SGK240 - Blut des toten Dämons
dass er geträumt hatte.
»Ein komischer Traum«, sagte er mit schwerer
Zunge, an Larry Brent vorbeistierend. »Ich bin über einen Friedhof gelaufen,
stellen Sie sich das vor! Und dann habe ich gemeint, dort sogar zwei Personen
zu sehen...«
Alles war sehr verwaschen, im Gegensatz zu dem
gespenstischen Erlebnis, das Larry Brent mit vollem Sinn und klarem Verstand
aufgenommen hatte. Also auch Rochard!
Demnach gab es wohl niemand im Hotel, der
nicht die gleichen gespenstischen und unheimlichen Eindrücke gehabt hatte, aber
nur der eine oder andere wollte oder konnte sich daran erinnern, der eine oder
andere hatte es geschafft, den Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit zu
erkennen.
Er musste unbedingt versuchen, mehr
herauszufinden über jenen rätselhaften Friedhof, der vor hundertdreißig oder
hundertfünfzig Jahren hier an dieser Stelle angelegt wurde und auf den sich die
Piraten zurückzogen, um zu sterben und um begraben zu werden. An der komischen,
verworrenen Geschichte die die alte Ashelma ihm erzählt hatte schien es mehr
als ein Körnchen Wahrheit zu geben.
Tanio, Ashelmas jüngster Sohn, tat
Dienst in der Open-Air-Bar.
Er trug rötlich eingefärbte Shorts und ein
hauchdünnes weißes Leinenhemd, das er über die Hose gezogen hatte.
Tanio bediente mit stiller Aufmerksamkeit und
war sofort wieder zur Stelle, sobald ein Glas leer war.
Rochard wischte sich mit dem Handrücken über
die schweißnasse Stirn. »Ich glaube, ich lege mich wieder aufs Ohr«, murmelte
er matt. »Die Hitze macht einen ganz schön fertig .« Mit diesen Worten erhob er sich. Er schwankte wie ein Schilfrohr im Wind und
verzog die Lippen zu einem Grinsen. »Und wenn Sie etwas von meiner Frau hören
sollten, Monsieur Brent, sagen Sie's mir. Ich bin gespannt wann sie zurückkommt.
Ich schlafe mich jetzt tüchtig aus, und heute Abend mache ich eine
Vergnügungsfahrt über die ganze Insel. Wenn die Straßen nicht allzu verstopft
sind, schaffe ich das bequem in einer Stunde. Toll, nicht wahr?« Er lachte wie
über einen besonders gelungenen Witz.
Sich am Tresen und den leeren Tischen haltend,
die unter dem Schilfdach standen, wankte er davon. Außer Pierre Rochard und
Larry Brent hielt sich niemand von Ashelmas Gästen im Haus auf. Die anderen
Hausgäste waren entweder zum Baden gegangen oder machten einen Spaziergang
durch die kaum von der Zivilisation berührte Natur.
Tatakoto lud zum Faulenzen ein, mehr konnte
man praktisch hier nicht - tun. Und deshalb kamen die Menschen hierher. »Darf
ich Ihnen behilflich sein, Monsieur ?« fragte Tanio,
als er sah wie schwer es Rochard fiel, aus eigener Kraft einige Schritte zu
tun.
»Es ist schon gut«, nickte X-RAY-3. »Ich
begleite Monsieur Rochard aufs Zimmer«
Der Raum war doppelt so groß wie der Brents
und viele Kleinigkeiten erinnerten daran, dass auch eine Frau ihn bewohnte.
Dieser Duft! Chantalle Rochards Parfüm lag in
der Luft, als wäre sie erst vor wenigen Augenblicken hier in diesem Raum
gewesen.
Rochard schlief fast auf der Stelle
ein.
Schnarchend lag er auf seinem flachen Bett und
bekam nicht mehr mit, wie Larry Brent das Zimmer verließ.
Kaum war der PSA-Agent draußen im Freien, da
meldete sich der Miniatursender in seinem Ring.
Er empfing ein Signal, das direkt von den
beiden Hauptcomputern ausgelöst wurde und das nur ihm in seiner Doppelfunktion
als X-RAY-1 und X-RAY-3 zugängig war.
Er war nicht nur einer der erfolgreichsten
Mitarbeiter der PSA, sondern auch gleichzeitig ihr geheimnisvoller Leiter, der
die Einsätze koordinierte, der ständig - gleich an welchem Punkt der Welt er
sich auch immer aufhielt - über alle Vorgänge und Veränderungen informiert sein
musste. Auch im Urlaub, den es im eigentlichen Sinn nicht für ihn gab, war es unerlässlich,
dass dieser Mann Entscheidungen traf und jederzeit wusste, was an Merkwürdigem
und Außergewöhnlichem in der Welt passierte.
Diese Tage hatte er sich auserkoren, um voll
zu entspannen und auf der faulen Haut zu liegen, zu baden, zu angeln und zu
flirten und sich dann am vorletzten und letzten Tag seines Aufenthaltes auf
Tatakoto mit Morna Ulbrandson zu treffen, die ebenfalls eine Art
halboffiziellen Urlaub genoss.
Die Hinweise, die es vom angeblichen Sichten
eines Gespensterschiffes von der „Yanelle" aus gab und ausschließlich auf
einer bestimmten Route geschah, sollten überprüft werden, während sie jedoch
noch nicht so akut waren, dass sie in einer bestimmten Stellung in den
Einsatzplänen der PSA
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