrem Haus vorlagen und offensichtlich alles nur ein aufgebauschtes Gerede war,
um Conectree das Leben so schwer wie möglich zu machen.
Ein solches Gerücht -
gerade in dem gespensterfreudigen England - ließ sich schließlich nicht so
schnell aus der Welt schaffen.
Aber wenn die PSA sich
einschaltete, bedeutet dies, das doch mehr
dahintersteckte als ein Gerücht...
Oliver Rescue wollte
schon die Klingel betätigen, als er aus einem unerfindlichen Grund heraus
plötzlich auf die Idee kam, die Klinke der Haustür zu drücken.
Sein Atem stockte.
Die Tür ließ sich öffnen!
Aber das konnte doch
nicht möglich sein! Dieses einsam stehende Haus musste zumindest zu diesem
Zeitpunkt fest verschlossen sein...
Oliver Rescue gefiel das
Ganze nicht. »Hallo? Mrs. Myler...Sind Sie da? Können Sie mich hören ?« fragte er leise. In dem schummrigen Korridor rührte sich
nichts.
Der Nachrichtenagent
erhielt keine Antwort.
Rescue drückte die Tür
weiter nach innen und trat ein, drei Schritte in den Korridor.
Erneut rief er, aber im
Haus schien tatsächlich niemand zu sein.
Das Gesicht des
dunkelhaarigen Mannes mit der leicht gebräunten Haut wirkte um eine Nuance
härter.
Kam er zu spät? War schon
etwas in diesem Spukhaus passiert, was die Bewohner vertrieben hatte?
Es roch nach frischer
Farbe und Wachs.
Rescue ließ die Haustür
offen stehen und begab sich ins Wohnzimmer.
Er dachte daran, dass
Mrs. Myler möglicherweise auf einem Sessel oder auf der Couch vor Erschöpfung
eingeschlafen war. Vielleicht hatte sie deshalb vergessen, die Tür draußen
abzuschließen. So etwas konnte an solch einem Tag ohne weiteres passieren.
Damit versuchte er, der
zunehmenden Unruhe in sich zunächst Herr zu werden.
Doch das Wohnzimmer war
leer.
Rescue öffnete jede Tür
und warf einen Blick in die dahinterliegenden Räume.
Dorothy Myler hielt sich
weder in der Küche auf noch lag sie im Schlafzimmer.
Wie der Witwe vorhin, so
fiel auch ihm die verschmutzte, vergilbte Tapete auf, die von einem größeren
Gegenstand über viele Jahre hinweg abgedeckt gewesen war.
Die Abdrücke eines
massiven, schweren Mahagonischrankes im Dielenboden vor der Wand waren nicht zu
übersehen.
Und nicht zu übersehen
war auch der handbreite Spalt zwischen Wand und Tapetentür...
Oliver Rescue schaltete
sofort.
Er konnte sich schlecht
vorstellen, dass es vom Sitting-Room aus einen direkten Zugang zum Keller gab.
Das war mehr als ungewöhnlich.
Hatte Mrs. Myler beim
Säubern und Einrichten des Hauses eine Entdeckung gemacht, worüber sie zuvor
nicht aufgeklärt worden war?
Der zweiunddreißigjährige
Agent drückte die Tapetentür nach innen. Lautlos bewegte sie sich in den
Scharnieren.
»Mrs. Myler ?« rief er in die Dämmerung.
Sieben Stufen führten in
die Tiefe, dann kam ein Treppenabsatz, dann eine Wand, die soweit vorragte,
dass Rescue nicht überblicken konnte, was sich dahinter befand.
Auffallend war, dass die
Wände hier unten alle tapeziert waren.
Die etwas tiefer hegende
Halbetage war von außerhalb des Hauses überhaupt nicht zu erkennen.
Neugierig ging Oliver
Rescue nach unten.
Seine Sinne
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